Malia

“Black Orchid“

„Yellow Daffodils“ hieß das erste Album der britischen Sängerin Malia, und so, wie gelbe Narzissen schöne, aber eher allgemein verbreitete Blumen sind, waren die Jazz-Songs, mit denen sie damals debütierte, eher gefällige Stücke mit Soul, Funk und Rock-Elementen und Bandbegleitung. Zehn Jahre später präsentiert Malia auf ihrem vierten Album „Black Orchid“ wunderbare Neuinterpretationen von Jazzklassikern, fast so einzigartig wie die Blüte der schwarzen Orchidee. Mit ihrer leicht rauchigen Altstimme liefert die in Malawi geborene Sängerin auf dieser Scheibe eine wunderbare Hommage an Nina Simone. Dreizehn der schönsten Balladen hat Malia ausgewählt, um ihre Bewunderung für ihr großes Vorbild zum Ausdruck zu bringen. Mit „My Baby Just Cares For Me“, ein Stück, das ursprünglich für das Ziegfeld Musical „Whoopee“ geschrieben wurde, aber heute als Erkennungsmelodie von Nina Simone gilt, eröffnet Malia ihre Ehrbietung für die 2003 gestorbene Sängerin. Das Tempo hat Malia bei ihrer Version halbiert und gibt damit den Takt für das ganze Album an. Selbst ein Stück wie Simones „Marriage Is For Old Folks“, im Original von orchestralen Tönen begleitet, wird hier fast alleine von Malias Stimme getragen – lediglich von Laurent Sériès Drums umrahmt. Die Musiker sind ohnehin sehr zurückhaltend, es ist die Stimme, die diesem großartigen Album seine Emotionalität gibt. Es geht in den Songs um Leiden, Liebe, Demütigung, um große Gefühle von Schmerz und Leidenschaft. Vielleicht schafft es Malia, ihren Interpretationen so viel Ausdruck zu verleihen, weil sie, obwohl sie zur Hälfte weiß ist (ihre Mutter stammt aus Malawi, ihr Vater ist weißer Engländer), die Diskriminierungen erfahren hat, die Menschen mit dunkler Hautfarbe ausgesetzt sind. Zu ihrer Version von „Four Women“, ein Song in dem Nina Simone über die vier Archetypen der Afro-Amerikanerin singt, sagt Malia: „Ich kann mich mit jeder dieser Frauen identifizieren. Ich wuchs mit Segregation und Unterdrückung auf, ich habe gelernt, dass die Welt mehr ist als ein Monopoly für weiße Menschen.“ Besonders bei diesem Stück kamen mir als schwarze Hörerin fast die Tränen, so bewegend besingt Malia das Leiden dieser Frauen. Auch die anderen Stücke schwören eher eine traurige Stimmung herauf – so zum Beispiel ihre Interpretation von „If You Go Away“, die englische Version von Jaques Brels „Ne Me Quitte Pas“, das so klingt, als ob der Geliebte schon längst über alle Berge wäre. Dieses Chanson wurde übrigens, bevor es von Nina Simone 1965 in der englischen Version interpretiert wurde, schon ein Jahr zuvor von Marlene Dietrich auf Deutsch („Bitte geh‘ nicht fort“) gesungen. Auf „Black Orchid“ hören wir eine gereifte Malia, die durchaus in der Lage ist, die großartige Nina Simone zu beerben.

CD, 2012, 13 Tracks, Label: Universal Music

Tina Adomako

22.02.2012