Alarmstufe Rot Demo Berlin (Foto: Radio WAF)

Seit dem Ende des vollständigen Veranstaltungsverbots am 30. Juni sind zweieinhalb Monate vergangen. Veranstaltungsorte, die die strengen Hygiene- und Abstandsauflagen gewährleisten können, haben den Vorstellungsbetrieb auf Sparflamme wieder aufgenommen und auch große Spielorte wie Theater und Opernhäuser öffnen spätestens mit dem Beginn der neuen Saison unter umfassenden Sicherheitsmaßnahmen wieder ihre Pforten. Es könnte der Eindruck entstehen, dass der Veranstaltungssektor allmählich auf dem Weg zur Normalität sei.
Dass die Realität davon nicht weiter entfernt sein könnte, darauf machte am 9. September das Aktionsbündnis #Alarmstufe Rot mit einer Großdemonstration zum Regierungsviertel in Berlin aufmerksam. 15.000 Teilnehmer, unter ihnen prominente Redner wie Herbert Grönemeyer, hatten vor allem vor dem drohenden wirtschaftlichen Ruin der Branche gewarnt. Dass hinter den beeindruckenden Zahlen, die das Bündnis auf seiner Website www.alarmstuferot.org veröffentlicht – es handele sich immerhin um den sechstgrößten Wirtschaftssektor mit 130 Milliarden Euro Umsatz und über einer Million Beschäftigter – unzählige persönliche Existenzkrisen stehen, lässt sich leicht erahnen.
Eine in mehrfacher Hinsicht Betroffene ist die Musikerin und Konzertagenturbetreiberin Gudrun Walther. Seit 17 Jahren tourt sie mit ihrer Irish Folk-Band Cara durch Deutschland, Europa und die USA und hat sich mit ihrem fünfköpfigen Ensemble nicht nur einen exzellenten Ruf in der internationalen Szene erspielt, sondern das Projekt auch auf eine solide finanzielle Basis gestellt. Daneben betreibt sie seit zwei Jahrzehnten eine Konzertagentur für Folkmusik. Für gut 15 Bands mit über hundert Gigs jährlich zeichnet die Agentur verantwortlich. Eine gut funktionierende Struktur zwischen Agenturaufgaben im Konzertbüro und eigener künstlerischer Arbeit im Studio, auf der Bühne und im Proberaum hat sich Gudrun Walther mit den Jahren geschaffen, die ihr eine verlässliche Existenz gesichert hat.

Booking wird zur Absagenverwaltung

Seit dem 11. März diesen Jahres ist nichts mehr, wie es war. Das war der Tag, an dem die Corona-Epidemie zur Pandemie erklärt wurde und von dem an das Telefon mit Absagen für Walthers Band und die von ihr vermittelten Ensembles nicht mehr stillstand. „Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen“, sagt Gudrun Walther. „Bis zu diesem Zeitpunkt lief alles super, der Konzertkalender war voll, wir waren gut gebucht und haben zuverlässig verdient. Wir hatten jede Menge Pläne, die plötzlich mit einem Schlag hinfällig waren.“ 44 Gigs hat ihre eigene Band durch die Absagenwelle bislang verloren, 27 Gigs der von ihr gebuchten Bands wurden in den letzten Monaten gecancelt. Dank einiger krisenfester, kreativer Veranstalter*innen und dem vom Land Baden-Württemberg geförderten Programm „Kultur Sommer 2020“ kamen im Sommer für Cara und einige der vermittelten Bands wenigstens einzelne kleinere Open Air-Gigs hinzu, die jedoch den Verlust teilweise ganzer Tourneen nicht auffangen konnten.
Die Open Air-Saison, die mit den wenigen Ersatzgigs dem Alltag wieder so etwas wie Normalität verliehen hat, liegt nun hinter ihnen, ihr jetziger Alltag, so Walther, sehe anders aus. Statt, wie sonst im September üblich, in die Zukunft zu planen und Programme für das Folgejahr festzuzurren, verwaltet Gudrun Walther nun Absagen. Diese betreffen die bislang noch stehenden Herbsttourneen und bereits die ersten Frühjahrstermine 2021. Unabhängigen Veranstalter*innen, die zu hundert Prozent auf Eintrittsgelder angewiesen sind, ist durch die Einbußen aufgrund der Abstandsregeln der Konzertbetrieb teilweise unmöglich gemacht worden. Zwar seien für diese Betriebe nun Fördergelder in Aussicht gestellt, deren Beantragung jedoch kompliziert sei, da nicht jeder Veranstalter die dafür geforderten Voraussetzungen erfülle. Auch viele engagierte ehrenamtliche Kulturinitiativen können das Ausrichten von Konzerten nicht verantworten, wenn ein zu großer Anteil der aktiven Helfer*innen der Risikogruppe angehören.
Die dritte Gruppe sind die städtischen Veranstalter wie Kulturämter. Diese können weiter Konzerte ausrichten, da sie nicht unbedingt darauf angewiesen sind, schwarze Zahlen zu schreiben. „Dies führt dazu, dass Tourneepläne, die ursprünglich chronologisch und geografisch effektiv gebucht waren, mittlerweile vollkommen zerschossen sind“, so Walther. „Bei einer Absagenquote von 50 Prozent sind manche Tourneen vor allem für Künstler aus dem Ausland wirtschaftlich nicht mehr haltbar, da die Hotelkosten für die zahlreichen entstandenen Lückentage in keinem Verhältnis mehr zu den Gagen für die verbleibenden Gigs stehen – eine perfide Situation, wenn man dann als Agentur selbst die wenigen noch verbleibenden Konzerte absagen muss.“ Für die abgesagten Termine versuche sie dann Ersatzkünstler*innen zu schicken.

