Bewusste Babypause

Backstage Mom #2: FEE.

Wie gelingt der Spagat zwischen kreativen Schaffensphasen, Proben, Konzerten, Unterricht und Studio auf der einen Seite und der Familiengründung auf der anderen? Lässt sich ein Familienleben gut mit dem Leben als Profimusiker*in vereinbaren? In unserer Interviewreihe „Backstage Mom“ lassen uns Musikerinnen mit Kindern an ihrem Alltag teilhaben. In der zweiten Folge berichtet die Singer-/Songwriterin FEE. aus Frankfurt von ihren Erfahrungen.

Ihre Songs sind „ungestüme Oden ans Leben, skurrile Beobachtungen, Selbstironie, vertraute Schwesternhaftigkeit. Alles geht, was von Herzen kommt. Laut, leise, inbrünstig, intim“ (Pressetext). Die Frankfurter Singer/Songwriterin FEE. hat schon vieles durchlaufen, was eine Singer-/Songwriter-Karriere hergibt: von der Straßenmusik über kleine Wohnzimmer-Konzerte bis zu großen Bühnen (z.B. Burg Herzberg Festival) und Support-Shows (Alin Coen, Katie Melua). 2019 wurde sie für ihre „unangepasste Musik“ mit dem renommierten Udo Lindenberg-Preis geehrt. Ihre Songs bringt sie jedoch nicht nur live zu Gehör; neben ihrer Debüt-EP gibt es bereits zwei Studioalben („Ein Zimmer Küche Bad“, „Nachtluft“) und ein Live-Album mit der hr-Bigband. 2024 hat sie mit ihrer neuen EP „Zwei Jahre“ (2024) ein neues Kapitel aufgeschlagen: darin arbeitet sie erstmals mit dem Filmmusik-Komponisten Ralf Hildenbeutel zusammen und vereint neo-klassisches Klavier mit eher nachdenklichen, melancholischen Texten. Auch in ihrem Privatleben hat sich ein neues Kapitel aufgetan: FEE. ist Mama geworden. Auf ihrer Insta-Seite lässt sie ihre Fans daran teilhaben, wie sie versucht, Musik & Kind unter einen Hut zu bringen.

 

Du bist seit einiger Zeit Mama und warst auf Deiner letzten Tour mit Deinem Kind unterwegs. Wie ist es Euch ergangen?

Es hat ziemlich gut geklappt, da wir genügend Leute waren, die sich um’s Kind kümmern konnten. Und es war toll, dass es mir somit möglich war, wieder auf die Bühne zu kehren. Die Fahrten waren etwas anstrengend, da mussten wir mehr Zeit einplanen und das frühe geweckt werden hatte ich auch nicht so richtig mit einkalkuliert, aber ansonsten hat alles wunderbar geklappt! Während ich auf der Bühne war, hat mein Kind meistens bei seinem Papa in der Trage geschlafen und es war schön, nach dem Konzert mein Kind bei mir zu haben.

 

Würdest Du es wieder machen oder lieber eine längere Auszeit in Kauf nehmen?

Das kommt immer ganz auf die Gesamtsituation und natürlich auf das Kind an. Ich habe ein sehr entspanntes tourfreundliches Baby, aber das hätte ja auch anders sein können. Unter diesen Umständen würde ich es auf jeden Fall wieder so machen.

 

In der Regel arbeiten Schwangere in den letzten Wochen vor der Geburt nicht mehr und gehen in den Mutterschutz. Viele Musikerinnen* können sich das gar nicht leisten oder fühlen sich so fit, dass sie weiter auf der Bühne stehen. Wie ist das bei Dir?

Ich habe mich bewusst für eine Babypause entschieden, die ich im letzten Drittel meiner Schwangerschaft begonnen habe. Ich wollte mich auf das neue Leben einstellen und mir und meinem Baby Zeit und Ruhe gönnen, um uns aufeinander und die neue Situation einzustellen. Ich finde es aber auch nachvollziehbar, wenn andere Schwangere das anders machen wollen oder müssen. Als freischaffende Musikerin bekommt man ja auch Mutterschutzgeld, Kinder- und Elterngeld, so wie in einem Angestelltenverhältnis auch. Aber hier ist bei Selbstständigen natürlich etwas komplexere Planung nötig.

