
Fatoumata Diawara
“Fatou“
Wenn man versuchen würde, das erste Soloalbum der aus Mali stammenden Sängerin und Schauspielerin Fatoumata Diawara mit einem prägnanten Ausdruck zu erfassen, dann wäre es vielleicht „leiser Donnerschlag“. Leise, weil sich Fatoumata Diawaras Stimme und Musik unaufdringlich und fein in die Gehörgänge hineinschrauben und sich dort festsetzen. Ein „Donnerschlag“, weil die Texte, die mit einem einfachen, man möchte fast sagen, naiven Gestus die Hörerin aufzuwühlen verstehen. Doch der Reihe nach: Fatoumata Diawara, geboren 1982, begann ihre künstlerische Karriere zunächst als Tänzerin in Bamako, der Hauptstadt Malis. Als Teenager machte sie erste Erfahrungen als Schauspielerin, die sie mit ihrem Umzug nach Paris professionalisierte. Über die Hauptrolle in einem Musical lernte sie die aus Mali stammende Grande Dame des afrikanischen Lied Oumou Sangare kennen. Die fruchtbare Zusammenarbeit mit Sangare half Diawara, ihren eigenen Musikstil zu entwickeln, und so entstand diese einzigartige Synthese aus afrikanischer und westeuropäischer Musik. Das Debütalbum päsentiert unverkennbar die Einflüsse des Wassoulou, eines folkloristischen, auf der Pentatonik basierenden Musikstils aus der südwestlichen Region Malis, gespielt auf Kalebassen. Andere Lieder, wie „Bakonoba“, kommen ohne afrikanische Instrumente jazzig daher und brechen die folkloristische Tradition mit zeitgenössischen Pop- und Jazzelementen auf. Diawara singt in diesem Album ausnahmslos in ihrer Landessprache und so ist man auf das CD-Booklet angewiesen, das eine Übersetzung der Texte in Französisch und Englisch anbietet und einen zusätzlichen Kommentar, der die kulturellen Hintergründe eines Songs erläutert. Merkwürdigerweise ist die Notwendigkeit der Übersetzung aber kein Hindernis. Die Texte gehen so ziemlich direkt unter die Haut; so wie in „Bissa“, in dem der Brauch der arrangierten Ehe aufgegriffen wird oder in „Boloco“, in dem die grausame Kultur der weiblichen Beschneidung beklagt wird. Dass die Texte so ungekünstelt ins Gehör gehen, liegt natürlich auch an der warmen, rauen Stimme Diawaras, die eigene schmerzvolle Erfahrungen transportiert, ohne sich dabei zu exponieren. Ein für die Rezensentin packender Höhepunkt dieses Albums ist „Sowa“, ein Song, der vom afrikanischen Usus spricht, das eigene Kind zu anderen Menschen zu geben, wenn man mit der Erziehung nicht klar kommt: „Bevor ihr eure Kinder ins Leid schickt, schaut ihnen in die Augen“. Das ist eindrucksvoll und lässt einen selbst hinterfragen. Ein leiser, aber gewaltiger Donnerschlag.
CD, 2011, 12 Tracks, Label: World Circuit
Sandra Müller-Berg05.10.2011