Deutsche Jazzunion, Deutscher Musikrat u.a. fordern höhere Kulturetats
In einer gemeinsamen Pressemitteilung fordern die Deutsche Jazzunion, der Deutsche Musikrat, FREO und unisono die neue Bundesregierung sowie die zuständigen Politiker*innen auf Landes- und Kommunalebene auf, sich bundesweit für eine Aufstockung der Kulturhaushalte und Förderprogramme einzusetzen. Ziel müsse es sein, in öffentlich geförderten Projekten und Institutionen faire Honorare und nicht nur Mindesthonorare für selbstständige künstlerische Leistungen zu bezahlen. Bereits mit den aktuellen Förderbudgets sei die kürzlich durch den Deutschen Musikrat veröffentlichte „Empfehlung für Honoraruntergrenzen in durch BKM geförderten Projekten und Einrichtungen 2025/26“ mit einem Tagessatz von 300 Euro nur schwer zu realisieren. Würden die Kulturhaushalte in Bund, Ländern und Kommunen und damit auch die Fördertöpfe für das Musikleben nicht entsprechend erhöht, seien angemessene Honorare im Kreativbereich auch künftig mehr Wunsch als Wirklichkeit, schreiben sie in ihrer Pressemitteilung. Die FREO-Geschäftsführerin Lena Krause warnt, dass die niedrigen Honorarstandards auf lange Sicht hohe gesamtgesellschaftliche Folgekosten mit sich bringen würden. Robin von Olshausen, Mitglied der Geschäftsführung von unisono ergänzt: „Die hohe künstlerische Qualität und das gesellschaftliche Engagement professioneller Musiker*innen stehen in eklatantem Widerspruch zu ihrem oft prekären Einkommen. Wer jahrelang auf höchstem Niveau arbeitet, darf im Alter nicht in Armut leben müssen.“ Und Camille Buscot, die Geschäftsführerin der Deutschen Jazzunion e.V. hebt hervor, dass die Konzepte, Ideen und Inspiration der Musiklandschaft dringend gebraucht würden „in diesen herausfordernden Zeiten für unsere Gesellschaft und Demokratie. Dafür braucht es eine starke Förderlandschaft, die auch abseits von Wirtschaftslogiken für die Kunst genau diese Räume des Neuen und Experimentellen ermöglicht, wie Jazz und Improvisierte Musik es tun.
Deutsche Jazzunion schließt sich Honoraruntergrenzenempfehlung des Deutschen Musikrats an
Als einer der ersten Verbände hat die Deutschen Jazzunion bereits 2014 eine Mindestgagenempfehlung herausgegeben, die sich bisher an den durchschnittlich gezahlten Gagen orientiert hat. Nun geht die Interessenvertretung der Jazzmusiker*innen in Deutschland einen wichtigen Schritt und schließt sich in einer Pressemitteilung der gemeinsamen Honoraruntergrenzenempfehlung des Deutschen Musikrats an. Für selbstständige Musiker*innen soll für die Jahre 2025/2026 bei zu mind. 50 Prozent durch den Bund geförderten Projekten ein Tagessatz von mind. 300 Euro (sowohl für Proben- als auch Konzerttage) gezahlt werden. Dabei handelt es sich um eine politische Kompromissgröße, die gleichzeitig ein wichtiges Signal im Prozess der Etablierung fairer Honorare sendet, sich aber an der politischen und wirtschaftlichen Realität orientiert, wie die beteiligten Verbände klar herausstellen. Unter Mitwirkung vieler Verbände, die sich unter dem Dach des Deutschen Musikrats in der AG Faire Vergütung mit diesem Thema auseinandergesetzt haben, wurde unter Einbezug rechnerischer Größen wie unsichtbarer Arbeit, Betriebskosten und durchschnittlicher Anzahl der Arbeitstage eigentlich ein Tagessatz einer auskömmlichen Untergrenze von 622 Euro errechnet. Wie Antje Valentin, Generalsekretärin des Deutschen Musikrats, in der Pressemitteilung dazu betont, muss es weiterhin eine Forderung an die Politik sein, die Fördertöpfe für Musik zu erhöhen, damit ein Wegbrechen wichtiger Strukturen verhindert wird.
