Blues Caravan 2020 @ Hirsch/Nürnberg 18.02.2020

mit Whitney Shay (voc) & Amanda Dal (dr)

Wer ein Blueskonzert besucht, erwartet  in der Regel nicht die Neuerfindung des Rades. Vielmehr erfreut man sich an der jeweils ganz persönlichen Spielart der immer gleichen Akkordfolge, an der diesem Musikstil eigenen Emotionalität und, ja, Authentizität, am gekonnten Zusammenspiel und feinen Soli. All das war wieder einmal zu erleben bei der Blueskarawane, die Thomas Ruf dankenswerter Weise alljährlich durch halb Europa schickt und die mit jungen Interpret*innen immer wieder zeigt, wie frisch und jung das alte Genre daherkommen kann.  Diesmal liegt die Frontlinie fest in US-amerikanischer Hand: an den Gitarren von Ryan Perry und Jeremiah Johnson und am fulminanten Gesang Whitney Shay aus San Diego.

Zum Auftakt das Motto „Let’s Work Together“ – eine Arbeit, die den Beteiligten und dem Publikum sichtlich Spaß bereitet. Perry aus Mississippi macht den Anfang mit markant-tiefer Stimme, die auch ohne Mikrofon gut zu hören ist, und mit interessanter Gitarrenarbeit. „High Risk, Low Reward“ heißt einer seiner Songs – das kann manche*r Musikschaffende bestätigen… Nach sieben Songs, unterstützt von dem bewährten Bassisten Roger Innis und der schwedischen Drummerin Amanda Dal, betritt Mrs. Shay die Bühne – und es wirkt, als sei das Licht auf einmal viel heller geworden: Wahnsinns-Röhre, dazu eine schier unglaubliche Energie, sympathische Ausstrahlung, und, das muss man sagen: extrem sexy Outfit. Und was man auch sagen muss: Das Publikum an diesem Abend, zu 2/3 männlich und 50 plus, kommt nie auf die Idee, diesen Umstand in irgendeiner ungebührlichen Weise zu kommentieren – Applaus gibt’s reichlich, aber für die Leistung! Und die zahlreichen jungen Frauen genießen die Show genauso.

Das ist auch nicht schwer: Die Songs glänzen durch Power, Eingängigkeit und immer wieder völlig überraschende Gimmicks im Arrangement, die mit traumwandlerischer Sicherheit funktionieren. Wie lang hatten die Musiker eigentlich Zeit zum Proben? Oder verfügen sie über telepathische Kräfte? So eine Perfektion  hab ich schon lang nicht mehr gehört! Zwischen Bass und Drums passt kein Blatt Papier, und Whitney Shay singt mit Inbrunst und Akkuratesse, obwohl sie über die Bühne fegt wie ein Springteufelchen. „A Woman Rules The World“ heißt einer ihrer Songs; man glaubt es, wenn man sie erlebt. Wow! Nach der Pause geht es erstmal gemächlicher weiter; Jeremiah Johnson mit ruhigen, gefühlvollen Südstaaten-Balladen, garniert mit fingerflinken Gitarrensoli. Und zum Schluss noch mal alle zusammen nach dem bewährten Caravan-Rezept. Der Riesen-Applaus bringt natürlich Zugaben, als letzte das funky „Standing On Shaky Ground“. Nein, auf wackligem Boden steht der Blues wahrlich nicht – mit solchen jungen, enthusiastischen, spielfreudigen und perfekten Künstler*innen!

Weitere Livetermine: 23.02. Kassel, Theaterstübchen, 29.02. Offenburg, Reithalle im Kulturforum

(Titelbild: Fee Kuhn, Bandfoto: Fräulein Fotograf)

Autorin: Fee Kuhn

25.02.2020