„Herrenberg-Urteil“: Übergangsregelung für Musikschulen bis Ende 2026

Die Bundesregierung hat am 29. Januar 2025 eine Übergangsregelung im Zusammenhang mit dem sogenannten „Herrenberg-Urteil“ für Musikschulen beschlossen. Diese wurde im Rahmen eines Änderungsantrags von SPD, CDU/CSU und Bündnis 90/Die Grünen im Vierten Sozialgesetzbuch gesetzlich verankert. Das Herrenberg-Urteil hatte weitreichende Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse von Musikschullehrkräften, insbesondere betraf das Urteil die Frage der Sozialversicherungspflicht und die Einstufung von Lehrkräften als freie Mitarbeiter*innen oder angestellte Fachkräfte.

Kernpunkte der Übergangsregelung:
–    Die Übergangsregelung gilt bis 31.12.2026. Bis dahin können Honorarverträge an Musikschulen abgeschlossen und gelebt werden, wenn beide Vertragsparteien der selbständigen Tätigkeit zustimmen. 
–    keine Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zur Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung vom Bildungsträger bei festgestellter Scheinselbstständigkeit an Musikschulen bis 31.12.2026, sofern die Vertragspartner von Selbständigkeit ausgegangen sind und die Lehrkraft der Anwendung der Übergangsregelung spätestens im Falle einer Überprüfung zustimmt.  
–    Mit dieser Regelung wird ein Zeitfenster geöffnet, in dem dauerhaft tragfähige Lösungen umgesetzt und ggf. notwendige Finanzierungen geschaffen werden können.

Der Deutsche Tonkünstler Verband arbeitet weiter an einer dauerhaften Lösung. Er steht für das duale System von Ausbau der Festanstellungen bei gleichzeitiger Ermöglichung von selbständiger Tätigkeit. 

11.02.2025

Herrenberg Urteil bringt Musikschulen in die Bredouille

Hessens Musikschulen schlagen Alarm, berichtet die Hessenschau in einem Radiobeitrag. Eine freiberuflich tätige Klavierlehrerin aus Herrenberg in Baden-Württemberg hatte wegen Verdachts auf Scheinselbstständigkeit auf Festanstellung geklagt und 2022 vor dem Bundessozialgericht Recht bekommen. Als Folge dieses „Herrenberg-Gerichtsurteils“ müssten Musikschulen jetzt viele der bisher freiberuflich tätigen Lehrkräfte festanstellen. Obwohl das Urteil eine Einzelfallentscheidung war, hatte es seitdem weitreichende Konsequenzen. Rund zwei Drittel der 2.700 Lehrkräfte in Hessen, die an etwa 66 öffentlichen Musikschulen tätig sind, arbeiten dort ohne Festanstellung.

Die Deutsche Rentenversicherung kündigte nach dem Urteil des Bundessozialgerichts an, die Honorarverträge sukzessive zu prüfen und nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern. Auf Hessens Musikschulen käme dann nach aktuellen Berechnungen ein Betrag von bis zu 18 Millionen Euro zu. Um außerdem Problemen mit rechtswidriger Scheinselbstständigkeit auch künftig aus dem Weg zu gehen, müssten die Musikschulen ihren Lehrkräften Festangestellten-Verträge anbieten. Das würde mindestens weitere 3,5 Millionen Euro pro Jahr bedeuten. Bei öffentlichen Musikschulen sind die Träger aber meist gemeinnützige Vereine oder Kommunen, die finanziell selbst nicht gut aufgestellt sind. Zwar gibt es auch Fördergeld vom Land Hessen, allein in diesem Jahr 4,4 Millionen Euro. Doch mehr als 60 Prozent der Gesamtkosten tragen die Eltern mit ihren Beiträgen. „Es wird darauf hinauslaufen, dass wir uns zu einem Elitebetrieb entwickeln, was sich dann nur noch die Gutsituierten leisten können“, sagt ein Musikschulleiter dem hr. Das dürfe nicht Aufgabe einer öffentlichen Musikschule sein. Eine Lösung ist derzeit nicht in Sicht, obwohl die Zeit drängt. Die Deutsche Rentenversicherung hat den Musikschulen nur noch bis diesen Oktober Zeit gegeben, um die Verträge neu zu regeln. Viele Musikschullehrer*innen fürchten deshalb um ihre Existenz.

Die Deutsche Jazzunion stellt zum Thema eine Infobroschüre als PDF zur Verfügung, die per Mail angefordert werden kann, weitere Infos hat der Deutschen Tonkünstlerverband Berlin hier zusammengestellt.

31.07.2024