Wahlprogramme: Musikverbände fordern größeren Fokus auf freie Musikszene
Nach der Veröffentlichung ihrer fünf Kernforderungen im November 2024 haben sich die Musikverbände Deutsche Jazzunion, FREO, PRO MUSIK und unisono intensiv mit den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl auseinandergesetzt und die geplanten Maßnahmen für die professionelle Musikszene in Deutschland analysiert. Dabei zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen den Parteien hinsichtlich der Förderung und Unterstützung der freien Musikszene, wie sie in einer Pressemitteilung schreiben. Während SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE eine deutliche Stärkung und Ausweitung der bisherigen Bundeskulturförderung anstrebten, verträten FDP und AfD die Ansicht, dass die Verantwortung für kulturelle Förderung primär bei den Ländern liege. Diese Haltung könne insbesondere für die freie Musikszene Herausforderungen mit sich bringen, da sie auf eine stabile und verlässliche Bundesförderung angewiesen sei, wie sie z.B. der Musikfonds bereitstelle. SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE sprächen sich für mehr soziale Absicherung und faire Vergütung von Musikschaffenden aus. Demgegenüber äußerten sich CDU, FDP, BSW sowie AfD entweder nicht oder lehnten entsprechende Maßnahmen ab. Zur Vereinfachung des Zuwendungsrechts fänden sich keine konkreten Vorschläge, zur Doppelbesteuerung bei internationalen Auftritten hätten lediglich FDP und DIE LINKE eine klare Position formuliert. Die Musikverbände appellieren an die zukünftige Bundesregierung, die Anliegen der freien Musikszene stärker im Fokus zu haben, entsprechend ihrer kulturpolitischen Bedeutung zu fördern und die passenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Eine verantwortungsvolle Kulturpolitik müsse die gesellschaftliche Relevanz und das kreative Potenzial der freien Musikszene im Blick haben und ihre spezifischen Bedarfe angemessen berücksichtigen.
DJU startet Kampagne „Jazz ist Vielfalt. Investiert in Kultur!“
Die Deutsche Jazzunion hat gemeinsam mit allen Jazz-Interessenvertretungen der Bundesländer einen Appell verfasst, in welchem sie sich gegen die geplanten Kürzungen im Bund und zahlreichen Bundesländern und Städten stark machen, die auch massiv die freie Szenen betreffen werden. „Es drohen auf allen Ebenen massive Kürzungen und damit der Wegfall wichtiger Förderungen für unsere Szene. Und das wird auch diejenigen von euch betreffen, die aktuell keine direkte Förderung bekommen, denn in dem Ökosystem Jazz- und Improvisationsszene droht der Wegfall von Spielstätten, von Proberäumen und anderen Strukturen“, schreiben die Initiator*innen in ihrem Text. Deshalb rufen sie Jazzmusiker*innen, Lehrende, Veranstaltende und weitere Akteur*innen zum Protest auf. Auf der neuen Website „Jazz ist Vielfalt“ erfahrt ihr, wie ihr die Kampagne unterstützen und verbreiten könnt. Share Pics stehen zum Download bereit, außerdem könnt ihr Plakate und Postkarten kostenlos bestellen.
Mitarbeiter*in Kommunikation & Öffentlichkeitsarbeit (m/w/d) in Berlin gesucht
Die Deutsche Jazzunion sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine*n Mitarbeiter*in Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit (w/m/d) für klassische Pressearbeit (Pressemitteilungen, Pressekonferenzen, Newsletter); Social Media-Arbeit (Content-Erstellung, Strategie/Konzeption von Kampagnen, Umsetzung); Betreuung der Website; Betreuung von visuellen und audiovisuellen Medien (Druckprodukte, Präsentationen, Foto-, Audio- und Videoproduktionen) und Unterstützung in der politischen Kommunikation. Als Mitarbeiter*in Kommunikation und Öffentlichkeit bist du Teil eines jungen Teams und arbeitest eng mit der Geschäftsführerin und den Kolleg*innen aus den anderen Bereichen zusammen. Der Stellenumfang beträgt 60% (24 Arbeitsstunden / Woche) und ist zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu besetzen. Arbeitsort ist Berlin, Homeoffice ist nach Absprache möglich, es werden mindestens 2-3 Tage in Büropräsenz erwartet. Die Vergütung erfolgt je nach Qualifikation in Anlehnung an TVöD E9a/E9b. Die Stelle ist vorerst bis zum 31. Dezember 2025 befristet, eine Verlängerung bzw. Entfristung wird angestrebt. Bewerbungsfrist: 31. Dezember 2024
