
Heliocentric Counterblast
“A Tribute To Sun Ra“
Wahrhaft abgefahren ist das Werk des Avantgarde-Jazzmusikers Sun Ra. Offiziell 1914 in Alabama geboren, aber nach eigenen Angaben vom Saturn kommend, gründete der Pianist und Komponist in den 50er Jahren sein „Arkestra“ mit ständig wechselnder Besetzung und wurde fortan von den einen als innovativer, genialer Vorreiter des Free Jazz gefeiert, von anderen als verrückter Spinner und Scharlatan abgelehnt. Die Saxofonistin und Flötistin Kathrin Lemke gehört eindeutig zu ersterer Gruppe. Für ihre neuste, fünfte Platte hat sie sich nun mit einigen Musikern der Berliner Jazzszene daran gemacht, ihrem Vorbild Ehre zu erweisen und in einem vom Berliner Senat und der Initiative Musik geförderten Tribute-Projekt nicht das Bizarre des Sci-Fi-Philosophen herauszustreichen, sondern den Gestus des Musikers, seine Spiritualität wiederzubeleben. „Seine Musik öffnet Räume“ sagt die Musikerin bewundernd und schwärmt von den „good vibes“, die stets rund um die Tribute-Konzerte entstehen. „Wenn man die Platten von Sun Ra hört, gibt es da so einen Grund-Geist, einen Spirit, der unglaublich stark ist. Das Faszinierende ist, dass dieser Geist auch entsteht, wenn man die Stücke selber spielt. Da überträgt sich etwas, das sich nicht erklären lässt“. Im Zentrum stehen Sun Ras Kompositionen aus den späten 50er Jahren, zwei Eigenkompositionen von ihr und dem Trompeter Nikolaus Neuser runden das Ganze ab. Eine schön-schräge Zeitreise, die sogar für jazz-ungeübte Ohren interessant ist.
MELODIVA CD Tipp Mai 2012
CD, 2012, 9 Tracks, Label: Yellowbird
Mane Stelzer13.06.2012