Konzerte hinter Plexiglas und vor fast leeren „ausverkauften“ Sälen

Für dieses unbezahlte Krisenmanagement rotiert Gudrun Walther nun seit mehreren Monaten, teilweise bis zur Erschöpfung. Jetzt vermelden die ersten Festivals für den Sommer 2021, dass sie womöglich nicht stattfinden können. Und auch der derzeitige Touralltag ist alles andere als alltäglich. Da wird so mancher Gig in skurriler Erinnerung bleiben. So fuhr die in Baden-Württemberg lebende Musikerin 900 km für ein Konzert mit ihrer Band auf der Insel Föhr, um dann dort vor „ausverkauftem Haus“, sprich in diesem Fall 35 Zuhörer*innen, aufzutreten. Der Auftritt am Folgetag in Neumünster musste hingegen hinter einer Plexiglasscheibe stattfinden, da der Veranstalter die geforderten sechs Meter Abstand zwischen Bühne und Publikum nicht gewährleisten konnte. „Das war ein wenig wie Spielen im Terrarium“, sagt Gudrun Walther, die versucht, ihren Humor zu bewahren, „aber was tut man nicht alles, um auftreten zu dürfen.“

Eigeninitiiertes Onlinefestival „Sang und Klang“ sammelte 30.000 Euro für die freie Musikszene

Unermüdlich und mit kreativen Konzepten versuchen ehrenamtliche Veranstalter*innen, die Livemusik am Leben zu halten. Und auch Gudrun Walther hat mit einigen Musikerkolleg*inen ein solches Projekt buchstäblich aus dem Boden gestampft. Im Juni reifte die Idee, ein Onlinefestival für Folkmusik und Singer-Songwriter*innen aus Deutschland zu veranstalten. Dabei sollten Spenden generiert werden für die teilnehmenden Musiker*innen und drei große Künstlernothilfeorganisationen. Fünf Wochen verblieben dem Team für Namensfindung, inhaltliches Konzept, Kuratieren des Line-ups, Verpflichtung der Künstler*innen, die sämtlich ihre exklusiv produzierten Konzertmitschnitte kostenfrei zur Verfügung stellten, Filmschnitt und technische Realisation, Erstellen von Website und Social Media-Kanälen und Bewerbung des gänzlich unbekannten Formats, ehe am 11. Juli das Festival „Sang und Klang“ als Livestream online ging. 14 Acts, unter ihnen Größen wie Stoppok, Dota, Wenzel und Sarah Lesch, gaben sich sieben Stunden lang die Klinke in die Hand, mit im Boot Deutschlands größte Zeitschrift für Folkmusik „folker“, deren Herausgeber Mike Kamp die Moderation übernahm.
Die Resonanz auf das Festival war überwältigend. Fans und Fachkreise zeigten sich begeistert und voll des Lobes. Weit über 19.000 Klicks verzeichneten die Festivalstreams auf YouTube und Facebook und der schönste Lohn: Über 30.000 Euro Spendengelder können derzeit an die Corona-Hilfsorganisationen Die Deutsche Orchesterstiftung, Initiative Musik gGmbH und #handforahand sowie die 44 beim Festival beteiligten Musiker*innen verteilt werden. „Ein toller Erfolg und mein persönliches Highlight 2020“, sagt Gudrun Walther über das unverhoffte Pilotprojekt.

