Menschen produzieren auf einem Festival nicht mehr Müll als in ihrem Alltag. Das geht aus den ermittelten Abfallmengen hervor, die FKP Scorpio für seine Festivals Tempelhof Sounds, Hurricane, Southside, Highfield und M’era Luna im Jahr 2022 veröffentlicht hat. Mit dieser Auswertung sowie einem Überblick über seine Nachhaltigkeitsmaßnahmen und Ziele möchte der Kulturveranstalter zeigen, dass Großveranstaltungen und Nachhaltigkeit keine Gegensätze sein müssen. Die Müllmengen entsprächen der normalen Menge an Haushaltsabfällen, die jede*r Einwohner*in pro Tag produziere oder liege sogar deutlich darunter: M’era Luna: 0,53 kg, Highfield: 1,02 kg, Hurricane: 1,24 kg, Southside: 1,48 kg (im Vergleich: 2021 wurden 1,3 kg pro Person/Tag erzeugt). FKP Scorpio arbeitet mit seinem „Grün Rockt“-Programm bereits seit 2013 daran, seine Festivals möglichst ressourcenschonend aufzustellen. Die Firma setzt vor allem auf Müllvermeidung und -entsorgung bzw. Recycling. Mit seiner Abfall-Challenge „Trasholution“ – jeder vor Ort gesammelte volle Müllsack löst eine Spende von einem Euro an soziale Projekte in der Region des jeweiligen Festivals aus – konnte er im ersten Jahr 26.000 Euro für wohltätige Zwecke sammeln. Weitere Bausteine des Nachhaltigkeitskonzepts sind die Nutzung von Ökostrom, die Bereitstellung von Trockentoiletten und bewachten Fahrradparkplätzen, Wasserspendern, Pfandbechern, im Eintritt inkludierten ÖPNV-Tickets u.v.m. Einen Überblick über alle Maßnahmen am Beispiel des Hurricane Festivals gibt es hier. Die Sustainability Roadmap vom Tempelhof Sounds Festival ist hier abrufbar.
Massive Attack verkünden „CO2-ärmstes Konzert aller Zeiten“ 25.08.2024
Die Bristoler Trip-Hop-Legende Massive Attack setzt sich seit Jahren für Umweltthemen ein – und richtet nun ihren Blick auf die Musikindustrie selbst mit einer Show, die als das „CO2-ärmste Konzert seiner Größe aller Zeiten“ angekündigt wird. Das ganztägige Festival namens Act 1.5 findet am 25.08.2024 in einem großen öffentlichen Park im Westen von Bristol u.a. mit der irischen Folk-Band Lankum und dem US-Rapper Killer Mike statt. „Die Showproduktion ist in allen Aspekten der Dekarbonisierung wegweisend und wird eine Blaupause für die Art und Weise schaffen, wie Live-Shows produziert werden können“, sagt Robert Del Naja von Massive Attack gegenüber der BBC. Act 1.5 ist der Höhepunkt der jahrelangen Arbeit der Band für eine klimafreundlichere Zukunft der Musikindustrie. Im Jahr 2019 teilte Del Naja der BBC mit, dass Massive Attack begonnen habe, mit dem Zug durch Europa zu touren, um ihre CO2-Emissionen zu reduzieren, und im Jahr 2021 habe sich die Band mit dem Tyndall Center for Climate Research zusammengetan, um einen Fahrplan für eine CO2-arme Zukunft der Live-Musik zu veröffentlichen. Viele der in diesem Bericht dargelegten Maßnahmen werden jetzt in die Tat umgesetzt: Das gesamte Festival wird mit erneuerbarer Energie und Batteriequellen betrieben, einschließlich des Einsatzes von Elektro-LKWs zur Installation der Infrastruktur. In jedem Lebensmittelgeschäft werden pflanzliche Lebensmittel angeboten, die über lokale Lieferketten beschafft werden. Durch die Verwendung kompostierbarer Teller und Bestecke sowie die Umverteilung überschüssiger Lebensmittel wird Abfall minimiert. Um Fernreisen abzuschrecken, bot die Band zunächst einen Vorverkauf von Tickets nur für lokale Postleitzahlen an. Eine weitere naheliegende Lösung bestand darin, das Publikum zu ermutigen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu reisen. Zu diesem Zweck hat sich Massive Attack mit der britischen Buchungsplattform Train Hugger zusammengetan, die ein Viertel ihres Umsatzes zur Wiederherstellung der britischen Landschaft beiträgt. „Wir sind Großbritanniens erste Bahnticketplattform, auf der wir jedes Mal, wenn jemand ein Ticket bucht, einen Baum pflanzen“, sagt Mitbegründer Felix Tanzer. „Wir planen, allein für diese Show 20.000 Eichen zu pflanzen.“ Die Bäume werden in James Wood in der Nähe von Taunton, 40 Meilen von Bristol entfernt, gepflanzt.