Gemeinsamer Aufruf der Musikverbände an die Parteien zur vorgezogenen Bundestagswahl
In einer Zeit der multiplen Krisen und dem Erstarken antidemokratischer Kräfte braucht die freie Musikszene eine verantwortungsvolle Bundeskulturpolitik, die ihre gesellschaftliche Relevanz und ihr Potenzial im Blick hat und ihre Bedarfe erkennt. Damit sich die Interessen selbständiger Musiker*innen und freier Ensembles und Orchester in den Wahlprogrammen widerspiegeln, haben die Musikverbände Deutsche Jazzunion, FREO e.V., Pro Musik und unisono einen gemeinsamen Aufruf an die Parteien gerichtet. Die Parteispitzen werden darin aufgefordert, die Interessen der freien Musikszene in die Wahlprogramme aufzunehmen und bei den Koalitionsverhandlungen engagiert zu vertreten. Mit fünf Forderungen geben die Verbände konkrete Handlungsempfehlungen zur Stärkung der Resilienz der freien Musikszene:
- Sicherung der Bundeskulturfonds und Entwicklung neuer Fördermodelle
- Verbesserung der sozialen Lage von (solo)selbstständigen Musiker*innen
- Verbesserung der Einkommenssituation von selbstständigen Musiker*innen
- Entbürokratisierung und Weiterentwicklung von Regelungen im Zuwendungsrecht
- Reform der Doppelbesteuerungsabkommen
Für diesen Appell haben sich erstmals in dieser Form die Verbände zusammengetan, die die freischaffenden Musiker*innen in Deutschland vertreten. Gemeinsam zeigen sie auf, welche Prozesse angestoßen werden müssen, um unabhängig von Genres Grundlagen für eine stabile und resilient aufgestellte freie Szene zu schaffen und die Politik an ihre Verantwortung zu erinnern.
Den ganzen Aufruf findet Ihr hier.
„Bericht zur Lage des Jazz in Deutschland 2024“ veröffentlicht
Auf dem 28. Jazzforum der Deutschen Jazzunion Jazz Now! wurde kürzlich der „Bericht zur Lage des Jazz in Deutschland 2024“ vorgestellt, der von der Deutschen Jazzunion gemeinsam mit der Bundeskonferenz Jazz herausgegeben wird. In diesem Bericht wird genauer analysiert und dargestellt, wie sich die Jazzlandschaft in Deutschland in den letzten Jahren entwickelt hat. Dabei werden sowohl die Stärken und Potenziale aufgezeigt als auch Schwachstellen deutlich benannt. Die Autor*innen werfen einen Blick auf die aktuellen Bedingungen für Spielstätten und Festivals, die Veränderungen im Rundfunk und der Medienlandschaft, untersuchen die Wirksamkeit von Förderprogrammen und analysieren die soziale Situation der Jazzmusiker*innen. Denn trotz der Resilienz und Innovationskraft der Jazz- und Improvisationsszene in Deutschland sind die aktuellen Krisen und drohenden finanziellen Kürzungen alarmierend. Deshalb ist der Bericht auch ein Appell, die Bedeutung des Jazz und der Improvisierten Musik als lebendige und verbindende Kunstform noch mehr anzuerkennen und durch konkrete Maßnahmen zu stärken. Zu jedem Thema formulieren die Autor*innen Handlungsempfehlungen; beim Thema Diversität & Teilhabe sind das:
– Mehr Aufklärungsangebote zu struktureller Diskriminierung und Diversitätsentwicklung
– Schulungen und verpflichtende Weiterbildungen für Lehrpersonal an Musikhochschulen
– Einrichtung einer Beschwerdestelle bei Machtmissbrauch, Diskriminierung und sexueller Belästigung
– Förderprogramme für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene aus Arbeiterfamilien
– Forschung zu Zugangsschwierigkeiten und Ausschlüssen bestimmter marginalisierter Personengruppen
– Einbeziehung von Diversitätsfaktoren bei der Besetzung von Professuren
– Förderung und Unterstützungsangebote für Eltern im Jazz (z.B. Residenzen mit Kindern, zusätzliche Fördertöpfe)
– Flexibilität für andere Lebensläufe, etwa bei den Altersgrenzen von Preisen und Förderprogrammen
In Kürze werden die Panels des Jazzforums als Stream sowie eine Fotogalerie auf www.jazznow.de verfügbar sein.
