In ihrer Geburtsstadt Mönchengladbach sammelte Kristina van de Sand erste Bühnenerfahrungen als Geigerin im Rockstreichorchester und im Jugendsinfonieorchester der Musikschule. Sie hat an der Universität Hildesheim Angewandte Kulturwissenschaften mit den Schwerpunkten Musik und Theater studiert, nahm Geigen- und Kontrabassunterricht. Vor und während des Studiums reiste sie nach Ecuador und Peru und ging mit einem Stipendium des DAAD nach Rio de Janeiro, wo sie am SESC Rio an der Produktion eines deutsch-brasilianischen Theaterprojekts (Estranha Visão) mitarbeitete. Dort lernte sie den Geiger Nicolas Krassik kennen und war fasziniert von seiner Forró- und Samba-Phrasierung auf der Violine – die eigentliche Reise begann!

Sie nahm am Popkurs der HfMT Hamburg teil und ein weiteres Auslandssemester führte nach Portugal als Erasmus-Studentin für Jazz an der ESMAE in Porto. Dort traf sie wunderbare Musiker und Freunde fürs Leben, tauchte tief in die pulsierende Jazzszene der Stadt ein und kehrte zurück nach Deutschland, um sich auf die Eignungsprüfung an der HMT Hannover vorzubereiten. So hatte sie das Glück, nach dem Abschluss des Studiums in Hildesheim ein weiteres Diplom in Jazzgeige machen zu können. In all den Jahren hat Kristina van de Sand in Streichquartetten und verschiedenen Bands gespielt und dabei viele verschiedene Musikstile wie z.B. Punk, Swing, Forró, Samba, Salsa, Tango, Country, Minimal Music und Pop kennengelernt. Bis heute hat sie 14 Tonträger mit verschiedenen Ensembles veröffentlicht.

Seit 2017 pendelt sie zwischen Deutschland und Portugal, wo sie mit Mosaicollective Konzertformate für junges Publikum kreiert, das Orquestra de Cordas de Ajuda (gefördert durch die Gulbenkian Stiftung) leitet und 2021 das Groove String Collective gründete, in Kooperation mit dem Jazzstudiengang der Universidade Lusiada. Während der Pandemie organisierte sie das solidarische Online-Festival Worldwide Wo+men in Concert (gefördert durch die UNESCO), dessen Fortsetzung 2023 als on-site Festival in Hannover geplant ist.

Zur Zeit ist sie aktiv als Bühnenmusikerin für Theaterproduktionen, tourt mit der Mosaicollective-Produktion „O Canto da Baleia“ und FAYA (Foto: Catarina Vasconcelos). Das Trio mit Elena La Conte (Flöte, Stimme & Perkussion), Chiara Pellegrini (Gitarre, Stimme & Perkussion) und Kristina Van de Sand (Geige, Stimme & Perkussion) mischt bei seiner musikalischen Entdeckungsreise auf der Suche nach anderen Perspektiven, Rhythmen und Melodien Klezmer mit Funk, italienische Folklore mit afrikanischen Rhythmen, Chanson mit Batucada. 2019 gewann Kritina van de Sand mit FAYA den Creole Global Music Contest in Berlin, 2011 mit ihrem Ensemble bye bye brasil.

Seit Kristina van de Sand ihre Kinder mit Musik aufwachsen sieht, ist ihr Interesse an kreativen Formen der Musikerziehung ebenfalls gewachsen. So entwickelte sie in den letzten Jahren verschiedene interdisziplinäre Konzertformate für junges Publikum u.a. für die Kölner Philharmonie und das Konzerthaus Berlin. Momentan gibt sie Workshops für Kinder und Pädagog*innen (dm-Projekt „Singende Kindergärten“, Musikschule Hildesheim, u. a.). Kürzlich hat sie das Yoga Alliance Teacher Training abgeschlossen und vertieft sich nun in die Entwicklung interdisziplinärer Formate von Yoga & Musik für Kinder und Erwachsene. Bei dem Projekt TRIMURTI setzt sie sich künstlerisch gemeinsam mit Pedro Mendes in der Verbindung von Musik, Yoga & Tanz mit den Themen Zerstörung, Hoffnung & Neubeginn (Trimurti) auseinander. Das ganzheitliche Erleben von Bewegung und Live-Musik, gestaltet mit Violine, Viola, diversen Klangerzeugern und Loop-Station, führt die Teilnehmer*innen hin zu einer gemeinsamen Meditation, mit anschließender Musik und Tanzperformance.
Seit der Pandemie nutzt Kristina Van de Sand auch die Möglichkeit online weltweit unterrichten zu können, hat derzeit Student*innen in Deutschland, Portugal und Italien. (Foto unten: Tobias-Dutschke)

