Sichere Konzerte sind auch in Corona-Zeiten möglich

Die Studie RESTART-19 simulierte Mitte August im großen Stil Konzerte in verschiedenen Szenarien, um festzustellen, wie hoch die Corona-Infektionsgefahr bei Konzerten ist (wir berichteten). Die Ergebnisse wurden jetzt an der Uni in Halle bekannt gegeben: ein pauschales Verbot von Großveranstaltungen ist möglicherweise nicht sinnvoll. Die Wissenschaftler*innen um den Infektiologen Stefan Moritz und den Epidemiologen Rafael Mikolajczyk hatten ein Popkonzert organisiert, das eigentlich aus drei kurzen Konzerten in unterschiedlichen Varianten bestand: eine „normal“ ausverkaufte Halle mit 8700 Zuschauer*innen, mit 4000 Zuschauer*innen mit kleinem Ein-Sitz-Abstand im Schachbrettmuster gesetzt, und eine paarweise besetzte Halle mit Abstand zum nächsten Paar von mindestens 1,50 Metern. Die Zuschauer*innen bekamen allesamt Sender mit einer Technologie, die es ermöglichte,  Aufenthaltsorte und Abstände zu anderen fast zentimetergenau zu bestimmen und zu verfolgen. In Konzertpausen konnte man Catering-Stände nutzen, für alle galt Maskenpflicht. Dazu kam eine Modellierung der Luftströme unter verschiedenen Lüftungskonzepten.

Die Studie ergab, dass Konzerte, sportliche und ähnliche Großveranstaltungen, die vollbesetzt und ohne Hygienekonzept stattfänden, zwar die Verbreitung des Virus deutlich beschleunigen könnten. Doch allein eine Halbierung der Zuschauermenge, kombiniert mit Maskenpflicht, festen Sitzplätzen und einem Einlasskonzept, dass die Schlangen kurz hält, könnte nach den Berechnungen sogar bei Inzidenzwerten um die 50 dazu führen, dass der Beitrag einer solcher Veranstaltungen zur Ausbreitung des Virus in einer Stadt wie Leipzig sehr gering wäre. Auch bei höheren Inzidenzwerten seien noch Events mit niedriger Gefahr möglich, allerdings bei weiter reduzierter Besucherzahl wie im Szenario mit paarweiser Besetzung der Reihen und Mindestabstand 1,50 Meter.

Die Modellierung der Luftströme allerdings belegte, dass eine leistungsfähige, die physikalischen Gegebenheiten des Ortes berücksichtigende Zu- und Ableitung von  Luft mitentscheidend sein dürfte. Moritz fordert denn auch ein Investitionsprogramm, das Veranstalter*innen eine Umrüstung ermöglicht, und eine massive ingenieurswissenschaftliche Anstrengung, um ein infektiologisches Bewertungssystem für Lüftungsanlagen in großen und kleineren Veranstaltungsräumen zu entwickeln.

Die Ergebnisse vor einem peer-review-Prozess und vor Publikation in einem Fachmagazin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist ungewöhnlich. Man habe sich dazu entschlossen, weil man auf die Dauer des Begutachtungsprozesses keinen Einfluss habe, sagte der Dekan der Medizin-Fakultät, Michael Gekle. Es gehe hier um Erkenntnisse, die relevant für die „öffentliche Daseinsfürsorge“ seien, und es sei notwendig, die Daten und Schlussfolgerungen „auch schon im derzeitigen Reifegrad“ den Verantwortlichen zu übergeben. (Quelle)

30.10.2020

RESTART-19 simuliert Konzertszenarien und sucht Teilnehmer*innen

Keine*r weiß, wie lange die Abstandsregelungen wegen Covid-19 noch bestehen bleiben und so lange wird die Livemusik- und Clubszene noch heftig darben. Um das Risiko für eine Ansteckung in verschiedenen Szenarien zu untersuchen und besser zu verstehen, beginnt daher in Kürze ein Forschungsprojekt der Universitätsmedizin Halle (Saale). RESTART-19 steht für „Risk prEdiction of indoor SporTs And cultuRe events for the Transmission of COVID-19“ und hat zum Ziel, das Risiko eines Ausbruchs mit COVID-19 durch Hallen-Großveranstaltung zu simulieren und dabei Rahmenbedingungen zu erforschen, unter denen solche Veranstaltungen trotz Pandemie wieder durchgeführt werden können, ohne eine Gefährdung der Bevölkerung zu riskieren. Die Studie sucht dafür gesunde Proband*innen zwischen 18-50 Jahren, die bereit sind, am 22.08.2020 in der Zeit von 8-18 Uhr ein Konzert von Tim Bendzko (kostenlos!) in der Quarterback Immobilien Arena in Leipzig zu erleben. Mit Hilfe von Trackern am Körper werden während des Konzerts die Abstände zwischen den Personen aufgezeichnet, mit floureszierender Farbe die häufigsten Kontaktstellen der Konzertbesucher*innen festgestellt. Anmeldeschluss: 13.08.2020

10.08.2020