Lana Del Rey

“Born To Die – The Paradise Edition“

Bei den kürzlich von MTV ausgerichteten Europe Music Awards (EMA) machte Lana Del Rey einen rührend schüchternen, irgendwie unbeholfenen Eindruck, von Glamour und Coolness kaum eine Spur. Der EMA-Auftritt wirft ein anderes Licht auf die unantastbare Star-Persona, die sich Del Rey für „Born To Die“ zugelegt hatte – und auch „The Paradise Edition“, Luxus-Nachklapp dieses Albums, wird zu einer Neubetrachtung des Hypes führen. Denn ganz ehrlich: „Born To Die“ war eine Enttäuschung. Zwei bis drei gute Songs, von denen man einen („Video Games“) schon in- und auswendig kannte; der Rest schlingerte zwischen Überproduktion („National Anthem“) und Halbherzigkeit („Off To The Races“). „The Paradise Edition“ beinhaltet auf einer Extra-CD acht Songs, die es nicht auf „Born To Die“ geschafft hatten und aber, um es ganz platt zu sagen, viel besser sind. „Ride“, „Bel Air“ oder „Gods And Monsters“ sind nämlich nicht mit allerlei angesagtem Technikkram zugekleistert, sondern fast schon spröde arrangierte Stücke, die viel Freiraum zulassen, in dem Lanas Stimme endlich so klingt, wie die Sängerin auf ihren Promofotos aussieht: eine faszinierende Mischung aus Blasiertheit und Melancholie, Träg- und Schönheit. Die Texte sind absurd und enigmatisch, oft geht es um Sex („my pussy tastes like Pepsi Cola / my eyes are wide like cherry pie“/“Cola“), durch Del Reys distanziert-abwesenden Gesang wirken solche Zeilen aber wie ein ironischer Abgesang auf die oversexte, allzeit bereite Medien“realität“. Die Coverversion von Bobby Vintons „Blue Velvet“ mag mit einem Augenzwinkern aufgenommen sein, wirkt aber mindestens so verloren und traurig wie Isabelle Rosselini in David Lynchs gleichnamigem Film. Kurzum: Wer sich über „Born To Die“ geärgert hat, wird von „The Paradise Edition“ sehr positiv überrascht sein.

Doppel-CD, 2012, 15 + 8 Tracks, Label: Vertigo Berlin

Christina Mohr

21.11.2012