Offener Brief an die deutsche Jazzszene von David Friedmann
David Friedmann, Vibraphonist und ehemaliger Professor an der UdK und am Jazzinstitut Berlin wendete sich mit einem offenen Brief an die deutsche Jazzszene, in dem er forderte, mehr Lehrstellen an Musikhochschulen mit Frauen zu besetzen. Hieraus möchten wir gerne zitieren:
„… In den vielen Jahren, in denen ich als Musiker gearbeitet habe, konnte ich einen großen Anstieg der Zahl der Frauen im Jazz feststellen; nicht nur Sängerinnen, sondern auch zahlreiche Instrumentalistinnen, die die Entwicklung dieser Musik maßgeblich geprägt haben. Eigentlich ist es überflüssig, Namen zu nennen, denn wer sich dessen nicht bewusst ist, lebt leider in einem hermetisch abgeriegelten System. Trotzdem: Wenn man sich in der Jazzlandschaft und dort gerade in der Ausbildungssparte umsieht, bekommt man das Gefühl, dass hier die Zeit stehengeblieben ist.
Wo sind die Jazzprofessorinnen an den Hochschulen, außer im Fach Gesang? Bei welchen Jazzseminaren in Deutschland werden Instrumentalistinnen als Dozentinnen eingeladen? In Amerika und Kanada sieht es glücklicherweise etwas anders aus. Sind die Amerikaner und Kanadier näher an der Realität? In Banff, Kanada, zum Beispiel, an einer der renommiertesten Jazzausbildungsstätten, unterrichten die folgenden Jazzdozentinnen: Tia Fuller, Saxofon/Komposition, Okkyung Lee, Cello/Komposition, Linda Oh, Bass/Komposition, und viele andere.
In Deutschland gibt es ebenso wie in den USA begabte, wegweisende Instrumentalistinnen:
Olivia Trummer: Klavier/Komposition, Anke Helfrich: Klavier, Mareike Wiening: Schlagzeug, Anna-Lena Schnabel: Saxofon/Komposition, Karolina Strassmeyer: Saxofon, Lisa Wulff: Bass, Sike Eberhard: Saxofon, Nicole Johänntgen: Saxofon, Sandra Hempel – Gitarre, Shannon Barnett: Posaune, Julia Hülsmann: Klavier/Komposition, Izabella Effenberg: Vibrafon, und viele andere mehr.
Ich habe die Jazzseminare in Heek, Schönbach, Weiden, Dornbirn und Burghausen etc. aus der Ferne verfolgt und ich frage mich seit einiger Zeit, wieso diese Seminare und Workshops immer noch Männervereine sind, außer der gelegentlichen Sängerin oder „Jungdozentin“, die leider zu oft nicht wirklich als gleichwertiges Teammitglied gesehen wird?
Meiner Ansicht nach haben wir als „Educators“ die Verantwortung, eine motivierinde Message an unsere jungen Kolleginnen weiterzugeben und ihnen nicht das Gefühl zu vermitteln, dass sie sich trotz ihres Engagements und ihrer Hingabe und der Liebe zu dieser Musik nur darauf freuen können, schon am Anfang ihrer Karriere nicht ernst genommen und ausgeklammert zu werden.“