Stellungnahmen zum geplanten Reformstaatsvertrag
Am 26. September 2024 wurde der Staatsvertragsentwurf zur Reform des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) zur öffentlichen Anhörung freigegeben, bis 11. Oktober 2024 konnten Verbände und Expert*innen Anregungen und Anmerkungen einreichen. Die Deutsche Jazzunion hat ihr Feedback in einer ausführlichen Stellungnahme abgegeben. Grundsätzlich begrüßt sie die Ausrichtung, die Programmgestaltung näher an den gesellschaftlichen Bedarfen auszurichten und niedrigschwelligere Zugänge zu schaffen. Das dürfe aber nicht zu Lasten einer fundierten journalistischen Expertise fallen, beispielsweise in Form von Abbau jazzspezifischer Redaktionen, oder indem weniger gefällige Inhalte reduziert oder gar ausgeschlossen würden. Der Abbildung von Vielfalt und pluralistischen Zugängen zu Kunstformen wie Jazz und Improvisierter Musik käme in Zeiten massiven Rechtsrucks in Deutschland ein nicht zu unterschätzender Wert zu. Insbesondere die geplante Zusammenlegung der bestehenden Angebote von 3sat und arte sieht der Verband äußerst kritisch, da dies zu Einschränkungen in der Diversität der produzierten und gezeigten Inhalte führen würde.
Auch der Deutsche Musikrat hatte Ende September eine Stellungnahme eingereicht und sich u.a. dafür ausgesprochen, dass der ÖRR weiterhin seinem Kernauftrag nachkommen müsse, sog. meritorischen Gütern eine Plattform und Aufmerksamkeit zu geben, also solchen, die der Markt nicht aus sich selbst heraus erzeugen kann, die aber dem Gemeinwohl dienen. Der geplante Vertrag könne zu einer drastischen Verarmung von Bildungs- und Kulturangeboten und zu einem Rückgang von Diskussions- und
Diskursräumen führen.
Der Reformstaatsvertrag sieht massive Kürzungen im Radio & TV vor: in allen neun Rundfunkanstalten zusammen sollen mindestens 16 Programme gestrichen werden, Spartenkanäle wie 3sat, Arte, Phoenix, ARD-alpha, Tagesschau24 oder ZDFinfo sollen neu organisiert und teilweise zusammengelegt werden. Außerdem sieht der Vertrag vor, dass Texte künftig erst online publiziert werden dürfen, wenn ihr Inhalt zuvor in einer Radio- oder Fernsehsendung gelaufen ist, erklärt die Tagesschau. Dies schwäche die Demokratie, wenn z.B. Hintergrundinfos nicht mehr veröffentlicht werden könnten, auch würde die Erreichbarkeit der jungen Zielgruppe deutlich erschwert, sagen Programmverantwortliche von ARD und hr.
Eine Petition spricht sich dagegen aus, den Sender 3sat einzustellen bzw. die Inhalte in den Sender arte zu überführen.
Deutsche Jazzunion lädt zum Jazzforum „Jazz Now!“ 31.10.-01.11.24 in Stuttgart ein
Die Deutsche Jazzunion lädt am Donnerstag, den 31. Oktober und Freitag, den 1. November 2024 zum 28. Jazzforum, der Jazz Now! 2024 ins Theaterhaus Stuttgart ein. Diesjähriger Kooperationspartner der biennalen Jazzkonferenz ist die IG Jazz Stuttgart. Das Jazzforum findet alle zwei Jahre in einem anderen Bundesland statt und richtet sich an Jazzprofis, Jazzstudierende, Jazzamateur*innen und Jazzliebhaber*innen. Die Jazz Now! hat sich als eine wegweisende Plattform etabliert, mit der Raum für Austausch zu aktuellen berufspolitischen Themen geschaffen und neue Impulse gesetzt werden sollen. Bei den Panels stehen in diesem Jahr die Themen Künstliche Intelligenz, Digitalisierung, Streaming und Urheberrechte sowie Exportförderung im Fokus. Das Forum beginnt mit einem Panel zur Veränderung der Kulturförderung, bei dem Politiker*innen aus Land und Kommune sowie Vertreter*innen der Szene darüber diskutieren, wie die soziale Absicherung von freischaffenden Jazzmusiker*innen gestärkt werden kann. Ein besonderes Highlight ist die Präsentation des Jazzberichts 2024, der von der Bundeskonferenz Jazz erarbeitete Bericht über die Lage des Jazz in Deutschland. Erstmals wird ein Kinderworkshop der Jazzpilot*innen angeboten und es findet die zweite Mitgliederversammlung des Jahres der Deutschen Jazzunion statt. Nach den tagsüber stattfindenden Formaten, die auch Workshops beinhalten, lädt die IG Jazz Stuttgart am Abend zu den Konzerten der 45. Stuttgarter IG JAZZTage ein, die ebenfalls im Theaterhaus stattfinden.
