
Aldona
“Sonnet“
Fällt der Begriff „Sonnet“ muss der eine oder andere vielleicht an die dröge siebte Stunde Deutschunterricht aus seinen Schulzeiten denken. Die Streber unter Euch freuen sich jetzt vielleicht schon, aber dem wird das vierte Album „Sonnet“ von Aldona bei weitem nicht gerecht: Aldona’s Musik ist energetisch, überraschend und erfrischend anders! Mit vorangegangener Schauspielausbildung präsentiert sich die polnische – in Paris lebende – Sängerin Aldona Nowowiejska auf dieser Scheibe stilistisch mit akustischer, osteuropäischer Folklore und ganz eigenwilligem Interpretationsgeist. „Sonnet“ = Klanggedicht -so haben wir’s zumindest fleißig in der Schule gelernt, oder? Als Zuhörer erlebt man nämlich wirklich ein klangspektakuläres Abenteuer: die Phantasiereise beginnt mit dem Ertönen eines Akkordeons irgendwo in den Straßen von Paris, führt mit slawischer Nostalgie ins volkstümliche Polen, plötzlich ist man Mitbekunder von Stammestänzen imaginärer Naturvölker, weiter geflogen ins träumerische Nimmerland und dann doch wieder orientierungslos, aber scheinbar stetig rastlos auf der Reise. Aldona singt mit fast ausschließlich polnischen, lyrischen Texten und einer nostalgischen Melancholie über ihre Sehnsüchte und die Liebe. Streicher eröffnen den Opener „Blue Birds Of Blanka“, in dem Aldona den Himmel nach gleichgesinnten Freigeistern wie den ihrigen absucht. Später kommen Bass, Mandoline und Banjo dazu, während Aldona den Song auf „Dadadadei“ in Kalinkamanier aufbrechen lässt. Die Tracks „Blow, The Wind“ und „White Silence“ kommen ruhiger und heller daher. Mit orientalischen Rhythmen wird in „Slowly“ als nächstes Reiseziel der Nahe Osten festgelegt. In dem gleichnamigen Albumtitel zitiert Aldona zunächst sprechend, dann singend ein Gedicht von Shakespeare. Mit sehr lang gehaltenen Tönen und Naturlauten, die mal mit dem Atem imitiert werden, dann mit ganz hoher klassischer Opernstimme, geht die Musik mit einer Stimmung aus Verzweiflung und Widerstand dem Höhepunkt entgegen. Ein Intro aus Knistern und Knacken wie in einer einsamen Nacht in der wilden Natur leitet in den einzigen französischen Titel „A Murmur…“ ein. Schräge Einwürfe des Akkordeons folgen, dem wohl charakteristischsten Instrument auf diesem Album. In „Hymn of Love“ singt Aldona mit kindlichem Trotz von der niemals scheiternden Liebe, ein dissonantes Instrumental-Outro schließt den Track. Es wirkt, als würde Aldona sich die Unfehlbarkeit der Liebe verzweifelt und zwanghaft einbläuen wollen. Heroisch und schwermütig kündigen die Streicher in „Autumn“ den polnischen Herbst an. „Hey“, der letzte Song des Albums, ist ein polnisches Volkslied aus den Bergen, welches vor Lebendigkeit und Bewegung nur so strotzt. Insgesamt ist dieses Album ein polnisch-französischer Geniestreich, der durch musikalisches Können, kindliche Kreativität und (laut)malerisch poetischen Ausdruck besticht!
CD, 2011, 10 Tracks, Label: Jaro Medien
Caroline Fuchs25.04.2012