 

Ist der Beruf als selbstständige Musikerin manchmal auch ein Vorteil, wenn Frau eine Familie gründen will? Stichwort Kinderbetreuung: viele Kitas haben zu, wenn Musikerinnen* arbeiten, nämlich abends und am Wochenende. Wie hast Du das geregelt?

Ja, ich habe schon öfter den Wunsch gehabt, dass es nachmittags/abends Kitas gibt für alle, die eher in der zweiten Tageshälfte arbeiten. Wenn ich Konzerte spiele, nehme ich mein Kind und eine Bezugsperson manchmal mit oder der Papa ist mit ihm zuhause. Aber es ist eine wesentlich erschwerte Terminkoordination, als es früher war. Aber ich kann ja als Elternteil nicht davon ausgehen, dass man alles genauso machen kann wie vor der Elternschaft.


„Ich finde es richtig und wichtig, dass ich mein Leben umgestalte und
mein Kind seinen Platz darin haben darf.“


Wo sind die kritischen Knackpunkte, wo es schwierig wird? Was braucht es, um den Spagat gut hinzukriegen? Was müsste sich verändern? Was musstest Du an Deiner Lebens- und Arbeitsweise ändern, um alles unter einen Hut zu bekommen?

Ab einem gewissen Punkt braucht es natürlich Unterstützung von anderen – sei es ein Krabbelstuben-/Kitaplatz, Betreuung durch andere, dem Kind vertraute Personen, damit ich meine Sachen irgendwie geregelt bekomme. Ich möchte meinem Kind auch vermitteln, dass ich nicht nur Mama bin, sondern eben auch viel mehr und dass ich die Dinge, zwar etwas anders als früher, auch weiterhin mache. 


„Schwierig wird es, wenn man ständig selber krank ist oder ein krankes Kind zuhause hat. Denn Konzerte oder Studiosessions abzusagen ist natürlich mit viel Kosten, Koordination und Frust verbunden.“ 


Ich finde es auch schwer, meine eigene Energie und Gesundheit immer mit im Blick zu haben, nach dem sich um alles gekümmert ist. Man bleibt anfangs manchmal sehr auf der Strecke.

 

Wie sind Deine Pläne für die nahe Zukunft?

Ich möchte neue Musik schreiben und veröffentlichen. Ich bin gerade dabei zu lernen, wie es ist, kreativ zu arbeiten, Songs zu schreiben, ohne dass einen gerade die Muse küsst. Nämlich in den Zeitfenstern, in denen ich mein Kind gerade nicht um mich habe. Wobei ich auch schon Songs im Kopf geschrieben habe, während ich mein Kind schlafen gelegt habe. Dann gehe ich einen Text so lange im Kopf durch, bis ich ihn auswendig kann und wenn mein Kind dann schläft, stehe ich auf, schreibe ich ihn auf, nehme ihn vielleicht auch auf. Je nachdem, wie viel Energie noch da ist. Es ist verrückt, wie anders Kreativität jetzt bei mir zum Ausdruck kommt, aber irgendein Ventil sucht sie sich anscheinend immer.

 

Gibt es Tipps & Tricks, die Du weitergeben möchtest?

Nicht so viel Druck ausüben. Es ist und bleibt immer ein Spagat und oft hat man als Elternteil das Gefühl, keiner Sache so richtig gerecht werden zu können. Das ist normal. Zu allem, was man vor der Elternschaft gemacht hat, kommt nun eben eine sehr große, wichtige und auch zeitaufwendige Aufgabe dazu, nämlich ein Kind großzuziehen mit allem, was eben dazu gehört. Ich finde es wichtig, sich und die Dinge, die man schafft, anzuerkennen und nicht für selbstverständlich anzusehen. Bleibt bei euch, denn euer Kind ist ja Teil eurer Welt und nicht Teil einer perfekten Welt. Und was noch hilft, ist der Austausch mit Gleichgesinnten. Man fühlt sich verstanden und gesehen und merkt, dass man mit dem Spagat nicht alleine ist.

Wir danken Dir, liebe FEE., für das Gespräch!

 

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Titelbild & Livefoto: Christoph Seubert

22.05.2025