Sabina Hank / Österreich

Klavier versus Stimme?

Eine Frau, die singt, ist nicht spektakulär. Wenn sie sich dabei auch noch ziemlich ausgefallen am Klavier begleitet, ist das schon interessanter. Doch was ist Sabina Hank nun? Eine Pianistin, die auch singt, oder eine Sängerin, die sich am Klavier begleitet? Beides, die Stimme und das Klavierspiel, klingen alles andere als nebensächlich. Auch wenn das Klavier eigentlich „nur“ begleitet und die Stimme die Melodie vorstellt, dann macht es sich die 25jährige Österreicherin wahrlich nicht einfach, so eine vertrackte Klavierbegleitung legt sie sich unter die Gesangsstimme. Darüber hinaus schreibt sie ihre eigenen Stücke und textet auch. Das macht sie nicht nur für ihr Klaviertrio, sondern sie komponiert auch außerhalb des Jazzbereichs: Bühnenmusik für Theater wie zum Beispiel das Schauspielhaus in Bochum, „Tatort“-Filmmusiken und anderes.

Ihre aktuelle Vocal-Jazz-D heißt `Blue Moments‘ (Quinton / EFA). Sabina Hank produzierte die Scheibe selbst und steuerte vocals, piano, composition, lyrics, arrangement bei.

Blue Moments

Das hat weniger mit der blauen Stunde zum Ende des Tages zu tun als mit der Tatsache, dass Sabina Hank Töne als Farben hört. In den zwölf Farben, die den zwölf Tönen entsprechen vermisst sie ein klares Blau, was sie nachfragen lässt, wo denn die Blue Notes herkommen. Die muß man fühlen, Blue Moments.

Das ganze System passte nicht für mich

„Ich komme aus einer Musikerfamilie und mein Vater hat, als ich vier Jahre alt war, entdeckt, dass ich das absolute Gehör besitze. Ich habe mit fünf den ersten Klavierunterricht erhalten und bin bis zur Matura (österreichisches Abitur) 13 Jahre am Mozarteum in Salzburg geblieben. Als Kind habe ich schon viel improvisiert und komponiert, aber nichts aufgeschrieben. Das war erst mal vorbei, als ich ans Mozarteum kam.“ Mit der klassischen Ausbildung kam Sabina Hank nicht richtig klar, da sie schon immer improvisieren wollte. „Obwohl ich gute Lehrer hatte! Aber das ganze System passte nicht für mich, und bin sehr froh, dass mich mein Lehrer zwischendurch trotz des strengen Lehrplans an der langen Leine gelassen hat.“

Mit 12 Jahren hört sie ihre erste Charlie-Parker-Platte. Sie hatte das Gefühl, dass diese Musik von einem anderen Planeten kommt. Eigentlich wollte sie sofort die Schule abbrechen und nur noch Jazz machen. Mit 17 hört sie das erste mal Bill Evans‘ Live in Montreux‘, was der ausschlaggebende Punkt war. Nach der Matura geht Sabina Hank ans Linzer Bruckner Konservatorium und will dort auch mit Gesang anfangen. Jazzklavier wird dann das erste Fach, nach zwei Jahren kommt Hauptfach Gesang dazu, das Studium schmeißt sie aber nach vier Jahren. „Ich finde mich in keinem System zurecht und meine Ideen sind immer schon sehr eigen gewesen. Außerdem hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon sehr viel zu tun und hatte einige Kompositionsaufträge. Mein erster war gleich für das Schauspielhaus Bochum, für Leander Haußmanns „Carmen“.“

1998 hat sie das erste Mal Theatermusik geschrieben und heute hat sie regelmäßige Kompositionsaufträge von verschiedenen Bühnen. „Mein Vater war Sänger am Landestheater in Salzburg. Ich bin mit Theaterluft groß geworden und es war immer ein Traum von mir, das Theater mit der Musik verbinden zu können.“
Der Gesang war Sabina Hank immer wichtig, aber nie wichtig genug, bis ihr ein Freund sagte, nachdem sie vor sich hingesungen hatte: „Mensch, das klingt gut, mach da was draus“. Das erste Vorsingen resultierte sofort in einem Studienplatz für Hauptfach Gesang. „Der Gesang ist mir mittlerweile genau so wichtig wie das Klavierspiel, obwohl ich seit ich denken kann Klavier spiele und der Gesang „erst“ vor sieben Jahren dazu gekommen ist. Jetzt bin ich singende Pianistin oder klavierspielende Sängerin.“

