Rachel Z.

"Piano-Queen of Fusion"

Rachel Z. ist eine der wenigen Frauen, die sich in der Männerdomäne „Fusion“ durchgesetzt hat

Sie spielte mit den Superbands „Steps Ahead“, „Vertú“ oder auch mit der Saxophonlegende Wayne Shorter (der übrigens eine Zeitlang mit einem Damentrio tourte – Rachel an den Keyboards, Tracy Warmworth am E-Bass und Terri Lyne an den Drums). Der Musik von Wayne Shorter widmet sie sich auch auf ihrer vorletzten akustischen Platte „On The Milky Way Express“ (Tone Center). Denn Rachel Z. ist nicht nur eine gefragte „Sidewoman“, sondern auch eine vielseitige Musikerin, deren musikalische Bandbreite vom akustischen Jazztrio über Fusion bis hin zu ihrer wilden Band „Peacebox“ geht, die von Singer-Songwriter (Rachel schreibt auch Texte und singt selber) bis hin zu Rock’n‘Roll geht.

Rachel Z. hat von der Melodiva-Redaktion im großen „Sex Sells“-Artikel (siehe hierzu „Melodiva – Heft 13/99) ordentlich Prügel bezogen. Das damals aktuelle Album „Love is the Power“ (GRP,1998) hatte aber auch wirklich ein mehr als unnötig aufreizendes Cover, auf dem die Pianistin und Keyboarderin im knappen Kleid in Startposition hockt.

Im Frühjahr war die Amerikanerin mit der Band der Drummerin Terri Lyne Carrington auf Tour, und wieder musste ich mich über ihre Klamotten wundern. Irgendwie passten für mich das enge T-Shirt, die goldüberzogenen Jeans, die Plateau-Schuhe und die strengen Gretel-Zöpfe nicht zusammen. Aber Rachel ist so, die Frau mit den dunklen langen Haaren steht auf solche Klamotten, und zumindest für die Plateau-Schuhe konnte sie mir eine einleuchtende Erklärung geben: „Das Keyboardstativ passt nie richtig in der Höhe für mich, mit den Schuhen komme ich an Tasten und Pedale gleich gut dran.“


Rachel Z., die sich „reitschel sie“ ausspricht und ursprünglich Nicolazzo heißt, stammt aus New York. Ihre Mutter setzte die kleine Tochter in ihre Fußstapfen an der Oper.
Sie bekam mit zwei Jahren Gesangsunterricht, im Alter von sieben Klavier und besuchte die Oper, als sie neun war. „Mein erstes Puppenhaus war das Metropolitan Opera House. Komplett mit Bühne und Puppen, die Künstler waren!“, lacht Rachel bei der Erinnerung.

Doch als sie mit 15 zum ersten Mal die Platte „Miles Smiles“ von Miles Davis hörte, wandte sich das Interesse von der rein klassischen Richtung ab. Sie fing an, zu improvisieren und spielte mit einer Band, die Songs von Joni Mitchell und Steely Dan coverte.

Sie selbst sagt, dass ihr Herbie Hancocks Art Klavier zu spielen, eine Brücke von der Klassik zum Jazz gebaut hat. Von da an fuhr sie sowieso zweigleisig.

„Ich habe meine Fähigkeiten zur gleichen Zeit am Klavier und an den Keyboards entwickelt. Ich hatte ein Jazzquintett, das Nardis hieß, und nahm Unterricht bei JoAnn Brackeen und Richie Beirach.
Abends hing ich in den Clubs wie dem Village Vanguard herum und habe mir Größen wie Dexter Gordon und Bill Evans angehört.“

Rachel Z. studierte am New England Conservatory, arbeitete aber schon gleichzeitig professionell in der Umgebung von Boston mit musikalischen Größen wie Bob Moses (Drums), Miroslav Vitous (Bass) und George Garzone (Sax).

1988 kehrte sie nach New York zurück und war ab dann viel mit ihrem Studienkollegen Najee, dem Saxophon-R&B-Superstar, auf Tour und schrieb später mit ihm zusammen Musik für die Platte „Tokyo Blue“.

Wayne Shorter war zuerst nur ein großer musikalischer Einfluss, dass sie eines Tages Mitmusikerin sein dürfte, hätte Rachel Z. sich nicht träumen lassen. Auf Shorters „High Life“ (Blue Note,1995) arbeitete sie einen orchestralen Synthesizerrahmen, zudem spielte sie noch Klavier auf dem Album.
Darüber hinaus war sie Musical Director der Tour, die auf Erscheinen der CD erfolgte. Die CD hat übrigens einen Grammy in der Sparte „Bestes zeitgenössisches Jazzalbum“ erhalten.

1996 war die Zeit reif für das eigene Debüt, „A Room of One’s Own“. Die CD widmete sie allen weiblichen Künstlern, die Rachel Z. beeinflusst haben: Die zeitgenössische Tänzerin Judith Jameson, die afroamerikanische Schriftstellerin Zora Neal Hearston und die Jazzsängerin Billie Holiday.

Eine Zeitlang tourte die Pianistin exzessiv mit der Bassistin Tracy Warmworth (Bassistin der Rosie O‘Donnell Show) und Schlagzeugerin Cindy Blackman. Danach waren dann Kim Clarke am Bass und LaFrae Olivia Sci an den Drums mit auf Tour. Die Frauenband ist mittlerweile aufgebrochen, da ein (männlicher) Schlagzeuger, Bobby Rae, mit dabei ist. „Für mich war das auch nicht unbedingt ein Dogma. Ich kenne gute Musikerinnen, mit denen ich zusammen spielen wollte, aber nicht, weil sie Frauen sind“ sagt die Pianistin. 1998 kam dann das Album mit dem umstrittenen Cover auf den Markt „Love is the Power“.

Doch Rachel Z. ist nicht nur Pianistin, Keyboarderin, wichtige Sidewoman und Leiterin eigener Projekte, sondern schreibt auch Stücke mit Texten, die sie auch selber singt. „Peacebox“ heißt das Projekt, in der sie ihre Liebe zum Singer-Songwritertum auslebt.
Von Jazz ist da keine Spur, vielmehr heißen die Einflüsse da Rage Against the Machine, Nine Inch Nails, Nirvana, Steely Dan und Smashing Pumpkins. Und interessanterweise finden sich in dieser Band bis auf den Drummer (ebenfalls Bobby Rae, Rachels Lebensgefährte) ebenfalls nur Frauen: Miriam Sullivan (Bass), Sarah Michaels und Stacia (Gitarre).

Rachel Z. im Netz:
www.rachelz.com
Die Seite sei jedem ans Herz gelegt, da viele Informationen zu kriegen sind, viele der Platten sind in ihrem CD-Shop leider schon ausverkauft – was ja auch wieder für die Qualitäten von Rachel Z. spricht.

Rachel Z. arbeitete mit:
Vertú (mit Basser Stanley Clarke und Drummer Lenny White) – Steps Ahead – Larry Coryell – Special EFX – Angela Bofill – Najee – Wayne Shorter und Terri Lyne Carrington

Copyright: Redaktion Melodiva

Autorin: Angela Ballhorn

30.06.2002