Was bedeutet Dir Musik?
Musik ist seitdem ich denken kann Teil meines Lebens. In meiner Familie wurde immer viel Musik gemacht, beruflich aber auch privat. Sonntags probte mein Vater immer mit seinem Kaffeehaus-Ensemble, oder meine Schwester weckte mich mit nervtötenden Tonleitern. Weihnachten war bei uns nicht nur das Fest der Liebe, sondern auch der schrägen Töne auf der Geige. Damals war mir das etwas peinlich, aber heute blicke ich mit Freude zurück und hoffe auf die ersten Versuche meiner eigenen Kinder. Und so ist die Musik hängen geblieben, nun als mein täglich Brot. Meistens bringt sie unendlich Freude, manchmal aber auch viel Leid. Ein intensiver Teil meines Lebens, ohne Frage!

Dein schönstes Erlebnis auf der Bühne?
Als ich 16 war, durfte ich als Bassistin unserer Schulband beim Abi-Ball den Song „All Along the Watchtower“ spielen. Um mich herum nur die ‚Großen‘, mein damaliger Schwarm mit auf der Bühne und ich mittendrin, mit einem viel zu großen E-Bass umgehängt. Ich war megastolz und habs gefeiert! Keine Ahnung, wie das so geklungen hat, aber in meinen Augen waren wir natürlich grandios!

Welches ist Deine Lieblingsmusik?
Alles, was mir Gänsehaut oder wippende Füße macht.

Was möchtest Du beim Unterrichten vermitteln oder weitergeben?
In erste Linie möchte ich Freude am Musik machen vermitteln, aber auch neue Inspirationen, Herausforderungen und Motivation zum Üben.

Wer oder was inspiriert Dich?
Bei Recherchen zu neuen Produktionen, z. B. mit Mosaicollective, stoße ich immer wieder auf faszinierende Künstler*innen, aber auch Naturphänomene oder technische Entwicklungen die mich inspirieren. Bei unseren künstlerischen Residenzen tragen wir all diese Ideen zusammen und kreieren daraus etwas Neues. Dieser ganze Prozess im Kollektiv, die Recherche, das Ausprobieren, Verwerfen, Umformen und Konsolidieren der Ideen ist für mich die Essenz einer inspirierenden Arbeit. Ich bin froh, so großartige Kolleginnen gefunden zu haben!

Hast Du (außer Musik) noch andere Hobbys?
Ich habe immer schon gern Sport gemacht und bin mittlerweile auch tiefer in die Philosophie des Yoga eingestiegen – ein weiteres Universum zum Erkunden!

Was Dich in Kristina Van de Sands Workshop erwartet:
Dieser Workshop richtet sich an alle, die neugierig sind auf Rhythmen und Klänge aus dem östlichen Mittelmeerraum, in Fusion mit unseren ‚westlichen‘ musikalischen Wurzeln. Alle Arten von Instrumenten und Stimmen sind hier herzlich willkommen! Gemeinsam erarbeiten wir traditionelle Lieder aus Osteuropa und der Türkei (z. T. In ‚krummen‘ Taktarten wie dem 7/8-tel Takt) und arrangieren dieses Repertoire für unser Workshop-Ensemble. Dabei geht es nicht um Stilgenauigkeit, sondern um Kreativität, Raum für neue Fusionen und Klangfarben, Improvisation, Groove und schlichtweg Spielfreude beim gemeinsamen Musizieren. Ich freue mich auch über eure Repertoirevorschläge!

Der Workshop findet vom 08.-09.10.2022 in Frankfurt am Main statt, mehr Infos findet ihr hier.

Schon überzeugt? Hier geht es direkt zur Anmeldung.

(Titelfoto: Patricia Andrade)

Infos

Autorin: Tina Wolfheimer