Was sie macht, hat schon immer „Hand und Fuß“, schon im Kindesalter zeichnet sich eine spätere musikalische Karriere ab. Die Kölnerin,  die 1990 in eine Musikerfamilie hineingeboren wird, lernt zuerst Geige und erreicht bereits mit 9 Jahren den 1. Platz bei Jugend Musiziert. Doch damit nicht genug, sie komponiert auch und gewinnt als 10-Jährige mehrfach bei Kompositionswettbewerben mit eigenen Kompositionen für Streichquartett und Klavier. Mit 12 gründet sie mit ihrer älteren Schwester Jo und zwei weiteren Musikerinnen die Rockband The Black Sheep, mit der sie 2006 den silbernen Bravo-Otto als Deutschlands beste Schülerband gewinnt, zwei Platten veröffentlicht und als Supportact für Sunrise Avenue, Social Distortion, Silbermond und In Extremo auftritt. Mit ihrem Jazzduo Cold Fusion heimst sie nicht nur Jugend Jazzt, sondern auch den WDR Jazzpreis 2005 ein und spielt als Support für John Scofield. Wohl gemerkt, da war sie 15.

Live MTV Unplugged mit Peter Maffay in Köln 2018 (Foto: Laura Besch)

Daneben wird sie auch als Sidewoman aktiv. 2012 wird sie Teil des Peter Maffay-Teams und steht als Sängerin, Tänzerin, Schauspielerin (seit 2016 als Musicalcharakter Schnecke bei Tabaluga) und Moderatorin bis heute auf unzähligen Livebühnen. 2013 beginnt sie als Schlagzeugerin in der Show-Band von Carolin Kebekus („Pussy Terror TV“). Im September diesen Jahres geht sie als Backgroundsängerin und Percussionistin mit Sasha auf Tour.

Auch in Sachen Songwriting und Produktion macht sie keine halben Sachen. Nach und nach vergrößert sie ihr Tonstudio und widmet sich der Produktion von Soundtracks für Kinofilme und TV-Serien. Um auch das noch zu perfektionieren, gründet sie 2014 ihre Sounddesign-Firma Ohrenkunst, mit der sie bereits für H.B.O. (Game Of Thrones), u.v.a. Sounds produziert hat (für Google bespielte sie gar den Times Square in New York mit eigener Musik und Sounds für ein Interactive-Live-Game).

Aktuell ist sie mit der Band Rockemarieche als Schlagzeugerin unterwegs, mit der sie seit 2014 mit Rockabilly auf Kölsch diverse Kölner Karnevalssitzungen aufmischt. Beim aktuellen Duoprojekt Roads&Shoes ihrer Schwester Jo Eicker, die in Kürze ihr Debüt veröffentlichen, fungiert sie als Schlagzeugerin und Produzentin. Doch jetzt stellt sie sich einer neuen Herausforderung: ihrem Solo-Debüt. In ihren ersten beiden Veröffentlichungen „Complicated Life“ und „The Time“ hat sie Texte & Musik geschrieben, gesungen, alle Instrumente eingespielt und schließlich noch selbst aufgenommen und produziert. Warum sie sich diesen Traum erfüllt hat, erzählt sie uns im ausführlichen MELODIVA-Interview.

Wenn ich mir Deine Biografie so anschaue, kann ich mir unmöglich vorstellen, dass Du eine Normalsterbliche mit 24 Stunden-Tag bist… bist Du ein Workaholic oder wird Dir einfach schnell langweilig?

Letztendlich beides. Die „Workaholic“-Tendenz hat sich dadurch ergeben, dass ich meinen Job liebe und darum nie aufhören kann, aber auch merke, dass viel Arbeit sich auch lohnt. Und so lange mein Körper da mitmacht, nutze ich es gerne aus, viele Sachen auf einmal zu machen.

