Kiki Bohemia

“All The Beautiful“

Alice Prin alias Kiki de Montparnasse war während der 1920er Jahre die geheimnisumwobene Muse Pariser Bohèmekünstler wie Man Ray und vielen anderen. Ob Kiki de Montparnasse Vorbild für Karla Wenzels künstlerisches Alter Ego war, muß Spekulation bleiben: die knapp dreißigjährige Berliner Musikerin Kiki Bohemia ist eine One-Woman-Show, ausgestattet mit Akkordeon, Dictaphon, Stylophon, Sequenzern und ihrem Lieblingsinstrument, der Phillicorda-Orgel. Doch was Kiki Bohemias Musik so unverwechselbar macht, ist Frau Wenzels charakteristische rauchige Stimme, die die elektronischen Miniaturen zu atmosphärischen Shantys und wehmütigen Chansons verzaubert. Kiki Bohemia, die eigentlich Tänzerin werden wollte, von ihrem Körper aber Grenzen gesetzt bekam und sich deshalb dem Musikmachen verschrieb, verfremdet Tango- und Walzerrhythmen, samplet Elektrobeats und mischt all das mit klassisch anmutenden Violin- und Pianoparts, bis es sich anhört, als träfe sich Emily the Strange mit Anne Sophie Mutter auf einem verspukten Dachboden. Auf Kiki Bohemias Debütalbum „All the Beautiful“ verschmelzen Epochen und Stile zu einem geheimnisvollen und ungemein hinreissenden Gesamtkunstwerk: ob sie in „Spider Blues“ von ihrem „itsy-bitsy Spiderman“ singt oder in der lasziven Ballade „Cursed“ entrückt immer wieder haucht, „you touched my skin“, Kiki Bohemia macht Musik für die Kinder der Nacht, ganz gleich, in welchem Jahrhundert man sich gerade befindet.

CD, 2008, 11 Tracks, Label: Matrosenblau

Christina Mohr

21.10.2008