Bei den ersten Versuchen, ihr Klavierspiel mit Gesang zu kombinieren, dachte Sabina Hank, dass sie das nie auf die Reihe kriegt. „Ich schreibe meine eigenen Songs für mein Trio, und ich begleite mich sehr gerne selbst. Da ich Klaviertrio liebe, mache ich den Job des Pianisten selber. Einer der beiden Teile, in meinem Fall das Klavierspiel, muss ganz automatisch gehen. Oft ist bei singenden Pianisten der Klavierpart sehr zurückhaltend und ohne Risiken. Das ist nicht mein Weg.“

Ich möchte meinen eigenen Wege gehen

Sabina Hank schreibt zu ihren Stücken auch Texte: „Das ist der Part, der mich am meisten nervt und am meisten Zeit in Anspruch nimmt. Ich habe nichts dagegen, Texte oder Gedichte von anderen zu vertonen, nur englisch müssen sie sein. Deutschen Gesang finde ich im Jazz völlig fehl am Platz. Ich schreibe Songs und arrangiere Standards, und dadurch ist es schwer, mich in irgendeine Schublade zu packen. Mit deutschen Texten wäre ich sofort in einer drin. Ich möchte meine eigenen Wege gehen und sehen, wo ich rauskomme. Natürlich fällt als Vergleich immer der Name Diana Krall, was mich ehrt, aber sie macht ganz andere Sachen. Ich stehe halt noch auf Songwriter wie Sting und James Taylor und möchte zu meinem Künstlertum in Personalunion auch das Komponieren und Texten dazunehmen.“

„Restless Soul“ ist bewusst als erster Song der CD gewählt worden, weil er in keine Standard-Schublade passt. Rhythmik ist eines der Ausdruckmittel im Jazz, der die 25jährige Österreicherin fasziniert. Das hört man auch in ihrem Arrangement von „Caravan“. „Ich höre was und versuche es aufzuschreiben, ohne mir vorher zu überlegen, welche Stile ich miteinander verbinden könnte. Swing ist ein wichtiges rhythmisches Phänomen, das mich zuerst bei Frank Sinatra gepackt hat. Die kubanische Rhythmik interessiert mich genau so. Der Text von „Restless Soul“ ist einfach und minimal gehalten. Ich habe eine rastlose Klavierfigur als Grundsequenz, worüber ich eine relativ freie Gesangslinie als Gegensatz gesetzt habe.“

„Caravan“ ist im Repertoire gelandet, weil Sabina Hank sich einen Sommer lang sehr intensiv mit einer Platte der Yellowjackets mit Russell Ferrantes „Summer Song“ beschäftigt hat. Der rhythmische Ablauf interessierte sie sehr und sie hat die verschiedenen rhythmischen Ebenen transkribiert und auf „Caravan“ übertragen. „Out in Birmingham B.“ ist eine relaxte Nummer, ein Blues. „Dazu gibt es die Geschichte, dass ich in der Nähe von Salzburg auf dem Land wohne, wo ich auch einen Proberaum habe. Als wir zwei Tage sehr relaxt und lustig geprobt haben, entstand aus dem Resümee danach dieser Blues. Ich schreibe aus vielen verschiedenen Stimmungen heraus Texte, die teilweise aus persönlichen Erfahrungen heraus geschrieben und authentisch sind oder aber Geschichten, die ich erfunden habe.“

Im Klaviertrio muß die Chemie stimmen, sagt Sabina Hank. „Und in meinem Trio ist die Stimmung wunderbar. Das Tourleben ist ja schon anstrengend genug, da muss man sich einfach verstehen, und das ist mit Georg Breinschmid und Alex Meik am Kontrabass und Stephan Eppinger an den Drums so.“

Sabinas nächste Pläne führen sie nach New York, da wird sie mit Garry Dial, einem amerikanischen Pianisten und Arrangeur, aufnehmen. „Der hat ein Projekt, bei dem er die Hymnen aller Länder aufnimmt, und ich bin für die österreichische Bundeshymne zuständig.“ Außerdem steht eine Filmmusik für eine 3Sat-Produktion über den Philosophen Karl Popper an. Bis zum Herbst gibt es einen ständigen Wechsel zwischen Konzerten und Komponieren geben, die richtige, längere Tour wird im Herbst stattfinden. Augen und Ohren offenhalten!

CD `Blue Moments‘ (Quinton /EFA)

Angela Ballhorn, Mai 2002

Label:
www.efa-medien.de

Copyright: Redaktion Melodiva

www.sabinahank.com
Autorin: Angela Ballhorn

31.12.2002