Stellungnahmen zum geplanten Reformstaatsvertrag

Am 26. September 2024 wurde der Staatsvertragsentwurf zur Reform des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) zur öffentlichen Anhörung freigegeben, bis 11. Oktober 2024 konnten Verbände und Expert*innen Anregungen und Anmerkungen einreichen. Die Deutsche Jazzunion hat ihr Feedback in einer ausführlichen Stellungnahme abgegeben. Grundsätzlich begrüßt sie die Ausrichtung, die Programmgestaltung näher an den gesellschaftlichen Bedarfen auszurichten und niedrigschwelligere Zugänge zu schaffen. Das dürfe aber nicht zu Lasten einer fundierten journalistischen Expertise fallen, beispielsweise in Form von Abbau jazzspezifischer Redaktionen, oder indem weniger gefällige Inhalte reduziert oder gar ausgeschlossen würden. Der Abbildung von Vielfalt und pluralistischen Zugängen zu Kunstformen wie Jazz und Improvisierter Musik käme in Zeiten massiven Rechtsrucks in Deutschland ein nicht zu unterschätzender Wert zu. Insbesondere die geplante Zusammenlegung der bestehenden Angebote von 3sat und arte sieht der Verband äußerst kritisch, da dies zu Einschränkungen in der Diversität der produzierten und gezeigten Inhalte führen würde.

Auch der Deutsche Musikrat hatte Ende September eine Stellungnahme eingereicht und sich u.a. dafür ausgesprochen, dass der ÖRR weiterhin seinem Kernauftrag nachkommen müsse, sog. meritorischen Gütern eine Plattform und Aufmerksamkeit zu geben, also solchen, die der Markt nicht aus sich selbst heraus erzeugen kann, die aber dem Gemeinwohl dienen. Der geplante Vertrag könne zu einer drastischen Verarmung von Bildungs- und Kulturangeboten und zu einem Rückgang von Diskussions- und
Diskursräumen führen.

Der Reformstaatsvertrag sieht massive Kürzungen im Radio & TV vor: in allen neun Rundfunkanstalten zusammen sollen mindestens 16 Programme gestrichen werden, Spartenkanäle wie 3sat, Arte, Phoenix, ARD-alpha, Tagesschau24 oder ZDFinfo sollen neu organisiert und teilweise zusammengelegt werden. Außerdem sieht der Vertrag vor, dass Texte künftig erst online publiziert werden dürfen, wenn ihr Inhalt zuvor in einer Radio- oder Fernsehsendung gelaufen ist, erklärt die Tagesschau. Dies schwäche die Demokratie, wenn z.B. Hintergrundinfos nicht mehr veröffentlicht werden könnten, auch würde die Erreichbarkeit der jungen Zielgruppe deutlich erschwert, sagen Programmverantwortliche von ARD und hr.

Eine Petition spricht sich dagegen aus, den Sender 3sat einzustellen bzw. die Inhalte in den Sender arte zu überführen.

28.10.2024

Deutsche Jazzunion startet Kampagne „Kein Rundfunk ohne Jazz & Improvisierte Musik“

Im Herbst 2023 hat die ARD ihre Pläne zur Rundfunkreform vorgestellt. Seitdem ist klar, dass nach dem aktuell stattfindenden ARD Radiofestival die Abendstrecken der Kulturwellen zusammengelegt werden. Nach zwei Stellungnahmen im September und November 2023 veröffentlicht die Deutsche Jazzunion nun ein Infoblatt mit allen bisherigen Entwicklungen und welche Auswirkungen diese auf Jazz und Improvisierte Musik haben werden. Auch aktualisierte Forderungen stellt die Deutsche Jazzunion hier auf. Im Mai 2024 hat die ARD den Aufbau der digitalen Plattform ARD Jazz, äquivalent zu ARD Klassik verkündet. Die Inhalte dieser sollen aktuell durch die Jazzredaktionen der Rundfunkanstalten konzipiert werden. Es stellt sich die Frage, ob es mit ARD Jazz eine reine Mediathek des stark gekürzten linearen Angebots oder ob es eigene, journalistisch fundierte und musikalisch breit aufgestellte digitale Formate geben wird. Es droht der Verlust der Abbildung der regionalen und musikalischen Vielfalt, womit ein insbesondere zu politischen Zeiten wie jetzt so wichtiger Raum für eine pluralistische (Ab-) Bildung wegfallen würde.