Du hast das „Handwerk“ mit all seinen Facetten kennengelernt und im Musikbusiness bereits die verschiedensten Perspektiven eingenommen: als Frontfrau im Rampenlicht, als Musikerin im Hintergrund, als Produzentin am Mischpult, als Songwriterin im stillen Kämmerlein, als Endorserin auf Messen. War das Zufall oder absichtlicher Plan?

Es war nicht unbedingt ein fixer Plan. Gewisse Dinge im Leben kann man ja auch nicht steuern. Ich habe aber schon immer die Abwechslung und Kontraste im Leben geliebt. Als Kind hatte ich z.B. Ballett, Kampfsport, Geigenunterricht und `ne Metalband zur gleichen Zeit. Glücklicherweise haben mich meine Eltern in dem Glauben, alles zu schaffen und alles machen zu können, nie gebremst, darum hat sich bis heute einfach nichts geändert ;-).

Foto: Felix Mayr

Was machst Du am allerallerliebsten?

Haha, das ist eine sehr gute Frage. Wenn ich das wüsste, hätte ich mich wahrscheinlich schon längst für eine Sache entschieden und würde meine volle Konzentration darauf lenken. Aber irgendwie reizt mich diese Mischung aus allem, so lange ich jede Sache für sich vernünftig mit voller Hingabe ausführen kann. Aktuell brenn ich aber natürlich am meisten dafür, mich wieder meiner Musik zu widmen und die Songs aus dem „Kämmerlein“ mit Band auf große Bühnen zu bringen!

Was waren bisher für Dich die wertvollsten Erfahrungen, die Dich als Musikerin weitergebracht haben?

Ich glaube, das ist wirklich die Zeit mit meiner eigenen Band „The Black Sheep“ gewesen. Da hat man wirklich alles gelernt: was es heißt, ein Projekt aufzubauen, Tag und Nacht dafür zu kämpfen, hinzufallen, aufzustehen, alles selber zu organisieren, im Schlafsack backstage zu übernachten, mit Plattenfirmen zu arbeiten, die ersten Kompromisse einzugehen oder eben auch nicht.

Ich bin für diese Zeit sehr sehr dankbar, vor allem, weil ich nun z.B. mit Peter Maffay eine ganz andere Art zu arbeiten und reisen kennengelernt habe. Wenn ich nun in einem 5 Sterne-Hotel einchecke, wenn für alles gesorgt ist und mir Techniker meine Instrumente einpacken, weiß ich, dass das nicht der „Normalfall“ ist. Am nächsten Tag spiele ich ja vielleicht wieder `nen Gig im kleinsten Club Kölns. Ich glaube, deshalb weiß ich beide Seiten einfach sehr zu schätzen.

Live mit Peter Maffay 2015 (Foto: Candy/RedRooster)

Als Bandmusikerin/Sidewoman hast Du in den letzten Jahren viele Erfahrungen gemacht. Wie fühlt sich das jetzt an, Deine eigene Solokarriere zu verfolgen?

Man hat auf der Bühne tatsächlich eine ganz andere Funktion und Verantwortung und somit ein ganz anderes Gefühl, wenn man vorne steht und sein „eigenes Ding“ macht. Bei Peter Maffay z.B. kommt man auf die Bühne gestürmt, sieht 20.000 jubelnde Menschen, und klar, dieses wahnsinnige Gefühl schwindet wahrscheinlich nie. Aber aufgeregt oder nervös bin ich da tatsächlich leider nicht mehr. Wenn ich aber mit meinen eigenen Songs auf der Bühne stehe, vor vielleicht nur 50 Leuten, kann die Aufregung und dieses Gänsehaut-Gefühl noch 10 mal stärker sein. Das ist immer wieder faszinierend.

Gab es eine Initialzündung, bei der Du gedacht hast „Jetzt oder nie?“ Du hast Dir ja eine Auszeit genommen, um Deinen Ideen nachzugehen…

Es war leider nie wirklich eine bewusste Auszeit. Die Ideen und die Motivation eigene Musik zu machen musste ich aus zeittechnischen Gründen, eben aufgrund der anderen Projekte, die letzten Jahre sehr unterdrücken. Ich merkte aber einfach, dass mir das, was ich mache, nicht ausreicht und mir der kreative Output ungemein fehlt.

