Lava 303

“Wunderbare Electrofrau“

Rockfans dürfte Constanze „Conni“ Maly keine Unbekannte sein: Constanze ist Gitarristin und Sängerin der Slags, einer Frankfurter Frauenband, die Anfang der neunziger Jahre gegründet wurde, sich 1996 trennte und 2006 das furiose Comebackalbum „Run Free“ veröffentlichte. Conni Malys musikalische Interessen gingen seit jeher über den Rock-Rahmen hinaus, zum Beispiel ist sie seit den späten Neunzigern mit dem Electroact Lava 303 unterwegs.

Malys aktuelles Soloalbum „Wunderbare Electrofrau“ ist mehr als „nur“ eine Platte: neunzehn Tracks sind darauf, kühne Mixturen aus Rock, Drum’n’Bass, Elektro, Dance, Techno, Balladen, Balkanklängen, dazu sozialkritische, mal kämpferische, mal träumerische Texte. Zwingend und tanzbar ist „Ich lieb‘ dich von fern“, im Spannungsfeld aus treibenden Beats und verzerrten Gitarren klingt Connis Stimme dunkel und geheimnisvoll, ein bißchen wie Gudrun Gut. Sehr gelungen und mitreißend ist der Slags-Remix „Dancing“, auf „Frankfurt am Meer“ huldigt sie ihrer Heimatstadt, bei „Gathering of the Tribes“ ist Krautrock-Legende Mani Neumeier (Guru Guru) zu hören, mit dem Conni Maly seit langer Zeit zusammenarbeitet. Conni Maly setzt ihre Energien nicht nur musikalisch ein: sie engagiert sich für Flüchtlingsfrauen aus dem Kosovo und benachteiligte Kinder; sie ist überzeugte Feministin und Mutter, interessiert sich für ferne Kulturen und Religionen – und verarbeitet alles in ihrer Musik. Auf „Wunderbare Electrofrau“ sind neben Sprach-, Vibrator- und Babyphonsamples, MC-303-Effekten und E-Gitarren auch Interviewausschnitte mit kosovarischen Frauen zu hören, was dem Album stellenweise Hörspiel-Charakter verleiht. Im 32-seitigen Booklet befinden sich Fotos, Texte, Links zu befreundeten Künstlern und demotaugliche Slogans wie „Fuck Germany / just makes me sick“ oder „Don’t be in love with the producer, be the producer!“ „Wunderbare Electrofrau“ ist die Werkschau einer politisch bewußten Künstlerin: leidenschaftlich, kompromißlos, explizit. Das gerät zuweilen ein wenig anstrengend, weniger wäre hier definitiv mehr gewesen – doch Conny Maly macht keine Abstriche, nirgends. Eine Haltung, die in ihrer Konsequenz dann doch wieder bewundernswert ist.

CD, 2008, 19 Tracks, http://www.herzbergverlag.de/seiten/lava.htm, Label: Herzbergverlag

Christina Mohr

09.02.2009