Rückkehr zur Normalität frühestens in 2022

Mittlerweile setzt die Musikerin fast ausschließlich auf derartige Selbsthilfe: „Am Anfang habe ich noch viele Petitionen zur Rettung der Kulturbranche unterschrieben und E-Mails an Abgeordnete geschrieben, aber irgendwann wird man dessen müde, weil einfach so wenig Resonanz seitens der Politik kommt, abgesehen vom Verweis auf Grundsicherung. Es ist für mich als Musikerin aber keine Lösung, meine Instrumente verkaufen zu müssen, um Grundsicherung zu erhalten, oder dass ich, wenn ich diese bezöge, vereinzelt reinkommende Auftrittsangebote nicht annehmen kann, weil ich nichts dazuverdienen darf. Dieses Angebot empfinde ich schlichtweg als Affront.“
Bis 2022, so rechnet Gudrun Walther, wird es wohl mindestens dauern, bis in der Konzertszene wieder so etwas wie Normalität einkehrt. Durch die permanente Verschiebung von Veranstaltungsterminen werde eine Planung fast unmöglich gemacht. „Normalerweise würde ich jetzt Tourneen für den Zeitraum bis Frühjahr 2022 buchen, das ist jedoch der Zeitraum, in den die Veranstalter jetzt alle Veranstaltungen aus dem Jahr 2020 verschoben haben. Daher gibt es dort keine freien Termine mehr. Das heißt, alle noch nicht gebuchten Gigs und auch solche, die man bräuchte, um die besagten Lücken in den Tourneen zu füllen, müssen erst mal auf Eis gelegt werden. Wenn wir großes Glück haben, sind bis Herbst 2022 die gröbsten Trümmer der Krise beseitigt.“

(Titelbild Gudrun Walther: Eva Giovannini)

Infos & Kontakt: Anne Gladitz, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, moc.g1728097845nalkd1728097845nugna1728097845s@ess1728097845erp1728097845, www.sangundklang.com

26.06. – 01.08.2020 Welziner Kultursommer

Sechs großartige Wochen mit vielen tollen Veranstaltungen, guten Gesprächen und einem fröhlichen Miteinander verspricht der Welziner Kultursommer. Das Publikum darf 150 Personen nicht überschreiten und alle Konzerte finden unter freiem Himmel vor dem Gutshaus in Welzin statt. Am 11.07. treffen Kontrabass & Tenorsaxophon auf alte schwedische Volkslieder, wenn Birgitta Flick und James Banner – eine Hälfte des Berliner Birgitta Flick Quartetts – aufspielen. Sie bringen alte Choräle und Volkslieder mit nach Welzin, die vor allem aus Dalarna in Schweden kommen, doch auch aus anderen Regionen Schwedens und aus Deutschland – und erkunden sie improvisatorisch, aus der Inspiration im Moment des gemeinsamen Musizierens heraus. Infos

 

30.06. – Ende August KastellSommer Bad Canstatt/Stuttgart

In Zeiten von Corona und Covid-19 soll der KastellSommer Stuttgarter*innen und Interessierten aus der Region ein unterhaltendes und dennoch sicheres Freizeitvergnügen während der Sommermonate bieten. Die Initiatoren schaffen auf dem Vorplatz der Phoenixhalle im Römerkastell in Stuttgart / Bad Cannstatt eine Open-Air-Plattform für Kino, Kultur, Events und lokale Bühnen und Institutionen, die ihre eigene momentan nicht nutzen können. So soll den beteiligten Partnern und Dienstleistern aus der Event- und Kulturbranche der Einstieg zurück in den Alltag erleichtert werden. Firmen und Institutionen aus der Umgebung wird außerdem die Möglichkeit geboten, die Fläche exklusiv anzumieten und Veranstaltungen in einem festen und „corona-konformen“ Setting durchzuführen. Als Ergänzung zum KastellSommer ist geplant, im Innenhof des Bosch-Areals zusätzlich eine zweite Bühne zu realisieren, die ähnlich konzipiert, jedoch speziell auf Kleinkünstler ausgelegt ist. Weitere Infos dazu folgen in Kürze. Schon jetzt stehen Fola Dada & Martin Meixner, Musa Mistonga Duo, u.a. auf dem Programm. Infos

 