Zusätzlich habe ich mich mit vielen anderen Musikern unterhalten, die mich alle vor dem „Gebuchten-Musiker-Dasein“ bzw. auch dem „Backgroundsänger-Syndrom“ gewarnt haben. Die Zeit vergeht manchmal so schnell und irgendwann sei „der Zug abgefahren“ und somit sei es auch zu spät, eine eigene Karriere aufzubauen. Ich bin zwar der Ansicht, dass man alles schaffen kann, egal zu welchen Zeitpunkt, wenn man hart genug arbeitet. Aber trotzdem hatte ich Angst vor diesem Zustand, darum musste ich 2017 einfach loslegen!

Foto: Felix Mayr

Du hast kürzlich den Song „Complicated life“ aufgenommen, in dem Du sinnierst, ob Dein Weg der richtige ist und ob es wirklich das ist, was Du willst. Auch „The Time“, der zweite Song, den Du auf Deiner Homepage veröffentlicht hast, beschreibt ein Innehalten, eine Rückschau. Was ist das für eine Art Lebensgefühl, das Du da ansprichst?

Es ist definitiv schon eine Art Zurückschauen auf das, was passiert ist. Mit 15 Jahren hätte ich beide Texte definitiv nicht schreiben können. Auch wenn ich mich nun genauso anhöre, wie andere Menschen, die mir früher Tipps geben wollten als ich 15 war ;-). Beide Songs thematisieren letztendlich genau das, um was ich mir aktuell Gedanken mache. Bei „Complicated Life“ geht es um den Schritt sich selbst zu verwirklichen. Es  erfordert so viel Kraft und da fragt man sich natürlich, ob es nicht auch einen leichteren Weg geben würde. Natürlich gibt es ihn, aber leichter heißt ja auch nicht unbedingt „besser“. Im Song singe ich dann darüber, dass dieser „leichte“ Weg ja eigentlich viel zu langweilig wär.

Und bei „The Time“ singe ich über die Dinge im Leben, die die Zeit so wertvoll machen. Es ist viel passiert, ich habe einiges gelernt, einiges – weiß ich – werde ich nie lernen. Ich habe aber auch z.B. einen sehr wichtigen Menschen in meinem Leben verloren. Das hat mich so aus meinem Leben rausgerissen, dass ich richtig wach gerüttelt worden bin, das eben nichts für immer ist. Es kann gut sein, dass das auch ein wichtiger Auslöser war, nun keinen Tag länger zu warten, das zu machen, was ich eigentlich immer machen wollte.

Du hast darauf alles selbst eingespielt, von Gitarre und Bass bis Geige und Schlagzeug; Deine „one-woman-band“ ist eindrücklich im Video zu sehen. Wird das Deine Arbeitsweise bei Deinem Debüt werden oder hast Du vor, Deine Songideen mit weiteren MusikerInnen einzuspielen und auf die Bühne zu bringen?

Wir haben bereits schon einige Konzerte in voller Bandbesetzung gespielt. Live ist das für mich alleine kaum umsetzbar. Aber es war auch nie ein Ziel von mir, da es einfach viel zu schön ist mit Anderen zu musizieren. Aber für mein Debüt Album spiele ich schon mit dem Gedanken, alles oder eben das meiste einzuspielen. Das würde mich ja schon sehr reizen!

Ist schon ein Album-Release in Vorbereitung? Wenn ja, wann?

Mein Wunsch ist es, dass ich Anfang 2019 mit den Songs raus möchte. Bis dahin gönne ich mir noch diverse musikalische Experimente und habe ja glücklicherweise auch keinen Druck von außen.

Charly Klauser (links) mit The Black Sheep 2010

Jetzt bin ich aber nochmal neugierig, was Deinen Lebenslauf betrifft: mit Deiner Jazzband Cold Fusion und der Rockband The Black Sheep hattest Du bereits als Teenie große Erfolge. Wie kam es, dass Ihr als Band nicht zusammen geblieben seid? Ein normales „Auseinderanderdriften“ im Jugendalter?

