CANDY DULFER (NL)

"Saxy Lady"

Jazzmusikerinnen gibt es viele, richtig bekannt davon sind meistens aber eher die Sängerinnen. Gute Jazz-Instrumentalistinnen gibt es garantiert auch mehr als man vermuten wird, die instrumentelle Oberliga teilen sich nach wie vor aber Männer auf. Wenn man aber nach Instrumentalistinnen in dieser Oberliga fragt, also Erfolg, Bekanntheit und persönlichen Stil als Maßstab nimmt, kommt man an Candy Dulfer inzwischen nicht mehr vorbei. Die niederländische Saxophonistin kann es sich leisten, Maceo Parker als Gast mitspielen zu lassen und wurde schon für einen Grammy nominiert. Etliche Größen der Popmusik rufen sie immer wieder als Tourneebegleitung. Mit ihrem aktuellen Album „Right in my Soul“ hebt Candy Dulfer sogar noch dazu an, als Sängerin zusätzliche Erfolge einzuheimsen und bewegt sich gleichzeitig Richtung Club Jazz.

Dulfer hat zweifelsohne für eine Jazzmusikerin einen recht kommerziellen Weg gewählt. Ihre Musik ist eindeutig im Funk verhaftet und bewegt sich damit zwischen den Kategorien Jazz und Pop. Die Frage, ob eine bestimmte Musik mit erhöhtem Instrumental-Anteil schon Jazz ist oder aufgrund gleichzeitiger Tanzbarkeit noch Pop sei, interessiert diejenigen, die sie machen sowieso in der Regel kein bisschen. Ihre Grammy-Nominierung für „Saxuality“ bekam sie in der Kategorie „Adult Contemporary Music“ und vielleicht ist ihre Musik auch am ehesten so etwas. „Ich kümmere mich nicht um Kategorien“, meint Dulfer, „Ich passe sowieso nicht in sie hinein.“ Im Grunde verbreitert diese Einstellung aber die Auftragslage, denn von Van Morrison bis Pink Floyd spielte sie als Gastmusikerin auf vielen Tourneen von Rock- und Popstars. Voraussetzung ist ein erkennbarer Stil und den hat sich Candy Dulfer durchaus draufgeschafft. Ihr Saxophonspiel ist zwar an Vorbild Maceo Parker orientiert, doch ist sie durch gelegentlichen Einsatz von Dopplereffekten und einer stärkeren Melodiebetonung unter vielen Funksaxophonist(inn)en schnell heraus hörbar.

„Im Grunde entwickelt man seinen Stil durch Kopieren der Lieblingsspieler, dann scheitert man damit und genau diese Fehler, die dabei entstehen, prägen einen eigenen Stil.“

Zweifelsohne hat Candy Dulfer ein Aussehen, mit dem sie auch als Popdiva Karriere machen könnte und setzt ihr Sex-Appeal in Wortspielereien ihrer Album-Titel („Saxuality“) auch bewusst ein. Sie darauf zu reduzieren fällt angesichts ihrer Anerkennung als Saxophonistin jedoch schwer. Sie selbst erklärt ihren Erfolg so:

„Es ist ganz einfach. Du musst wahnsinnig gut spielen können, eine professionelle Einstellung haben, zeitgemäß und liebenswürdig sein und gut rüberkommen. Nur darauf kommt es an!“

Mit „professionell“ kann man auch Geschäftstüchtigkeit meinen, denn es geht die Mär, dass sie sich bei Prince vor einem Holland-Konzert beschwerte, dass er sie nicht als Opener genommen hätte und damit auch erhört wurde. Und zeitgemäß ist sie mit ihrem neuen Album „Right in my Soul“ auch. Programmierte Rhythmen und elektronische Sounds sowie Vokaleffekte ihrer Produzenten George Stewart und Jon Kingsley Hall dominieren die Musik,. Dazu gibt es eine Single-Auskopplung und einen drum’n’bass-Mix eines Titels. Candy Dulfer hat einen gut kalkulierten Schritt mit diesem Album unternommen. Der bisherige knallharte Funk ist am Anfang zurückgeschraubt zugunsten von Mid-Tempo-Stücken, die gut in diejenigen Loungebars und Jazzclubs passen, die eher den Zeitgeist-DJ als dem Enfant terrible-Musiker ein Zuhause bieten. Erst ab der Mitte des Albums wird es griffiger, man merkt die Zusammenarbeit mit Prince aus früheren Jahren. Dennoch gibt es keinen eigentlichen Stilbruch. Überraschend ist aber vor allem, dass Candy Dulfer bei vielen Titeln in der Art bekannter Soul-Diven singt und manche Nummer durchaus chartkompatibel wäre. Angeregt dazu hat sie Prince selbst:

„Letztes Jahr ging ich mit Prince auf Tournee und musste irgendwann die backing vocals zu „Purple Rain’ mitmachen. Ich dachte, das Ergebnis war grausam, aber Prince mochte es und ermutigte mich dadurch, öfter zu singen. Eigentlich liebe ich das auch. Als ich die Texte zu meinem Album schrieb, wurden diese so persönlich, dass es schon sehr seltsam gewesen wäre, sie von jemand anderem singen zu lassen. Letztlich gibt es zwar immer noch mehr Saxophonspiel als Gesang auf dem Album, aber irgendwie zieht Gesang eine größere Aufmerksamkeit an sich.“

Stark auf Studioarbeit basierende Produktionen können manchmal Probleme bei der Umsetzung der Musik in einen Bühnenkontext machen, doch Dulfer hat hier keine Bedenken.