02.07.-08.09.2020 Knust Außenprogramm „Acoustics“ Hamburg

Die Knust-Betreiber*innen in Hamburg fühlen sich an den Anfang der 90er Jahre versetzt, als das Knust ein europaweiter Brennpunkt für hierzulande zuerst völlig unbekannte Bands wurde aus einem Genre, das sich heute Americana nennt. Auch jetzt wollen sie euch wieder einladen, neue, lokale Acts zu entdecken, die vielleicht noch keinen größeren Bekanntheitsgrad haben. Die Auswahl der Veranstaltungen ist groß: Knust Jazzhouse Open Air, Acoustics Sommersessions (u.a. mit Wahnschaffe, Wilhelmine, Madsius Ovanda) oder die Open Air Konzerte auf dem Lattenplatz (Einlass: 16 Uhr, Beginn: 18 Uhr) mit Sarah Lesch, Stephanie Lottermoser, MIU u.a. Bringt aber in jedem Fall zu Eurem Ticket auch eine ausgefüllte Einverständniserklärung mit euren Kontaktdaten mit. Es gibt 150 Plätze und ein begrenztes Kontingent an 8er-Tischen. Wer den Betreiber*innen helfen und für das Überleben des Clubs etwas tun möchte, kann eine Knust-Patenschaft eingehen oder Knust-Merch bestellen. Infos

 

05.07.-13.09.2020 Käfertaler Kultursommer

Ab 05.07. startet der Käfertaler Kultursommer im Stempelpark vor dem Kulturhaus, bei Regen im großen Saal. 100 Besucher*innen haben bis 13 September dann jeweils sonntags um 18 Uhr die Gelegenheit wieder Live Musik zu genießen. „Viele Menschen können oder wollen in diesem Jahr nicht in Urlaub fahren. Die Künstler*innen der Region haben fast keine Auftritte mehr, und das Kulturhaus musste alle größeren Veranstaltungen canceln. Das ist traurig und macht uns Angst, aber es ist kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Schließlich können wir bei vielfältiger Musik und einer Weinschorle den Sommer im Park genießen, zusammen mit Freunden, der Familie und den Nachbarn, natürlich unter Einhaltung der jeweils aktuellen Hygieneregeln“, so die Mitteilung aus dem Kulturhaus. Mehr als 40 Musiker*innen werden bei 11 Konzerten auf der Parkbühne, bei Regen im großen Saal, konzertieren. Jazz, Pop, Soul, Funk, Klassik, brasilianische Rhythmen und Gipsy Groove stehen auf dem Programm. Mit dem Jazzsisters Quartet (Foto: Anna Glad), Silke Hauck & Nice Preiß, Nicole Metzger & French Connection, Alexandra Lehmler, Maren Kips, Heiko Duffner, Cris Gavazzonis neues Triooo Maravilha, Zelia Fonseca, Angela Frontera, Rosana Levental u.a. Infos

 

09.-19.07.2020 asphalt auf See Festival Düsseldorf

Die Open-Air-Edition asphalt auf See präsentiert Theater, Lesungen, Konzerte, Performances und Stücke für Familien auf einer schwimmenden Bühne am Schwanenspiegel. Das idyllische Seeufer mitten in der Stadt bietet, was wir zur Zeit vor allem brauchen: viel Luft und Platz. Wir spielen für ein kleines Publikum von bis zu 80 Personen, die über ein Kopfhörersystem ganz privat mit dem Geschehen auf der Bühne verbunden sind. Es gibt täglich mehrere Veranstaltungen, die jeweils nur knackige 35–70 Minuten dauern und keine Pause haben – eine verschwenderische Dosis Kunst und Kultur nach wochenlanger Spielpause! Mit Invisible Twins, Maya Fadeeva, Mariana Sadovska (Foto: Jill Steinberg), Taz Chernill u.v.a. Außerdem gibt es die Gelegenheit, „Grandmothers of the Universe“ zu sehen, das exklusiv für das Festival entsteht. Die Performerinnen von waltraud900 suchen nach Unterschieden und Gemeinsamkeiten in den Leben ihrer griechischen, palästinensischen und deutschen Großmütter – von den Anfängen des frühen 20. Jahrhunderts bis heute. Sie legen den Fokus auf das Verschwinden und die Unsichtbarkeit dieser Frauengeneration, die auch und gerade während der aktuellen globalen Pandemie zutage tritt. Stellvertretend für diese Generation der Großmütter sammeln sie Videogrüße aus der Isolation rund um den Erdball. Für „Grandmothers of the Universe“ arbeitet waltraud900 mit den Musikerinnen Jamila Al-Yousef und Carina Sperk zusammen. Infos

 

