
Georgia English
“Learn to Drive“
Auf ihrem dritten Album „Learn to Drive“ zeichnet die amerikanische Singer-/Songwriterin Georgia English ein poetisches Bild der ambivalenten Erfahrungen des Erwachsenwerdens. Aufgewachsen in San Francisco versuchte sich die junge Künstlerin bereits während ihrer Schulzeit als Straßenmusikerin, vernetzte sich mit anderen Musikschaffenden und lernte von deren Erfahrung. Seit Beginn ihres Studiums am Bostoner Berklee College of Music (Songwriting/American Roots Music) betätigt sich English nicht nur als Komponistin und Bandleaderin, sondern vermittelt ihr Wissen in Musical-, Songwriting- und anderen kulturpädagogischen Projekten auch an Jugendliche. Inzwischen lebt und arbeitet die engagierte Musikerin in Nashville, wo sie und ihre Studienkollegin Jen Starsinic 2017 das gemeinnützige Mentorship-Programm Girls Write Nashville ins Leben gerufen haben. Mit der Unterstützung professioneller Künstler*innen haben Mädchen und junge Frauen dort die Gelegenheit sich als Songwriterinnen und Musikerinnen auszuprobieren und die Ergebnisse ihrer Arbeit in Konzerten und gemeinsam produzierten Aufnahmen zu präsentieren. Vielleicht ist es unter anderem dieser pädagogischen Tätigkeit zu verdanken, dass English sich auf ihrem neuesten Album vermehrt mit der eigenen Adoleszenz auseinandersetzt. Während das soulige „Never Knew I had It In Me“ und das einfühlsam gesungene „Good To You“ von den innigen Gefühlen der ersten großen Liebe handeln, thematisieren der titelgebende Song „Learn To Drive“ und das unbeschwerte „Let’s Hit The Road“ die Freuden und Möglichkeiten der durch den Führerschein gewonnenen Unabhängigkeit. An anderer Stelle verknüpft English ihre Lebenserfahrungen auch mit politischen Themen. So reflektiert sie in „Raised By The City“ nicht nur das Aufwachsen in der Großstadt San Francisco, sondern problematisiert auch die tiefgreifenden Veränderungen, welche die einstige Hippie-Metropole in den letzten Jahren durchlaufen hat. Eine durchaus provokante Perspektive findet sich im rau vorgetragenen Country-Song „Old Men“, bei welchem die Sängerin sich selbst durch den vorurteilsbehafteten Blick älterer Männer betrachtet. Ein wunderbar erfrischendes Album, das persönliche Erlebnisse, jugendliche Aufbruchstimmung und zeitkritische Reflexionen mit dem musikalischen Geist des Americana verbindet.
CD, 2019, 9 Tracks, Eigenvertrieb
Stefanie Zimmermann23.05.2020