„Ich sehe vielmehr, dass die einzelnen Musiker jetzt viel eher ihren eigenen Anteil für sich suchen müssen und dadurch Freiheiten gewinnen. Aber auf dem Album ist ja dennoch das meiste live eingespielt, nur die Drums sind programmiert. Es wirken zudem eine Menge Gastmusiker mit.“

Die 1969 in Amsterdam geborene Candy Dulfer

spielt schon seit dem sechsten Lebensjahr Saxophon. Ihr Vater förderte früh ihr Talent, spielte ihr Platten von Sonny Rollins vor und nahm sie bereits mit elf Jahren bei Aufnahmen als Begleitmusikerin dazu. Ein Jahr später spielte sie in der Band der in Holland lebenden Amerikanerin Rosa King. Als 14jährige gründete sie dann ihre erste Band „Funky Stuff“, die schnell Erfolge im Fernsehen verbuchen konnte. Bereits mit 18 spielte sie mit ihrer Band im Vorprogramm von Madonna. 1989 bekam sie dann einen Vertrag mit einem Multi.

Ihr darauf folgendes Debutalbum „Saxuality“ wurde ein unerwartet großer Erfolg, verkaufte sich über eine Million mal und verschaffte ihr Auftritte in den bekanntesten amerikanischen Talkshows. Obwohl „Saxuality“ ein eindeutiges Jazz-Album mit funkigem Alt-Saxophonspiel war, wurde es ein Renner in den gerade entstehenden Smooth Jazz-Radiostationen der USA. Es folgten weitere erfolgreiche, sehr funky gehaltenen Soloalben wie z. B. „Sax-a-Go-Go“, auf dem sie mit den Hornsections der J.B.s und Tower of Power zusammenspielte und Funk-Klassiker wie „Pick up the Pieces“ neu aufmöbelte.

Außerdem tauchte sie auf Live-Alben von Van Morrison, Prince und Maceo Parker auf, was ihrer Anerkennung nur gut tat und sie langsam in eine Position brachte, die in etwa ihr männlicher Kollege David Sanborn verkörpert.

„Zu der Zusammenarbeit mit Van Morrison kam es, als er mich einmal 1990 spielen sah und mich dann zu einigen Konzerten einlud. Seitdem habe ich immer wieder mit ihm zusammen gespielt, worauf ich sehr stolz bin. Er singt wunderschöne Lieder und es macht einfach Spaß mit ihm.“

Der beeindruckende Erfolg ihrer Karriere lässt den Verdacht entstehen, dass dies nicht zuletzt durch die sehr auf Erfolgsmuster der Popmusik bestehende Ausrichtung ihrer Musik gelingt. Schließlich trat sie schon in einem Prince-Video mit auf und hatte im Duo mit Dave Stewart von den Eurythmics mit „Lily was here“ 1990 gar einen Top Ten-Hit in England. Trotzdem gibt es auch ein ambitionierteres Projekt von ihr zu verzeichnen, das Duo-Album „Dulfer Dulfer“ mit ihrem Vater Hans Dulfer, einem in den Niederlanden anerkannten Saxophonisten, aus dem letzten Jahr. Vielleicht ein Dank an ihn, der früh genug ihr Talent in die richtigen Bahnen zu lenken wusste.

„Mein Vater kritisiert mich ab und zu, aber nur, wenn ich ihn darum frage. Er weiß, wie viel Kritik Musiker jeden Tag aushalten müssen und wenn er einmal etwas sagt, dann ist es meistens positiv, vor allem aber bedeutsam. Das ist etwas Spezielles bei ihm. So viele Eltern glauben, ihr Kind ständig kritisieren zu müssen, dabei brauchen sie eigentlich Ermutigungen.“

Akutelle News:

***Candy just joined Van Morrison for two shows in May in Germany. On May 18th Van Morrison will perform in Duisburg and on May 19th in Berlin.

***Candy will join the All Star Smooth Jazz Cruise in early 2007. This luxury cruise includes performances by Down to the Bone, Eric Darius, Maysa, Gerald Veasley, Paul Taylor and many others. The cruise (January 28 to February 4, 2007) departs from Galveston Island (TX) in the USA and will visit Montego Bay in Jamaica, Grand Cayman on the Cayman Islands and Mexico.

Discographie

Aktuelle CD: Candy Dulfer Live at Montreux 2002 (CD & DVD), 2005 Eagle Records

Auswahl-Discographie:

Candy Dulfer“Right in my Soul“ (Eagle Records) 2003

Candy DulferLive in Amsterdam

(CD & DVD)2001BMG

Candy DulferGirls night out1999BMG

Candy DulferThe best of Candy Dulfer1998BMG

Candy DulferFor the love of you1997BMG

Candy DulferBig girl1995BMG

Candy DulferSax-a-go-go1993BMG

Candy DulferSaxuality1990BMG

www.candydulfer.nl
Autor: Hans Jürgen-Lenhart

29.07.2006