09.-19.07.2020 Parklücke Open Air Esslingen

Schon lange war klar, dass man den Stadtstrand Esslingen am Westend nie mehr wird umbuddeln können, denn das machen jetzt die Bagger. Weil Esslingen aber viel mehr Orte der Begegnung unter freiem Himmel braucht, haben sich Stadtjugendring Esslingen und Dieselstrasse dazu entschlossen, gemeinsame Sache zu machen und in die Pliensauvorstadt zu wandern. Hier, auf dem Vorplatz der Dieselstrasse, gibt es zwar keinen Strand, dafür aber etwas Platz. Genauer gesagt, einen Parkplatz. Coronabedingt war man schon drauf und dran das Ganze abzusagen – mit den aktuellen Lockerungen und einer Förderung des Landes Baden-Württemberg haben die Veranstalter*innen aber neuen Mut gefasst. Mindestens zwei Wochen gibt es hier einen Ort der Begegnung und der Kultur, um die Lücke, die durch das Fehlen des Stadtstrands entsteht, so gut es eben geht zu kompensieren. Erwartet werden Gudrun Walther & Jürgen Treyz, Fallwander, Leticia Wahl u.a. Alle Konzerte sind bestuhlt, Plätze sollten reserviert werden. Infos

 

16.07.-23.08.2020 20 Sunsets Berlin

Für das Festival 20 Sunsets lädt das Haus der Kulturen der Welt zum Sonnenuntergang auf die Dachterrasse: An sechs Wochenenden gibt es Konzertsets, Kino, Lesungen und Gespräche – draußen und mit ein bisschen Abstand! Bei 20 Sunsets zeigen in Berlin ansässige Künstler*innen, dass die ganze Welt bereits in der Stadt angekommen ist. Das Programm legt den Fokus dabei eher auf „Listening“ als auf „Dance“. Passend dazu gibt es für alle Besucher*innen Sitzplätze – für den nötigen Abstand ist die Kapazität auf 300 begrenzt. Die Konzerte spannen den Bogen von Singer/ Songwriter*innen über avantgardistische und Ambient-Klänge bis hin zu südamerikanischer und arabischer Musik – made in Berlin. Die ausgesprochen vielfältige Musikszene Berlins war immer der Hintergrund für das Musikprogramm im HKW – jetzt ist die richtige Zeit, sie in den Vordergrund zu holen. Auf der Bühne stehen Kitty Solaris (Foto unten: Olga Blackbird), Lisa Bassenge, Stella Chiweshe, Monica Besser, Tara Nome Doyle, Marla Hansen, Bernadette La Hengst, Mira Mann, Mary Ocher, Nansea, Masha Qrella, Tonia Reeh, Christiane Rösinger, Stella Sommer, Derya Yildirim u.v.a. Infos

 

17.07.-01.08.2020 wellenklænge Lunz (AT)

Auch das Mitte Juli startende Kulturspektakel auf der berühmten Seebühne im Lunzer See muss aufgrund der Corona-Krise massive Abstriche hinnehmen. Die Tribüne am Festivalgelände am Seeufer lässt aufgrund der gesetzlichen Schutzbestimmungen zum Mindestabstand nur 130 Besucher*innen zu, die Auftritte etlicher ausländischer Ensembles, die auf Flüge angewiesen wären, hat man schweren Herzens absagen müssen. Doch es wird nicht an Highlights fehlen! Mit dem diesjährigen Festivalthema „Verbunden & Vernetzt“ will man den Fokus auf das richten, was zuletzt so schmerzlich gefehlt hat: soziale Nähe.

 

Das Eröffnungskonzert „Sisterhood“ bestreiten Marie Spaemann, Lylit & das Sigrid Horn Trio (Fotos von links: Andrej Grilc, Peter Grillmair, Magdalena Blaszczuk) am 17.07., am folgenden Tag ist Erwin Wagenhofer bei einem Podiumsgespräch zu Gast. In seinem neuesten Film „But Beautiful“ sucht er das Schöne und Gute und zeigt Menschen, die ganz neue Wege beschreiten. Wie könnte ein gutes, ein gelungenes Leben aussehen? „But Beautiful“ ist ein Film über Perspektiven ohne Angst, über Verbundenheit in Musik, Natur und Gesellschaft, über Menschen mit unterschiedlichen Ideen – vereint durch ein großes gemeinsames Ziel: eine zukunftsfähige Welt. Weitere Künstler*innen sind Jelena Popržan aus Serbien, Margarethe Herberts Cello-Quartett eXtracello, das Kollektiv chuffDRONE, Gabbeh u.v.a. Auch das CPM-Lab /// Composer-Performer Music Lab kann wieder von 25. Juli bis 1. August im Rahmen des Festivals stattfinden. Bei diesem Workshop werden die Teilnehmer*innen unterstützt, eigene Musik zu kreieren und sie im Ensemble zur Aufführung zu bringen. Infos

