Holly Williams (USA)

Mehr als Enkelin einer Legende...

Vor vielen Jahren, als Fernseh-Ratesendungen noch nicht wie eine Flippermaschine aussahen und von Werbeblocks verschont blieben, gab es im öffentlich-rechtlichen eine Sendung, die den Namen „Ich trage einen großen Namen“ trug. Verwandte von z.B. berühmten Erfindern wie Ferdinand Porsche ließen sich zu ihren berühmten Namensträgern ausfragen. Die Künstlerin, die hier vorgestellt wird, wäre – sollte es die Sendung wieder geben – als Kandidatin ein absoluter Tipp, obwohl sie inzwischen selber auf dem Weg ist, ein Star zu werden.

Ihr Großvater: Hank Williams. Ihr Vater: Hank Williams junior. Ihr Halbbruder: Hank Williams III. Für alle, die sich in Sachen Country und Western nicht so auskennen: Der Opa Hank Williams und sein Sohn sind in Nashville fast gleichbedeutend mit Gott. Diesem Erbe muß man erst mal gewachsen sein.

Holly Williams war da relativ cool. Erst interessierte sie das Musikbusiness nicht, sie wollte eher Model werden. Doch schließlich holte sie die Musik ein. Texte schrieb die junge Musikerin schon lange, Musik dafür zu finden, bereitete der Amerikanerin offensichtlich keine Probleme.

Der „Taking Off“ war allerdings anders, als sich andere Musiker das vorstellen. Meist geht es doch darum, dass man einen Plattenvertrag haben will und schnell berühmt sein möchte, vor allem wenn es um das Popbusiness geht und man jung ist.

Holly verwarf ihren Berufswunsch Model, weil die Musik sie berührte. Vor allem, wenn ihr Vater in der Stadt war und ein Konzert gab. „Es ist unglaublich, wenn du hinter der Bühne stehst und vor der Bühne warten 25.000 Leute auf dich. Dieses Adrenalin fand ich toll, auch, meinem Vater vor so vielen Menschen nah zu sein.“

Mit 17 endlich entschließt sie sich , eine der vielen Gitarren, die im Hause sind, zu nehmen und zu spielen. „Ich habe gleich loskomponiert, obwohl ich kaum Ahnung hatte, wie man Gitarre spielt. Innerhalb von kürzester Zeit hatte ich fast 50 Songs zusammen!“
Wie schon ihre ersten Schreibversuche im Alter von acht Jahren sind die Texte eher düster, Texte über den Tod, Leute, die Affären hatten, gescheiterten Ehen, Texte, die man nicht mal von 17jährigen und gar nicht von Achtjährigen erwarten würde. Holly Williams saugt alle möglichen Musiksorten in sich auf: Beatles, Randy Newman, Radiohead, Joni Mitchell, Beethoven und natürlich auch die Musik ihrer Familie. Sie beschäftigt sich mit Literatur – ihr Lieblingsautor ist Jack Kerouac – und schreibt viele Songs.

Das College läßt sie links liegen, statt dessen nimmt sie sich ein Jahr frei, um ihre musikalische Karriere vorwärts zu bringen. Sie tritt in kleinen Clubs auf, nimmt an open mike Wettbewerben teil, spielt als Vorgruppe in Rockläden. Mal mit einer Band, mal ganz alleine mit Gitarre. Manchmal arbeitete sie auch als Backgroundsängerin. „Aber nie habe ich aufgehört, an meinen Songs zu arbeiten. Ich wußte, dass sie noch nicht so weit waren, ich wollte noch besser werden.“

Für drei Monate richtet sie sich in Los Angeles ein, weil sie Klavier üben möchte und Konzerte ihrer Lieblingsbands anhören wollte. „Irgendwie mußte ich einen Weg überlegen, was ich mit meinen Songs denn jetzt mache. Wie sollte ich mich an eine Plattenfirma wenden, was soll eine Firma für mich machen, diese Fragen stellte ich.

Relativ klar in ihrer Vision geht sie zurück nach Nashville und nimmt die Einladung von Ron Sexsmith an, als Vorgruppe für seine Englandtour zu fungieren. „Das war spannend. Ron ist mit seinem Manager im Auto gereist, und ich war komplett auf mich selber gestellt. Ich kam am Flughafen an und bin zu den Konzerten mit dem Zug gereist und habe diese Zeit genossen, in der ich so viele Eindrücke sammeln konnte.“ Fragt man sie, wie sie sich alleine auf der Bühne fühlt, als Vorgruppe für Ron Sexsmith oder später auch John Mellencamp oder Billy Bob Thornton, dann lacht sie „Schon etwas unsicher ganz zu Beginn, aber dann geht es ganz einfach, weil ich meist gute Reaktionen von dem Publikum bekomme.“

Spätestens als sie mit Billy Bob Thornton und John Mellencamp auf der Bühne stand, umwieselten sie die Plattenfirmen. Holly Williams entschied sich für Universal South, aus dem Grunde, weil sie eine Firma in erreichbarer Nähe haben wollte. „Und ich wollte ein Label, dass mich als Songwriterin ernst nimmt. Ich hatte keine Lust darauf, als Tochter und Enkel von berühmten Nashville-Künstlern vermarktet zu werden. Deshalb habe ich so lange gewartet, ich wollte, dass meine Stimme stark genug ist, sich gegen diese Marketingmechanismen durchzusetzen.“ Die Aufnahmen ihrer erst jetzt in Deutschland erschienenen CD begannen im März 2004. Holly hat – selbstverständlich – alle Songs geschrieben und spielt Gitarre und Klavier. Ein Label auf die Musik zu kleben, fällt schwer. Singer-Songwriter greift vermutlich am besten die Geschichten, die oft viel älter klingen, als die Frau, die sie geschrieben hat. Mal gibt es feine, fröhliche Töne, mal laute und rockige, oder es ziehen Wolken auf. An welchem Instrument die Stücke entstanden sind, macht schon auch einen Unterschied, denn Holly schreibt abwechselnd an Gitarre und Klavier.

Jeder, der gut gemachte Musik und sinnvolle Texte, die auch mal zum Nachdenken anregen, mag, sollte die junge Amerikanerin anhören. Auf dieser CD, bald auf einer neuen oder im Frühjahr live auf deutschen Bühnen.

Aktuelle CD:Holly Williams „The Ones We Never Knew“ (Hump /Harmonia Mundi- 2005)

Copyright: Redaktion Melodiva

www.hollywilliams.com
Autorin: Angela Ballhorn

29.12.2005