Entsprechend fordert die Deutsche Jazzunion von den Entscheidungsträger*innen der Rundfunkanstalten:

– Keine Kürzung des Jazzbudgets, das heißt auch: Keine Kürzungen der Produktions- und Mitschnittbudgets bei den Landesanstalten.
– Keine Kürzungen der Programmvielfalt bei der Transformation vom Linearen ins Digitale.
– Eigene, journalistisch fundierte und die breite der Musik abbildende digitale Formate.
– Abbildung regionaler und musikalischer Vielfalt.
– Langfristig gesicherte journalistische Fachexpertise innerhalb aller Sendeanstalten.
– Erhalt der rundfunkeigenen Big Bands.

Die Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die pluralistischen Stimmen und damit auch die Vielfalt unserer Musik, dürfen nicht weiter gekürzt werden! Um die enorme Wichtigkeit und Bedeutung des ÖRR für Jazz und Improvisierte Musik in Deutschland zu unterstreichen, startet die Deutsche Jazzunion eine Social Media Kampagne, in welcher in den kommenden Wochen Statements namhafter Jazzmusiker*innen veröffentlicht werden.

31.07.2024

Unikliniken München und Erlangen zu Aerosolverbreitung bei Blasinstrumenten

Nach den Studienergebnissen zu Corona-Ansteckungsrisiken beim Singen mit Sänger*innen und des Bayerischen Rundfunkchors liegen nun weitere Ergebnisse aus der aufwendigen Studie des LMU Klinikums München, des Universitätsklinikums Erlangen und des Bayerischen Rundfunks vor. Den Ergebnissen zufolge könnten die Abstände in Ensembles zumindest zur Seite geringer ausfallen, als derzeit empfohlen wird. Im Gegensatz zu Studien, die die absolute Aerosolkonzentration durch das Musizieren gemessen haben, war der Ansatz dieser Studie, die akute Ausbreitung und Verteilung von Aerosolen im Raum durch das Spielen von gewissen Blasinstrumenten zu bestimmen.

25.11.2020

Radiotipp 08.03.2020: „1. Women in Music Days“

Wer sich schon immer darüber geärgert hat, dass im Radio zu wenige Musikerinnen* gespielt werden, kann es sich am Sonntag, den 8. März 2020 mit Tee, Kissen, Kreativem zum Werkeln, Freund*in usw. auf der Couch gemütlich machen und das Radio einschalten. Denn die Europäische Rundfunkunion (EBU) veranstaltet erstmalig am Weltfrauentag eine gemeinsame Aktion mit allen 116 Mitgliedern aus 56 Nationen, die „Women in Music Days“. Aktionen wie diese sollen das Bewusstsein schärfen und zu einem Umdenken anregen, auch die UNESCO unterstützt diese Aktion.
SWR2 feiert zum Beispiel die Frauen im Jazz – mit einem täglichen Auftritt in „Jazz vor Sechs“: An den Tasten, an Trompete, Saxofon, Vibrafon oder Kontrabass – mit aktuellen und historischen Aufnahmen. NDR Kultur wird am Weltfrauentag ein Musikprogramm senden, das nur Komponistinnen, Dirigentinnen und Solistinnen berücksichtigt, auch bei BR-KLASSIK stehen diese Frauen im Fokus. WDR COSMO, das junge europäische Kulturradio des WDR, spielt eine Woche lang ausschließlich Musik von Frauen. Vom 2. März bis zum Weltfrauentag steht dort die Rolle von Frauen in der Popkultur im Mittelpunkt der Themenwoche „Laut, stark, weiblich: Frauen im Pop“. BAYERN 3 spielt 100 Prozent weibliche Musik und widmet sich den besten Podcasts von, mit und über Frauen. Zudem dreht sich den ganzen Tag alles um Geschichten von starken, mutigen Frauen. Musik und Musikwünsche von Frauen werden auf radioeins, rbb 88.8 und rbbKultur gespielt. Die Kulturwelle von Radio Bremen, Bremen Zwei begleitet vom 8. bis 27. März die Festivalreihe „Women in (e)motion“, NDR 2 befasst sich in Form von Beiträgen mit der Rolle von Frauen in der Musikbranche, u.a. in Interviews mit deutschen Künstlerinnen wie Inga Humpe oder Lena. Auch Bayern 2 ist Teil der „Women in Music Days“: Dominiert von Frauen am Mikrofon, widmet sich die anspruchsvolle Informations- und Kulturwelle Themen wie Gender Data Gap und der Teilhabe von Frauen im Musikgeschäft.
Beim Hessischen Rundfunk moderieren ausschließlich Moderatorinnen, Themen sind unter anderem struktureller Sexismus, Feminismus und Geschlechtergleichheit. Auch die Nachrichten werden am Weltfrauentag in hr3 ausschließlich von Nachrichtensprecherinnen verlesen. hr3 spielt ausschließlich Musik von Sängerinnen und Komponistinnen. Auch YOU FM begibt sich komplett in Frauen*hand und verspricht neue Frauenbilder in der Popmusik und ein Interview mit der als Promoterin, Journalistin und DJ bekannten Lina Burghausen (Foto: Vanessa Seifert), die kürzlich mit dem Indielabel [PIAS] zusammen ein neues Sub-Label namens 365XX an den Start gebracht hat, ein HipHop-Label, in dem nur Frauen unter Vertrag sind. Auch die Musikerinnen Alice Merton und Rola Hinterbichler kommen zu Wort. Bleibt zu hoffen, dass diese Aktion eine nachhaltige Wirkung hat und nicht bloß ein Alibi-Ehrentag ist.