 

17.-19.07. & 24.-26.07.2020 ELECTRICITY Festival Erkelenz

Das ELECTRICITY will ein kleines bisschen das verlorene Festivaljahr wiedergutmachen, darum heizen zahlreiche DJs und Live-Acts gleich an beiden Tagen – Freitag und Samstag – auf der 360 Grad Bühne mitten in der Electricity ein! In der etwas gruselig anmutenden Corona-Edition wurde das Gelände in 6 Sektoren eingeteilt, pro Sektor sind 100 Camper*innen zugelassen, die sich in ihrem eigenen Sektor frei bewegen können (s. Abb. rechts). In der Mitte des Campingplatzes wird eine 360 Grad-Bühne aufgebaut, die von allen Campingsektoren erreichbar ist. Innerhalb der Sektoren gibt es vor der Bühne mehrere abgegrenzte Bereiche für jeweils bis zu 10 Personen. Das Line Up wird in Kürze bekannt gegeben. Infos

 

22.-26.07.2020 Festival Glatt & Verkehrt

Das Festival Glatt & Verkehrt in Österreich vermeldet ein Ersatzprogramm im kleinen Rahmen für das abgesagte große Festival: Vom 22.-26. Juli wird es jeden Abend ein Open Air Konzert bei den Winzern Krems geben. Von Freitag bis Sonntag laden sie zusätzlich zur Tafelmusik am Mittag ins Wirtshaus Salzstadl. Am 24.07. wird Hannah James (Foto unten: Elly Lucas), die Künstlerin in residence während des ganzen Julis, in einer Uraufführung mit ihrem Quartett ihr Spezialprogramm präsentieren. Die Tänzerin hat als Akkordeonistin und Sängerin in ihrer Laufbahn gewaltig zugelegt: Ihre Stimme, „cool and intimate“ (The Guardian), „gehört zum Schönsten und Fesselndsten, was in den letzten zehn Jahren aus Englands Folk-Tradition gekommen ist“ (Songlines). Das Gespräch & Konzert mit Golnar Shahyar, einer der profiliertesten Sängerinnen in Österreichs freischaffender Musik-Szene, ist leider schon ausverkauft. Infos

 

24.07.-09.08.2020 Sommerwerft Frankfurt

Vom 24. Juli bis 9. August 2020 veranstaltet protagon e.V. in Frankfurt und der Rhein-Main-Region ein angepasstes Kulturangebot unter Covid-Verordnungen. Donnerstags bis sonntags wird es Open-Air Theater, Singer & Songwriter*innen, Poetry Slam und Performance an der Weseler Werft für eine begrenzte Besucherzahl geben. Sommerwerft-Fans können dieses Jahr auch per Livestream dabei sein. Montags bis mittwochs ist das Gelände geschlossen, denn Theaterkünstler*innen ziehen durch Stadtteile und Orte in der Region und führen Szenen aus Stücken des Frankfurter Ensembles antagon theaterAKTion auf. Mit Grapefruit Akustik, Jacky Basteks Humblo, Luna de Paita, King Baumgardt Duo, Mane, Nadine Fingerhut, Take Love Easy, Lucid, Liebe, Tod und Teufel, Non Solo Parole, u.v.m. Infos

 

24.-26.07.2020 Horizonte Weltmusikfestival Koblenz

Der Förderverein Kultur im Café Hahn präsentiert das 18. Weltmusikfestival auf der Festung Ehrenbreitstein in diesem Jahr etwas verändert: Es können nur Einzelplätze oder Tische für 2, 4 oder 6 Personen gebucht werden. Pro Tag spielen 3 Bands abwechselnd auf 2 Bühnen, für jede Bühne müssen Karten separat gekauft werden. Unter Beachtung der Corona-Hygienerichtlinien werden diese als Einzelkonzerte stattfinden. Das heißt, dass frau sich den/die Tag(e) und die Bühne aussucht, auf der man das Programm erleben möchte. Ein Wechsel zwischen den Bühnen ist leider nicht möglich. Erwartet werden The Local Ambassadors, Marion & Sobo Band, Lily of the Valley u.a. Infos

 