Ergebnisse der Nachhaltigkeitsstudie von RockCity e.V.
Nachhaltigkeit, Umweltschutz und klimagerechtes Arbeiten sind für die Hamburger Musikschaffenden von großer Relevanz. Wie wichtig Klima- und Umwelt-Faktoren für die Musikakteur*innen in den Arbeitsbereichen Produktion, Vertrieb und Merchandise sind, verrät die Nachhaltigkeitsstudie, die RockCity Hamburg in Kooperation mit der Leuphana Universität Lüneburg im Dezember 2023 unter allen Musikaktivist*innen der Hansestadt auf den Weg gebracht hat. Damit wurden erstmalig Musiker*innen, DJs, Bands und Produzent*innen direkt in zukünftige Nachhaltigkeitsstrategien einbezogen. Die Ergebnisse liegen nun digital oder als Printversion vor. Sie dienen gleichermaßen als Grundlage und Erfolgsgarantin für kommende Nachhaltigkeitsmaßnahmen und –konzepte für die freie Hamburger Musikszene.
Shortlist für WIRKMÄCHTIG Culture4Climate Preis 2024 bekannt gegeben
Es bewegt sich einiges mit dem Klimaschutz im Kulturbereich! Kulturschaffende, Organisationen, Netzwerke und Verbände reden nicht nur über den Klimaschutz, sie handeln auch und setzen konkrete Maßnahmen um. Die Initiative Culture4Climate möchte dieses Engagement würdigen und zeichnet 2024 erstmals Menschen und Organisationen aus, die innovative Wege des Klimaschutzes im Kultursektor in Deutschland beschreiten, durch ihr vorbildliches Engagement wichtige Impulse setzen und andere zur Nachahmung inspirieren können. Kürzlich wurden die 10 Nominierten des WIRKMÄCHTIG Culture4Climate Preises 2024 bekannt gegeben. Zu ihnen gehört der Verein “Orchester des Wandels e.V.”, der eine Plattform schaffen möchte, in der sich Orchestermusiker*innen zum Thema Klima- und Umweltschutz vernetzen und engagieren wollen. Auch das Kultur- und Konzerthaus halle02 in Heidelberg wurde ausgewählt, das mit der Abwärme der tanzenden Gäste Heizenergie erzeugt. Außerdem steht das E-Tool Kultur des Referats für Strategische Kulturpolitik der Stadt Leipzig zur Auswahl, der bundesweit erste webbasierte CO2-Rechner, der die Anforderungen des Kulturbetriebs abbildet und eine vollständige Treibhausgasbilanzierung nach GHG-Protocol gewährleistet. Die Preisverleihung findet am 17. September 2024 im Rahmen der Bundeskonferenz für Klimaschutz im Kulturbereich im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg statt.
Europäisches Kooperationsprojekt „Better Live“ entwickelt nachhaltige Touren
Die Mobilität von Künstler*innen und Publikum ist die größte Quelle von Treibhausgasemissionen im Kultursektor. Wie können wir also die Mobilität von Künstler*innen in Europa fördern und gleichzeitig unseren CO2-Fußabdruck verringern? „Better Live“ ist ein Projekt, das von 11 europäischen Partnern aus der Welt des Jazz und der improvisierten Musik geleitet wird und von März 2023 bis August 2026 mit nachhaltigen Konzerten und kohlenstoffarmen Tourneen experimentieren wird. Ziel 1 ist die Verringerung des CO2-Fußabdrucks von Live-Musikveranstaltungen, Ziel 2 die Unterstützung der Verbreitung internationaler Künstler*innen und die Erhöhung der Programmvielfalt in Europa. In den nächsten 4 Jahren wird das Projekt Datenanalysetools entwickeln, Schulungen für Fachleute organisieren und vor allem nachhaltige Konzertreisen entwickeln. Die erste Tournee der amerikanischen Band Amirtha Kidambi’s Elder Ones fand vom 4. bis 13. April auf verschiedenen europäischen Bühnen statt. Als deutscher Partner ist die Jazzahead mit an Bord.
