
Julia Stone
“The Memory Machine“
Für Julia Stones Solodebüt „The Memory Machine“ muss man sich ein wenig Zeit nehmen. Zu groß wäre sonst die Gefahr, die Australierin als eine unter vielen Singer-Songwriter-Elfen einzuordnen, sie wegen ihrer mädchenhaft fragilen Stimme als harmlos abzutun. Doch schon der Blick aufs Horrormovie-Cover verrät, dass Stone, die in Australien mit ihrem Bruder Angus seit einigen Jahren als äußerst erfolgreiches Duo unterwegs ist, keine mit lila Tinte verfasste Teenagerlyrik vertont. Julia Stones Texte sind düstere, morbide Geschichten, die oft aus ihrem persönlichen Erfahrungsschatz stammen. Die Arrangements und Kompositionen sind so delikat und raffiniert, dass man erst beim zweiten, dritten Durchgang bemerkt, wie gut die Songs sind. Stone drapiert Bass, Ukulele, Piano, Percussion und Gitarre scheinbar unauffällig, aber punktgenau und wirkungsvoll um ihre charakteristische Stimme herum. „What´s Wrong With Me?“ ist ein zwar augenzwinkernder, aber deshalb nicht minder verstörender Seelenstrip, in diesem Stück holt Julia aus ihrer Stimme alles heraus und klingt gar nicht mehr süß und zart. Songs wie „Where Does the Love Go“ erinnern an die fabelhafte Edie Brickell, das von heiteren Trompeten untermalte „Catastrophe“ kann sich mit Van Morrissons „Brown Eyed Girl“ messen, der melancholisch-balladeske Titeltrack ist von Leonard Cohens Songwriting beeinflusst. Aber man sollte sich mit Verweisen und Vergleichen nicht zu sehr ablenken, denn Julia Stone hat ihren eigenen Stil längst gefunden. Man muss ihr nur genau zuhören.
CD, 2011, 10 Tracks, Label: Pias, Flock Music
Christina Mohr04.03.2011