05.03.2020

Land Berlin und rbb vergeben ab 2017 gemeinsam den „Jazzpreis Berlin“

Das Kulturradio vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) und die Kulturverwaltung des Berliner Senats vergeben von 2017 an gemeinsam den Jazzpreis Berlin. Darauf verständigten sich Kulturstaatssekretär Tim Renner und rbb Programmdirektorin Dr. Claudia Nothelle. Renner: „Ich bin früher schon für die besten Jazzkonzerte von Hamburg nach Berlin gepilgert. Doch damals waren es in erster Linie gastierende Künstler, die ich als Jazz-Tourist bewunderte. Heute gibt es eine sehr starke, lokale Jazz-Szene in Berlin, die auch international anerkannt wird und sich zum großen Teil in dem Verein IG Jazz Berlin organisiert. Ihm danke ich, den Preis initiiert zu haben, dem Rundfunk Berlin-Brandenburg dafür, den Impuls aufgenommen und unterstützt zu haben.“
Dieser Preis ist eine längst überfällige Würdigung für die außergewöhnliche Jazz-Szene in Berlin und unser Kulturradio ist der ideale Partner dafür“, so Dr. Claudia Nothelle. „Wir bieten dem Preisträger ein eigenes Konzert in unserem Haus und werden es danach im Programm senden.“ Die Initiative zu diesem neuen Preis ging vom Verein IG Jazz Berlin aus. Die vielfältige und herausragende Jazzszene Berlins soll durch diese Ehrung Anerkennung und Aufmerksamkeit erhalten. Der Jazzpreis Berlin geht an Musikerinnen oder Musiker, die in besonderer Weise einen prägenden und inspirierenden Beitrag zum Jazzleben in Berlin geleistet haben und so künstlerische Impulse über die Stadt hinaus geben konnten. Die Vergabe des Jazzpreises Berlin erfolgt von 2017 an jährlich jeweils in der ersten Jahreshälfte. Der Jazzpreis Berlin wird im Berufungsverfahren vergeben; eine Antragstellung ist nicht möglich. Eine überregional besetzte Jury, die der rbb gemeinsam mit der Kulturverwaltung beruft, wählt eine Preisträgerin oder einen Preisträger aus. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert und nicht teilbar.

(Quelle: www.miz.org)

