Anna Calvi

“Hunter“

Anna Calvis drittes Album ist eine Demonstration der Freiheit: Der Titel „Hunter“ sei wörtlich zu nehmen, so die britisch-italienische Gitarristin und Sängerin. Es geht um Verlangen und Grenzüberschreitung, um essenzielle Bedürfnisse, Zärtlichkeit, Gewalt, Verlust und Stärke. Und um sexuelle Selbstbestimmung: So explizit und emotional war Calvi noch nie, weder auf ihren zwei ersten Platten noch auf der gemeinsamen EP „Strange Weather“ mit David Byrne. In Songs wie „As A Man“, „Swimming Pool“ und „Don’t Beat the Girl out of my Boy“ stellt Calvi festgelegte Genderrollen in Frage und zeigt im Video zum Titelsong unzensierte Nacktheit. Die Künstlerin selbst sagt, sie habe ein queeres, feministisches Album gemacht – und stellt der Veröffentlichung gar ein leidenschaftliches Manifest voran, in dem sie sich für die bedingungslose Akzeptanz von „Anderssein“ stark macht, wie auch immer das definiert sein mag. Calvis neues Selbstbewusstsein drückt sich auch in der Musik aus: Weniger statisch und theatralisch, dafür intimer und intensiver, Dissonanzen und Kontraste inbegriffen. Ihr charakteristisches Gitarrenspiel bricht immer wieder aus: in Richtung Rock und Jazz, befreit und voller Power, ihre dunkle, voluminöse Stimme scheint förmlich zu vibrieren. Calvis Band – Mally Harpaz am Piano, Schlagzeuger Alex Thomas, Portishead-Keyboarder Adrian Utley und Bad-Seeds-Bassist Martyn Casey – schafft den eleganten Background für Calvis Kompositionen, mit denen sie ein neues, spannendes Kapitel ihres Schaffens aufschlägt.

CD, 2018, 10 Tracks, Label: Domino Records

Christina Mohr

03.09.2018