Oh, das ist eine lange Geschichte. Da führte irgendwann eins zum anderen. Es war aber definitiv kein jugendliches „Auseinanderdriften“. Dafür waren beide Projekte für mich schon viel zu wichtig und vielversprechend. Bei „The Black Sheep“ war es vielmehr die Ausdauer und die Kompromisse, die man immer wieder eingegangen ist und gemerkt hat, dass es zum Ende hin nicht mehr das war, warum man die Band gegründet hat. Wir hatten schon mit so vielen Leuten zusammengearbeitet, hatten Tausende von Meinungen im Kopf, wie was klingen sollte, dass meine Schwester und ich einen Cut setzen mussten, um wieder Kraft zu schöpfen und zu dem zurückzukehren, was wir eigentlich machen wollten.

Wie war das damals für Euch, so früh bekannt zu sein und vor Tausenden von Menschen zu spielen? Ist es schwierig, da auf dem Boden zu bleiben?

Ich glaube, dass es für Bands oder Künstler schwierig ist, wenn man über Nacht plötzlich berühmt wird. Da verliert man wahrscheinlich schnell den Hang zur Realität und sieht nicht, wie der Werdegang sich „normalerweise“ entwickelt. Bei uns hat es sich ja stetig ergeben und letztendlich blieb ja der „große Durchbruch“ bisher noch aus ;-).

Hast Du eigentlich Musik studiert oder bist Du Autodidaktin?

Ich wurde in eine Musikerfamilie reingeboren. Meine Mutter ist Pianistin und mein Vater spielt auch einige Instrumente. Somit konnten meine Schwester und ich sehr früh anfangen zu musizieren und haben auf diversen Instrumenten auch Jahre lang Unterricht genossen. Ich wollte eigentlich immer Jazz-Klavier und Schlagzeug studieren, dann kam aber der Plattenvertrag mit The Black Sheep „dazwischen“ und ich habe es mir bis heute noch offen gelassen, das Studium irgendwann nachzuholen. Aber vielleicht wird das auch nie passieren ;-).

Was sind für Dich die wichtigsten Dinge, die frau als Musikerin beachten sollte? Irgendeine Art von Geheimrezept, das Du an junge Musikerinnen weitergeben willst?

Wenn du mich speziell fragst, was „frau“ beachten sollte, habe ich immer versucht keine Unterschiede zwischen Musiker und Musikerin zu sehen und es wäre so schön, wenn das überall angekommen wäre… Es kommt letztendlich auf das Gefühl bei der Musik an und ob mich etwas berührt oder nicht. Da spielt so etwas Unwichtiges keine Rolle.

Man braucht aber doch eventuell ein bisschen mehr Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein, wenn man in dieser Männer-Domäne ernst genommen werden möchte. Ursprünglich dachte ich, es läge am jungen Alter, dass man gewisse Vorurteile zu spüren bekommt, aber es hat sich teils bis heute nicht geändert. Somit muss man damit lernen umzugehen und ich finde es ist unsere Aufgabe, die Menschen von den fürchterlichen Vorurteilen, dass Frauen nicht auch gute, professionelle Musiker mit Schmackes sein können, zu befreien.

Termine:
10.05.18 Rockemarieche – Köln @ Porzer Inselfest
12.05.18 Pussy Terror TV (WDR), BEST OF 2017
17.05.18 Pussy Terror TV (Das Erste), Folge 18
19.05.18 Sasha – Kelheim @ Bayern 1 Festival
20.05.18 Charly Klauser – Siegen @ KulturPur Festival, Kleines Zelttheater
24.05.18 Pussy Terror TV (Das Erste), Folge 19
27.05.-01.06.18 Peter Maffays Rock’n’Sail Tour, Queen Mary

Weitere Termine & Infos auf http://charlotteklauser.de

(Titelbild: Felix Mayr)