31.10.2016

Neue Plattform für Geflüchtete: Radio Good Morning Deutschland

Ein neues spannendes Radioprogramm will Flüchtlingen eine Plattform für ihre Themen und ihre Musik bieten: Good Morning Deutschland. Es ist ein Radio für geflüchtete Menschen, die mit ihrem kulturellem Wissen, Interessen, musikalischen Wünschen und Vorstellungen hier ankommen. Good Morning Deutschland bietet die Möglichkeit sich zu vernetzen, auszutauschen, kennenzulernen und gemeinsam zu musizieren. Gesendet wird auf Arabisch, Farsi, Deutsch und Englisch. Die erste Sendung ist am 1. Mai über die Bühne gegangen und soll regelmäßig jeweils live von 17-20 Uhr ausgestrahlt werden: dienstags aus dem Studio Frankfurt, mittwochs aus dem Studio Donaueschingen und sonntags aus dem Studio Stuttgart. Dazu suchen die MacherInnen vor allem Musikerinnen und Frauen, die Lust haben, Musik zu spielen oder zu moderieren. Das Radioprogramm kann per Livestream auf http://goodmorningdeutschland.org/ oder z.B. auch vor dem Studio Frankfurt (über eigens rausgehängte Boxen) neben dem KoZ auf dem Campus Bockenheim empfangen werden.

17.05.2016

VUT beklagt mangelnde Vielfalt im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk setzt auf Dauerrotation und Mainstream. Statt die kreative Kulturlandschaft abzubilden und zu fördern, wird alles aus dem Programm gestrichen, was „Ecken und Kanten“ hat. Am Ende verlieren alle: RadiohörerInnen, Musikfans, NachwuchskünstlerInnen und die Sender selbst„. Das beklagt jetzt der Verband unabhängiger Musikunternehmen e. V. (VUT) in einer Pressemitteilung. „Mit öffentlichen Geldern wird Formatradio betrieben und die kulturelle und musikalische Vielfalt eingeschränkt“, erklärt Jörg Heidemann, Geschäftsführer des VUT. „Wir fordern von den Rundfunkanstalten und den für sie zuständigen Kontrollgremien, sich wieder auf den Kultur- und Bildungsauftrag zu besinnen.“ Der Kultur- und Bildungsauftrag sei im Rundfunkstaatsvertrag verankert und schriebe die Abbildung kultureller Vielfalt fest. Diese suche man oft vergeblich, bis zu sieben Mal am Tag liefe derselbe Song. Wer nicht bei den großen Labels unter Vertrag stehe und dem jeweiligen Genre-Mainstream entspreche, habe kaum eine Chance, im Radio gehört zu werden.

Nach Auffassung des VUT wird die breite Kulturlandschaft nur ungenügend abgebildet. Es fehle an der Unterstützung für aufstrebende KünstlerInnen, einem abwechslungsreichen Programmangebot und dem Mut, der vorhandenen kulturellen Vielfalt auch einen prominenten Platz im Radio zu bieten. Die Tatsache, dass das Radio nach wie vor 74 Prozent der Bevölkerung erreicht und für Jugendliche neben Streaming-Diensten und dem Internet weiterhin das wichtigste Medium ist, um neue Musik zu entdecken, unterstreicht die Wichtigkeit dieser Forderung. „Das System muss gerade für aufstrebende Künstlerinnen und Künstler durchlässiger werden“, appelliert Jörg Heidemann an die RadiomacherInnen. Der Verband fordert die Rundfunkanstalten daher auf, sich auf ihren Auftrag zu besinnen und die öffentlichen Gelder zur Abbildung der Vielfalt einzusetzen.

17.05.2016

Radio-Tipp: Angela Frontera bei „Tonart Jazz“ Deutschland Radio Kultur 23.06.2015

In den 1940er Jahren begannen MusikerInnen damit, afrokubanische Musik zu „verjazzen“. Dabei wurde der melodische Teil eher im Standard, der rhythmische aber im kubanischen Sound gespielt. „Peanut Vendor“, produziert von Stan Kenton, war das erste Latin Jazz-Stück, das auf dem US-amerikanischen Markt herauskam. Sieben Jahre später spielte Dizzy Gillespie mit Machito und Chano Pozo in der Carnegie Hall und brachte somit eine ganz neue Musikrichtung an das Publikum. Bis heute erfreut sich der Latin-Jazz großer Beliebtheit und bringt immer wieder neue Musikerinnen und Musiker hervor. Manuela Krause stellt in der Sendung „Tonart Jazz“ am 24. Juni im Deutschlandradio Kultur aktuelle Latin Jazz Veröffentlichungen vor und präsentiert Musik u.a. von Angela Frontera, Marta Gomez, Marialy Pacheco, Pedro Giraudo Big Band, Sofia Rei, Dayme Arocena, Toco, Nina Miranda, Fabiano do Nascimento, Band of Inner Urge, Pedrapreta. Sendezeit: 1:05 – 5:00 Uhr

10.06.2015