WIRKMÄCHTIG Culture4Climate Preis 2024 sucht Pionier*innen
Im Rahmen der bundesweiten Initiative Culture4Climate schreibt die Kulturpolitische Gesellschaft erstmalig den WIRKMÄCHTIG Culture4Climate Preis 2024 aus. Gesucht werden Pionier*innen des Klimaschutzes im Kulturbereich in Deutschland, die innovative Wege des Klimaschutzes im Kultursektor beschreiten, durch ihr vorbildliches Engagement wichtige Impulse setzen und andere zur Nachahmung inspirieren. Wichtig ist dabei, dass die Klimaschutzmaßnahmen bereits umgesetzt sind und dass deren Wirkung erkennbar ist. Dabei kann es sich beispielsweise um die Einführung eines smarten Gebäudemanagements, um innovative Vermittlungs- und Diskursangebote oder um wirkungsvolle Formen der Zusammenarbeit zwischen Kulturinstitutionen und Unternehmen handeln. Einzelpersonen, Organisationen, Netzwerke und Initiativen sind aufgerufen, sich bis zum 7. April 2024 über das Online-Portal von Culture4Climate für den Preis zu bewerben. Eine fachkundige Jury wird eine Shortlist der Einreichungen erstellen sowie die Preisträger*innen bestimmen. Zentrale Auswahlkriterien sind die Einsparung von Treibhausgasemissionen, der Kreativitäts- und Innovationsgrad sowie das Potenzial zur Impuls- und Breitenwirkung. Die Bekanntgabe der Preisträger*innen wird im feierlichen Rahmen der nationalen Konferenz zu Kultur und Klimaschutz der Initiative Culture4Climate am 17. September 2024 im Museum für Kunst & Gewerbe in Hamburg stattfinden.
#MelodivaSpotlight: „Oral“ von Björk & Rosalía
Mit ihrem gemeinsamen Song „Oral“ setzen sich die isländische Popkünstlerin Björk und die experimentelle katalanische Flamencosängerin Rosalía für den Kampf gegen industrielle Lachszucht ein. Auslöser für das Engagement war die Notschlachtung von einer Million isländischer Lachse, die durch die Enge der Haltung von der ungebremsten Ausbreitung von Seeläusen betroffen waren. Als Umweltaktivistin erschütterte Björk die Massentötung so, dass sie einen Song schrieb und sich dafür ihre Kollegin Rosálía ins Boot holte. Mit „Oral“ wollen sie das Bewusstsein für das Leid der Fische in Lachsfarmen schärfen und auf die verheerenden Folgen der Zucht hinweisen. Nicht nur verpesteten sie die Meere mit Fischkot, Futterresten, Pestiziden, Medikamenten, Mikroplastik und Schwermetallen, sie gefährdeten auch die Existenz von Islands einzigartigem Wildlachs, der die Insel lange vor den ersten menschlichen Siedlungen in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts bewohnte, schreibt Björk auf ihrer Homepage. Der Song „Oral“ geht zurück auf eine Komposition von Björk, die bereits zwischen den Alben „Homogenic“ (1997) und „Verspertine“ (2001) entstand, seitdem aber unveröffentlicht war, da sie dramaturgisch auf kein Werk passte. Alle Einnahmen gehen an die Non-Profit-Organisation AEGIS, die sich gegen Fischfarmen in Island einsetzt. Die Single gibt es u.a. hier.
Popakademie Talks zum Thema Musik und Nachhaltigkeit starten am 10.10.2023
Im Wintersemester 2023/2024 veranstaltet die Popakademie wieder die Reihe „Popakademie Talks“. Im Herbst stellen Gäste aus dem Musik- und Kulturbereich das Thema „Musik und Nachhaltigkeit“ vor. Die Popakademie Talks starten am Dienstag, den 17. November um 19 Uhr mit Zora Brändle, die einen Überblick über das Thema Nachhaltigkeit gibt. Zora Brändle studierte an der Popakademie Baden-Württemberg Musikbusiness, wo sie unter anderem am Projekt Green Touring beteiligt war. Brändle war von 2018 bis 2023 Vorsitzende des Clubverband EventKultur Rhein-Neckar, Co-Initiatorin der Delta Frauen und Co-Initiatorin, Gründungsmitglied und aktuell 2. Vorsitzende von Clubkultur Baden- Württemberg. Seit 2020 absolviert sie berufsbegleitend den MBA Sustainability Management an der Leuphana Universität Lüneburg und beschäftigt sich beruflich, privat und im Ehrenamt mit Nachhaltigkeit in der Kultur. Außerdem ist sie seit 2022 in der Fachjury Nachhaltigkeit des Applaus-Spielstättenpreis der Initiative Musik. Am 14. November 2023 geht es im Talk mit Nicholas Müller um das Thema soziale Nachhaltigkeit als Musiker. Am 05. Dezember 2023 ist Laura Knobloch zu Gast und spricht über Nachhaltigkeit bei Festivalplanungen am Beispiel von Enjoy Jazz. Die Talks finden jeweils in der Popakademie in Raum 001 statt, eine Anmeldung ist nicht nötig.