30.07.-23.08.2020 Yiddish Summer Weimar

Die YSW-Antwort auf Covid-19 ist ein stark verändertes Programm: alle Workshops werden, bestmöglich geschützt vor Regen und Sonne, draußen stattfinden, auch die Konzerte finden draußen statt. Alle Gesangs- und Instrumental-Workshops werden 3 Stunden täglich angeboten und kosten nur die Hälfte des normalen Preises (für vom Covid-19 Shutdown besonders hart getroffene Musiker*innen oder Freelancer*innen wird ein Spezialtarif angeboten). Und es gibt etwas Neues und Spannendes dieses Jahr: Jiddisch für Musiker*innen! Die Teilnahme an Jiddisch für Musiker*innen ist kostenlos, eine Anmeldung ist online ab Ende Juni/Anfang Juli möglich und notwendig. Viele Konzerte dieses Sommers werden gerade geplant und eine komplette Liste mit allen Events wird so bald wie möglich veröffentlicht; halt dich auf dem Laufenden mit dem YSW-Newsletter (Foto oben: Yulia Kabakova). Infos

 

Virtuelles

Gerade als die Enttäuschung über den abgesagten Festivalsommer einer allgemeinen Akzeptanz gewichen ist, ruft das Magazin Folker gemeinsam mit dem artes Konzertbuero und dem Dachverband Profolk ein Event ins Leben, das Musikfans unbedingt einplanen sollten: Am Samstag, den 11. Juli findet ab 16 Uhr das erste Onlinefestival für Folk und Lied aus Deutschland statt. In bislang nie dagewesener Form präsentiert das Sang und Klang Festival ein Line-up von Künstler*innen von der Nordsee bis zu den Alpen, vom Ruhrpott bis nach Berlin, das eine ungeheure stilistische Vielfalt zeigt: Sarah Lesch,Dota Kehr, Bube Dame König, Akleja, Andrea Pancur (Foto: Shendl Copitman), Die Feuersteins, Deitsch, Hans Well & Wellbappn, u.a. Insgesamt sind das sieben Stunden Livemusik und Exklusivinterviews, moderiert von Folker-Herausgeber Mike Kamp. Um Musiker*innen und Techniker*innen zu unterstützen, gibt es während des Festivalstreams die Möglichkeit zu spenden: 50% der Einnahmen gehen an die Deutsche Orchester-Stiftung, die Initiative Musik und #handforahand – den Solidaritätsfond für freie Bühnen und Tontechniker*innen, Beleuchter*innen, Stagehands und Veranstaltungshelfer*innen. Die anderen 50% gehen an die Künstler*innen und Mitwirkenden des Festivals.

Das Heroines of Sound Festival wurde aus der Berliner Szene mit einer feministischen Agenda von Bettina Wackernagel und einer Gruppe von Künstlerinnen initiiert. Zur Aufführung gelangen herausragende frühe Werke sowie zukunftsweisende Positionen von jüngeren Künstlerinnen. Die Idee ist, die Verbindungslinien unterschiedlicher Genres erfahrbar zu machen und die Präsenz von Künstlerinnen im Kunst- und Musikbetrieb kontinuierlich zu stärken. 2020 findet es in digitaler Form statt: Live aus dem radialsystem und in Kooperation mit United We Stream / Arte Concert präsentiert das Festival am 10. Juli zum siebten Mal seit 2014 frühe und aktuelle Held*innen des elektronischen Sounds und gibt mit Konzerten und Performances Einblicke in aktuelle Entwicklungen der elektronischen Musik von Elektroakustik bis Algorave. Gastkuratorin der aktuellen Ausgabe ist die international renommierte Theremin-Virtuosin Dorit Chrysler, die zum 100-jährigen Jubiläum des berührungslos zu spielenden elektronischen Musikinstruments mit einer gemeinsamen Performance mit der Klangkünstlerin Donna Maya einen Schwerpunkt des Festivals setzt. Donna Maya präsentiert zudem ihr neues Album. Ein weiteres Highlight stellt der Auftritt von The LIZ dar, die mit Elektronik und Performance spielerisch die Genregrenzen von zeitgenössischer Musik und Jazz ausloten und deren Keyboarderin, Liz Kosack, 2019 mit dem SWR-Jazz-Award ausgezeichnet wurde. Vervollständigt wird das Programm von Alexandra Cárdenas (Foto), einer Künstler*in der Live-Coding Algorave-Szene sowie mit zwei weiteren Album-Release-Konzerten: Die Turntablistin JD Zazie präsentiert ihr neues Solo-Album „Memory Loss“, in dem sie elektroakustische Musik, DJing, experimentellen Turntablism und abstrakte Collagetechniken verwebt. Die Musikerin, Komponistin und Produzentin Midori Hirano spielt ein Experimental-Ambient-Set mit Klavier, Elektronik und Fieldrecordings aus ihrem gefeierten neuen Album „Invisible Island“. Hier geht es zum Stream.