Die Teilnahme an der Jazz Now! 2024 steht allen Interessierten offen und ist kostenlos. Um Anmeldung zu den Workshops wird gebeten. Das Programm findet ihr online.
Ergebnisse der Umfrage zur Gendergerechtigkeit in der deutschen Jazzszene veröffentlicht
Lange Zeit wurde die Jazzszene in Deutschland und weltweit von Männern dominiert. Mit Zahlen belegt und damit Aufmerksamkeit für diese Situation geschaffen haben vor allem die Jazzstudie 2016 und die Nachauswertung „Gender.Macht.Musik.“ der Deutschen Jazzunion. Zwar spielen inzwischen viel mehr Frauen auf Festivals und in Jazzclubs als noch vor zehn Jahren – auch an Saxophon oder Trompete, am Kontrabass oder Schlagzeug. Dagegen sind Dozentinnen für Instrumentalunterricht in der Jazzausbildung an deutschen Hochschulen noch immer eine große Ausnahme. In einem Forschungsseminar am Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena hat sich eine Gruppe von Studierenden mit den Hintergründen dieser genderspezifischen Ungerechtigkeiten im Jazz beschäftigt und eine Online-Umfrage zur aktuellen Situation in der deutschen Jazzszene konzipiert, deren Ergebnisse nun vorliegen. An der Umfrage haben sich deutschlandweit 136 Jazzmusiker*innen beteiligt, darunter 44 Studierende. Die Umfrage bestätigt die Ergebnisse früherer Studien und gibt vertiefende Einblicke auf ganz konkrete geschlechtsspezifische Benachteiligungserfahrungen: Vorurteile, Stereotypen, schlechtere Arbeitsbedingungen, Prekariat durch Mutterschaft, Mangel an Präsenz von Frauen in der Szene z.B. in Jurys, Hochschulen, Bigbands und Schlüsselpositionen, offen sexistisches Verhalten bis zu sexuellen Übergriffen – auch im Hochschulkontext. Ein positives Ergebnis war: es gibt eine wachsende Sensibilität für Fragen der Geschlechtergleichstellung insbesondere unter jüngeren Jazzmusiker*innen. Die Ergebnisse deuten aber auch darauf hin, dass es bei manchen Fragen noch Diskussions- und Handlungsbedarf gibt. Deshalb plädieren die Autor*innen für eine
Fortsetzung der Debatte um Gendergerechtigkeit im Jazz, eine weitere Sensibilisierung der Akteur*innen, insbesondere für sexistisches Verhalten, sowie eine Diskussion der Forderungen und Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen im Jazz, wie sie bereits 2018 von der Deutschen Jazzunion formuliert worden sind. Man könne z.B. Frauen explizit zu Workshops und Jam Sessions einladen und dadurch die Hürde, sich innerhalb der Szene zu vernetzen, zu senken. Musikerinnen könnten durch individuelle Förderung empowert werden. Auch das Thema Mutterschaft und die besondere Situation von Sängerinnen, latent rassistische Einstellungen auch im Jazzumfeld, die schlechte Vergütung von Auftritten, Missstände in der Ausbildung sowie Probleme bei der Vereinbarkeit von Musiker*innenberuf, Care-Arbeit und Freizeit sollten mehr in den Blick genommen werden. Die Studienergebnisse können hier heruntergeladen werden.