Bundesverband Soziokultur gibt Informationensschreiben zu Nachhaltigkeit heraus
Der Bundesverband Soziokultur gibt in unregelmäßigen Abständen ein Informationsschreiben zu Fördermöglichkeiten rund um das Thema Nachhaltigkeit heraus. Dort findet ihr Beratungen für Kulturinstitutionen, Förderprogramme für Klimaschutzprojekte, Energieberatungen, Förderung von Sanierung u.a. an Gebäuden, Lasten-E-Rädern, Fahrradleasing, viele nützliche Infolinks und mehr. Alle drei Monate werden die Informationen auf Aktualität überprüft und neue Fördermöglichkeiten ergänzt. Rückfragen können gerne per Mail gestellt werden.
Europe Jazz Network startet Nachhaltigkeits-Plattform „Green Rider“
Wie viele andere Musikorganisationen ist auch das Europe Jazz Network (EJN) besorgt über die Auswirkungen des Musiksektors auf die Umwelt und möchte sich an den Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels beteiligen. Seit 2014 diskutiert, erforscht, implementiert und setzt sich EJN für die Einführung von Umweltrichtlinien und nachhaltigeren „technical riders“ (technischen Bühnenanweisungen) im Musiksektor ein. Mit der neuen Plattform „Green Rider“ möchte das EJN verschiedene Akteur*innen der Musikbranche dazu inspirieren, konkrete und positive Schritte nach vorne zu machen, jede*r in seiner eigenen Kapazität und Rolle als Veranstalter*n, Publikum, Künstler*in und Agent*in. Musikfans können sich dort z.B. informieren, wieviel CO2 sie z.B. bei der Anreise mit dem Zug einsparen können. Veranstalter*innen bekommen Tipps, wie sie bei der Veranstaltungstechnik, Catering, usw. Energie sparen und z.B. ihr Publikum mit speziellen Tickets, sicheren Radstellplätzen oder kostenlosen Shuttlebussen zum Anreisen per ÖPNV oder Rad animieren können. Künstler*innen können sich für Nachhaltigkeit engagieren, in dem sie z.B. lokales, veganes Catering und Hotels in der Nähe der Location anfragen.
100 Tage Testphase des CO2 Rechners für Kulturbetriebe: jetzt testen
Seit 2020 unterstützt das Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit die Kultur dabei, erste eigene Schritte in Richtung der Erstellung und des Verständnisses von Klimabilanzen zu gehen. Seit Anfang Mai stellt es hierzu ein einfach zu bedienendes digitales Werkzeug zur Verfügung: den CO2 Rechner. Er basiert auf dem Creative Green Tool von Julie’s Bicycle und wurde vom Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur und Medien mit Hilfe der EON-Stiftung und der EnergieAgentur.NRW adaptiert, übersetzt und für die Deutsche Kultur angepasst. Somit sind im CO2 Rechner deutsche Emissionsfaktoren hinterlegt. Das Werkzeug wird der deutschen Kulturbranche ab Mai 2023 für 100 Tage bis zum 15. August 2923 kostenlos zur Verfügung gestellt, um die Umweltwirkungen von kulturellen Institutionen, Veranstaltungsorten, Büros, Tourneen, Produktionen, Veranstaltungen oder eines Festivals zu erfassen und zu verstehen. Bis zum Sommer ist der Rechner zu Testzwecken nutzbar, jedoch werden in dieser Zeit keine weiteren Updates und Bugfixes umgesetzt. Ab Mai 2023 bietet das Netzwerk einmal im Monat eine digitale „CO2-Rechner Sprechstunde“ an, bei der das Team für Rückfragen und zum Austausch zur Verfügung steht.
Lollapalooza Berlin erhält als erstes Festival Nachhaltigkeits-Zertifikat
Die Teilzertifizierung für die Einführung eines ganzheitlichen Nachhaltigkeitsmanagement im August 2022 galt bereits als Vorbote. Nach Durchführung des Festivals im September 2022, der Implementierung von über hundert Nachhaltigkeitsmaßnahmen und erneuter Prüfung durch die unabhängige Prüfstelle GUTcert, ist das erfolgreiche Ergebnis nun offiziell: Das Lollapalooza Berlin ist das erste Festival in Deutschland, das nach internationalem Standard die Zertifizierung nach DIN ISO 20121 erhält. Im zweiten Teil der Zertifizierung wurden die Bereiche Konzeption, Planung, Steuerung, Produktion und Durchführung des Festivals näher beleuchtet und ausgewertet. Bis 2025 finden regelmäßig weitere Prüfungen statt, sodass die Nachhaltigkeitsmaßnahmen immer weiterentwickelt und an aktuelle Standards angepasst werden können. Zu den Maßnahmen gehören Abfallvermeidung, Mehrwegsysteme, pflanzenbasiertes Catering, Awareness-Team, paritätisches Line-Up u.v.m.
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