Das STIMMEN-Festival 2020 kann in diesem Jahr leider auch nicht stattfinden, die meisten Konzerte konnten aber auf nächstes Jahr verschoben werden; mit dem Kauf eines #seidabei Solitickets könnt ihr zum Überleben der veranstaltenden Kulturinstitutionen – Burghof und SAK Altes Wasserwerk in Lörrach –  beitragen und im neugeschaffenen Bereich STIMMEN auf’m Balkon digitale Inhalte von Künstler*innen ansehen, die in den letzten Jahren aufgetreten sind wie z.B. Grace Jones, Melissa Etheridge, Suzanne Vega (Foto rechts: Stimmen Festival) .

Die Monheim Triennale – für Juli 2020 geplant – wird auf 01.-04.07.2021 verschoben; dafür gibt es einen Teil der Künstler*innen wie Ingrid Laubrock + Achim Tang schon vorab im Live-Stream zu sehen. Auch das Kulturzelt Kassel hat noch nicht aufgegeben und entwickelt alternative Szenarien, wie eine Kulturzelt-Saison unter Coronabedingungen gestaltet werden kann. 

2020 nicht am Seeflughafen Cuxhaven, sondern in den Wohnzimmern und Proberäumen der Bands findet das diesjährige Deichbrand At Home Festival vom 16.-19.07.2020 statt. Die Erlöse gehen an Viva con Agua. Das Programm – Bands aus Metal, Emo, Rock, HipHop und Pop – wird in Kürze bekanntgegeben.

Nach der Absage der 2020-Edition des Zelt-Musik-Festivals in Freiburg dachten sich die Macher*innen: „Ein Sommer ohne ZMF? Ohne uns!“ Gemeinsam mit dem Förderkreis Freiburger Musikfestival e.V. und ihrem Nachhaltigkeitspartner NaturEnergie bringen die Veranstalter*innen das Festival zu euch nach Hause. Auf der ZMF-Website streamen sie in den kommenden Wochen ein buntes Programm aus Live-Konzerten, Workshops, Backstage-Videos und DJ-Sets. Dabei könnt ihr mit eurer Spende alle teilnehmenden Künstler*innen und Projekte unterstützen. Insbesondere während des angedachten Festivalzeitraums vom 15. Juli bis 2. August wird es täglich etwas zu entdecken geben – fast so wie auf dem richtigen ZMF.

 

Verschobenes

Das Rudolstadt Festival wurde schweren Herzens auf 01.-04.07.2021 verschoben. Wer möchte, kann vergangene Konzerte in Radio & TV genießen (auf der Homepage wurde eine Liste der Sendetermine zusammengestellt) und das Festival durch Spenden auf sicherere Füße stellen.

Das Rheingau Musik Festival wurde abgesagt, dafür aber die Online-Kampagne Trotzdem Sommer mit digitalen Konzertformaten mit Künstler*innen angekündigt, die in diesem Sommer im Rheingau zu Gast gewesen wären. Zu all diesen Veranstaltungen werden digitale Programmhefte zur Verfügung gestellt.

Das Jazz Open wurde ebenfalls ins neue Jahr gelegt (08.-18.07.2021) und verkündet jetzt schon ein Programm, das Vorfreude weckt: Corinne Bailey Rae, Jessie J, Nik West, Bê Ignacio, Lisa Simone u.v.m.; Sting wird von der „all girl grunge pop group“ Cruel Hearts Club aus London supportet.

Auch die 30. Ausgabe der Jazznights kann nicht vom 27. bis 31. Juli 2021 stattfinden. Wie ihr euch vorstellen könnt, geht die Absage des Festivals mit erheblichen finanziellen Einbussen einher; unterstützt jetzt das Festival und werdet Mitglied im Förderverein.

Da es dieses Jahr auch keinen NOEFF-Festivalsommer – „das Netzwerk österreichischer Festivalfreunde“, in dem 17 österreichische Festivals vertreten sind – gibt, können sich Fans mit einem freshen Vorfreude-T-Shirt trösten und damit die Festivalszene supporten. Das 45. Bardentreffen vom 31. Juli bis 2. August ist abgesagt – holt euch zum Trost die Barden-CD mit Songs von ausgewählten Musiker*innen und Bands der Festivalausgabe 2019 wie Johanna Juhola, Rupa & The April Fishes, Fjarill u.v.m.

(Titelbild HKW 20sunsets: Sebastian-Bolesch)