Deutsche Jazzunion startet Kampagne „Kein Rundfunk ohne Jazz & Improvisierte Musik“
Im Herbst 2023 hat die ARD ihre Pläne zur Rundfunkreform vorgestellt. Seitdem ist klar, dass nach dem aktuell stattfindenden ARD Radiofestival die Abendstrecken der Kulturwellen zusammengelegt werden. Nach zwei Stellungnahmen im September und November 2023 veröffentlicht die Deutsche Jazzunion nun ein Infoblatt mit allen bisherigen Entwicklungen und welche Auswirkungen diese auf Jazz und Improvisierte Musik haben werden. Auch aktualisierte Forderungen stellt die Deutsche Jazzunion hier auf. Im Mai 2024 hat die ARD den Aufbau der digitalen Plattform ARD Jazz, äquivalent zu ARD Klassik verkündet. Die Inhalte dieser sollen aktuell durch die Jazzredaktionen der Rundfunkanstalten konzipiert werden. Es stellt sich die Frage, ob es mit ARD Jazz eine reine Mediathek des stark gekürzten linearen Angebots oder ob es eigene, journalistisch fundierte und musikalisch breit aufgestellte digitale Formate geben wird. Es droht der Verlust der Abbildung der regionalen und musikalischen Vielfalt, womit ein insbesondere zu politischen Zeiten wie jetzt so wichtiger Raum für eine pluralistische (Ab-) Bildung wegfallen würde.
Entsprechend fordert die Deutsche Jazzunion von den Entscheidungsträger*innen der Rundfunkanstalten:
– Keine Kürzung des Jazzbudgets, das heißt auch: Keine Kürzungen der Produktions- und Mitschnittbudgets bei den Landesanstalten.
– Keine Kürzungen der Programmvielfalt bei der Transformation vom Linearen ins Digitale.
– Eigene, journalistisch fundierte und die breite der Musik abbildende digitale Formate.
– Abbildung regionaler und musikalischer Vielfalt.
– Langfristig gesicherte journalistische Fachexpertise innerhalb aller Sendeanstalten.
– Erhalt der rundfunkeigenen Big Bands.
Die Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die pluralistischen Stimmen und damit auch die Vielfalt unserer Musik, dürfen nicht weiter gekürzt werden! Um die enorme Wichtigkeit und Bedeutung des ÖRR für Jazz und Improvisierte Musik in Deutschland zu unterstreichen, startet die Deutsche Jazzunion eine Social Media Kampagne, in welcher in den kommenden Wochen Statements namhafter Jazzmusiker*innen veröffentlicht werden.
Stellungnahmen zum Haushaltsentwurf 2025 der Bundesregierung
Auch der Bundeskulturfonds zeigt sich in seiner Stellungnahme vom 18. Juli 2024 irritiert, „da gerade erst neue Förderlinien und Programme, teils auch im Zusammenspiel mit Ländern und Kommunen oder Akteuren des kulturellen Lebens, entwickelt und erstmalig ausgeschrieben wurden oder sogar aktuell noch erarbeitet werden. Auch helfen die Bundeskulturfonds aktiv und konstruktiv bei der Einführung und Durchsetzung in der Freien Szene von Honoraruntergrenzen, den Nachhaltigkeits- und Awareness-Empfehlungen der Kulturförderung der BKM bzw. haben daran mitgewirkt, diese zu entwickeln und auszugestalten“. Insbesondere mit der zum 1. Juli eingeführten verbindlichen Honoraruntergrenze für den Bereich Kultur und Medien auf Bundesebene hinterlasse dies einen bitteren Beigeschmack, schreibt die DJU. Sich soziale Absicherung und faire Vergütung auf die Fahne zu schreiben, ohne die Umsetzung zu ermöglichen, sei auch in Zeiten generell klammer Kassen die falsche Signalwirkung bei einem Haushalt, von dem die Bundesregierung verspricht, Deutschland sicher und wirtschaftlich stark aufzustellen. „Wir fordern den Deutschen Bundestag auf, die Kürzungen rückgängig zu machen, die dramatische Situation der Musiker*innen anzuerkennen und die dringend notwendigen Erhöhungen im Haushalt zu verankern“, so Buscot. Auch der Deutsche Komponist*innenverband kritisiert den Entwurf: „Die Initiative NEUSTART KULTUR wird mit dem Haushaltsentwurf 2025 potenziell zu einem Fehlstart. Das finanzielle Überleben von freischaffenden Musikerinnen und Musikern wurde durch die Pandemie massiv erschwert, daher spielten die Förderprogramme des Bundes eine wichtige Rolle, um diese Härten auszugleichen. Diese Förderprogramme sollen nun um die Hälfte gekürzt werden, was die Situation besonders für die freie Szene verschärft“.