„Die Lady sang den Blues“

Zum Tod der Frankfurter Musikerin Anne Bärenz

Drei Bühnenjahrzente Musik

„Aus Anne Bärenz hätte einfach auch nur eine gute Bluessängerin werden können. Oder eine Konzertpianistin und Klavierlehrerin. Doch das wäre ihr wohl zu wenig gewesen und so hat sie sich in drei Bühnenjahrzehnten zu einer der umtriebigsten und vielseitigsten Musikerinnen weithin entwickelt.

Als Sängerin im Frankfurter Kurorchester und später im Neuen Frankfurter Schulorchester war sie eine wohllaunige Entertainerin, die von einer schier unerschütterlichen Verve angetrieben wurde; mit leichter Hand gelang es ihr, Chansons von Georg Kreisler, die Lautpoesie Ernst Jandls und Hardrockkracher aus dem Repertoire von AC/DC unter einen Hut zu bringen.

Im Duo mit dem Cellisten Frank Wolff, ihrem langjährigen Lebenspartner, entwickelte sie seit ihrem Debüt Schubert doesn’t live here anymore im Dezember 1978 immer wieder kammermusikalisch angelegte Konzertcollagen, in denen sich die Wege der Hausgötter Franz Schubert und Tom Waits kreuzten. Mit Soloabenden trat sie nur selten in Erscheinung.

„Lady Sings The Blues“

lautete dann ihr von Billie Holiday entlehntes Motto. Dass Anne Bärenz öffentlich zu singen begonnen hat, ist dem Zufall zu danken. Bei einem Konzert in der Batschkapp mit einer frühen Besetzung des Frankfurter Kurorchesters war der Sänger kurzfristig ausgefallen. Allein mit klassischer Musik wäre das Programm vor einem Poppublikum schwerlich zu bestreiten gewesen. Also wagte sie sich an einen Song von Janis Joplin heran – und entdeckte ihr Vermögen als vollmundige Interpretin von Rock- und Bluestiteln, die fürderhin zu den viel bejohlten und beklatschten Zugnummern des Kurorchsters zählten und nicht unwesentlich zum Erfolg bei einem breiten Publikum beigetragen haben.

Das „Neue Frankfurter Schulorchester“ (v.l.n.r.): Sabine Fischmann, Ali Neander, Anne Bärenz, Markus Neumeyer und Frank Wolf

Das Klavier als Mutter der Musik, behutsamer Zugang zu Klassikern

Geboren wurde Anne Bärenz 1950 In Hainstadt bei Seligenstadt. Mit sieben Jahren bekam sie ihren ersten Klavierunterricht, an der Frankfurter Musikhochschule studierte sie Schulmusik, danach machte sie ihr Klavierdiplom. Doch im vergangenen Jahr, in der Wahrnehmung des Publikums war sie längst vor allem die Sängerin und Entertainerin, hat sie in einem Interview gesagt, das Klavier sei für sie „die Mutter aller Musik“.

„Crossover“, diese Formel ist schnell zur Hand, wenn sich Musiker zwischen Klassik und Pop bewegen. Scheinbar weit auseinander Liegendes zusammenzubringen, das ist Anne Bärenz im Duo mit Frank Wolff wie auch in den beiden größeren Ensembles stets mit viel Charme, einem verschmitzten Humor und einer explizit persönlichen Note gelungen. Natürlich ging es dabei auch um Unterhaltung, doch der Zugang zu Schubert, Satie, Webern, Weill & Co. ist immer ein zwar ganz gewiss nicht ehrfürchtiger, wohl aber behutsamer gewesen. Mit den ranschmeißerischen Crossover-Bemühungen internationaler Stars wie Nigel Kennedy oder dem Kronos Quartett hatte das nichts gemein.

Anne Bärenz, die außerhalb der Bühne einen breiten hessischen Dialekt sprach, darf man wohl ohne Gefahr einer unziemlichen Vereinnahmung eine bekennende Frankfurterin nennen. Gemeinsam mit Frank Wolff lieferte sie die geradezu kongeniale Begleitmusik zu Lesungen von Autoren der Neuen Frankfurter Satireschule wie F. W. Bernstein und Robert Gernhardt. Traumpass nennt sich der kritische Fanclub, in dem sich die Eintracht-Anhängerin engagiert hat.
Im Alter von 54 Jahren ist Anne Bärenz an Krebs gestorben. Es fällt noch schwer, das zu fassen.

Text: Stefan Michalzik – Quelle: FR v. 27.08.2005)
Wir danken Stefan Michalzik und der FR für die Nachdruckgenehmigung.

Link zu ihrer Agentur: www.tempi-kuenstler.de

Wir alle hier in der Redaktion und im Frauen Musik Büro trauern um eine Herzblutmusikerin, eine wundervolle Pianistin, Keyboarderin, Sängerin, Komponistin und Entertainerin.

31.08.2005