„Es reicht!“ ein aktuelles Statement von Efrat Alony

„… 16 Jahre in Deutschland. Dabei war mir bei jedem Interview immer bewusst: Ich werde als „die israelische Sängerin“ wahrgenommen. Welche Tagesquote kann ich also für die deutsche Presse erfüllen? Four birds in one hand. Ich als Nichtdeutsche, Israelin, Jüdin, die etwas zum Nahostkonflikt sagen kann, über Krieg erzählen und über die Gefühle einer Jüdin in Nachkriegs-Deutschland (schöne Worte, um das Holocaust-Thema anschneiden zu können). Diese Themen, so wichtig sie für mich sind, sind zu groß und zu komplex, um ihnen in einem „200 Wörter-Interview“ gerecht zu werden.

Bei uns sagt man, dass die dreckige Wäsche nicht draußen gewaschen werden darf. Und lange hat dies für mich Sinn gemacht. Denn so viele Leute hier haben sich eine Meinung über die Situation in Israel gebildet, ohne wirklich
etwas darüber zu wissen. Ich wollte ihnen nicht auch noch Munition liefern.
Aber jetzt muss ich das alles im Kauf nehmen, um etwas zu sagen. Zu sagen: Er reicht! Auf beiden Seiten: Es reicht! Es reicht mit „Fear Mongering“ (The use of fear to influence the opinions and actions of others towards some
specific end). Angst ist ein sehr starkes Gefühl, das uns blind machen kann. Blind auf allen anderen Ebenen.

Könnte es sein,
dass die politische Mächtigen uns – Israelis und Palästinenser – als Bauern in ihrem eigenem Schachbrett benutzen, ohne darauf zu achten, was für uns wichtig ist.
Dass wir alle einfach in Frieden leben wollen.
Dass die Mütter auf beiden Seiten ihre Kinder zur Schule und zur Uni schicken wollen und nicht in den Krieg.
Dass wir alle ein Arbeit haben wollen, von der wir uns und unsere Familien respektabel ernähren können.
Dass wir alle nicht mehr in diese Ungewissheit leben und eine langfristige Perspektive haben wollen.“

Efrat Alony (Jg. 1975) wurde als Tochter irakischer Einwanderer in Haifa geboren. Sie lebt seit 16 Jahren in Berlin und unterrichtet seit 2009 an der Hochschule der Künste in Bern. Ihr Musikstudium absolvierte sie in Israel, Boston und Berlin.

Ihr Statement in voller Länge ist zu lesen auf ihrer website: www.alony.de

22.11.2012