Bereits seit Beginn des Lockdowns im März verfolgen wir intensiv die Situation von Musiker*innen, die von einem auf den anderen Tag mit einem vollständigen Berufsverbot zurechtkommen mussten. Mitte März hatten wir die Musikerinnen* aus unserem Netzwerk erstmals angeschrieben und die Ergebnisse in einer Pressemitteilung veröffentlicht. Damals konnte sich noch keine*r vorstellen, dass wir uns im Herbst immer noch mit dem Thema beschäftigen müssen und Hilfsangebote für Soloselbstständige in den meisten Bundesländern nach wie vor an der Lebensrealität von freischaffenden Künstler*innen vorbeigehen. Auch zwei weitere Umfragen im Juni und September zeigen zwar kurzzeitige zarte Verbesserungen in den Lebensumständen der Musikerinnen*, offenbaren aber auch, dass der monatelange Lockdown vor allem ein Gefühl hinterlässt: eine tiefe Erschöpfung. 

 

„Die Anträge für Soloselbstständige sind nach wie vor weit an der Realität der Kulturschaffenden vorbei gedacht.“

Denn während größere Betriebe auf Kurzarbeitergeld und andere Maßnahmen zurückgreifen konnten, dürfen nach wie vor nur in wenigen Bundesländern die Soforthilfen für Soloselbstständige auch für die Lebenshaltungskosten verwendet werden. Für viele Musiker*innen greift die Soforthilfe also nach wie vor nicht.

Ich fühle mich alleine gelassen von der Regierung und den zuständigen Stellen. Die Anträge für Soloselbstständige sind nach wie vor weit an der Realität der Kulturschaffenden vorbei gedacht. Wenn ich schon Arbeitsverbot habe, erwarte ich eine „Grundsicherung“ für meine Lebenshaltungskosten (und nicht für meine nicht existenten Betriebskosten). Das ist nicht der Fall.“

Dass eine solche Soforthilfe unter Einbeziehung der Lebenshaltungskosten durchaus sinnvoll sein kann, beschreibt eine Musikerin aus Berlin:

Ich habe die Soforthilfe beantragt und konnte sie auch für ausgefallene Konzerte und Schüler im Frühling benutzen. Da ich in Berlin lebe, denke ich, dass ich das Geld auch für meinen Gehalt benutzen kann, so, wie es mir die IBB geschrieben hatte. Ich habe viel gelesen, dass Künstler ihre Soforthilfe nur für Betriebskosten benutzen dürfen. Das gilt aber nicht für Berlin. Ich bedauere es sehr, dass es für die anderen Länder komplizierter ist. Ich bin eigentlich diesbezüglich fassungslos.

Als nicht „systemrelevant“ eingestuft, von der Politik ignoriert zu werden, stößt vielen auf und trägt zusätzlich zum Frust bei. Es sei dem Wirtschaftsministerium anscheinend egal, wenn Tausende Kulturschaffende verhungern, obdachlos werden oder sich umbringen, weil große Player wie Spotify, Amazon und Youtube davon profitierten, dass es keine Live-Events mehr gibt, heißt es in einem Statement. Auch das mangelnde Engagement der Berufsverbände wie GEMA, GVL, KSK u.a. wird kritisiert.

 

„Ich möchte doch keine Almosen erhalten, sondern selber arbeiten und dafür bezahlt werden.“

Zwar gab es inzwischen weitere Hilfsprogramme, Stipendien, Spendenaktionen und Fördertöpfe, aber sich in diesem Antragswald zurechtzufinden, erfordert erstens viel Kraft und Zeit, und zweitens ist es dann immer noch Glückssache, zu denen zu gehören, die für eine Förderung ausgewählt wurden. Auch muss in der Zeit des Wartens auf eine Zusage weiter Miete bezahlt und Essen eingekauft werden! Ein Ersatz für den Wegfall regelmäßiger Einnahmen ist dies jedenfalls nicht. Musiker*innen, die in der Regel ohnehin wenige finanzielle Ressourcen haben, brauchen seit Monaten die Spareinlagen auf, die für die Rente gedacht waren. 

Bild: Pfohlmann

Bereits in normalen Zeiten verlangt ein Leben als freiberufliche*r Musiker*in ein großes Maß an Flexibilität, Kompromissbereitschaft und Idealismus ab. Die Coronakrise hat diese Belastungen jedoch noch verstärkt und führt bei vielen zu einem Gefühl der chronischen Erschöpfung.

Als Freelancerin war ich schon immer recht anspruchslos und war gewohnt alleine und irgendwie mit der momentanen Situation improvisierend zurecht zu kommen, aber mit zunehmendem Alter fällt es mir immer schwerer, die positive Kraft für die immer gleichen finanziellen Probleme aufzubringen. In dieser Coronakrise habe ich tatsächlich Bedenken, ob der Kulturbetrieb „danach“ wieder weitergehen kann wie vorher. Ich fühle mich ausgepowert, etwas verunsichert und darin jetzt erst recht bestätigt, dass die freie – nicht kommerziell tätige, kreative – Kulturszene einfach dauerhaft zu wenig Unterstützung hat und zu wenig ernst genommen wird. Auch halte ich es für schwierig, immer wieder neue Bedingungen erfüllen zu müssen, um Unterstützung zu bekommen: die Organisationsarbeit nimmt immer mehr Raum ein, im Gegensatz zur ausübenden künstlerischen Tätigkeit.“

Dass langjährige erfolgreiche selbstständige Musiker*innen, die häufig ein Hochschulstudium vorweisen können, von der Politik wie in Hessen auf die Grundsicherung verwiesen werden, die sie noch dazu selten bekommen, weil der/die Partner*in zu viel verdient, beschreiben sie als Abwertung der eigenen Arbeit. Auch die Spendensammlungen, so sehr das Engagement zu begrüßen ist, verstärken den Eindruck, dass die Arbeit von Freischaffenden nicht gewürdigt wird.

Warum gibt z.B. die Oper Frankfurt nicht direkt freiberuflichen Musikern die Chance, dort aufzutreten, und zwar gegen eine ordentliche Gage, statt dass man die angestellten Orchestermusiker ins Rennen schickt, ohne Eintritt zu nehmen, und Spenden für uns arme Freiberufler sammelt (…). Ich empfinde das als entwürdigend. Ich möchte doch keine Almosen erhalten, sondern selber arbeiten und dafür bezahlt werden.“

„Die Online-„Zwischenlösungen“ sind mittlerweile die meisten leid.“

Viele Musikerinnen* hatten gleich zu Beginn der Krise neue Projekte im Online-Bereich entwickelt, manche konnten ihren Unterricht online weiterführen, bei anderen ging dies gerade nicht, da die Klangqualität oder die Zeitverzögerung der digitalen Übertragung das, worum es in einem hochwertigen Musikunterricht geht, nicht mit übertragen kann. Eine Chorleiterin berichtet, dass sie mit einem ihrer Chöre über Zoom geprobt hat, dort aber die Sänger*innen abwechselnd stumm stellen musste, weil der Klang der einzelnen Stimmen sich über dieses Medium eben nicht zusammensetzt. Dies erhielt zwar ein wenig die Motivation der Gruppe, machte aber musikalisch wenig Sinn. Bereits in unserer zweiten und noch mehr in der letzten Umfrage zeigte sich zunehmend, dass die Energie sich über Onlinelösungen für Konzerte und Unterricht nicht über Monate hinweg aufrechterhalten lässt.

Die Online-„Zwischenlösungen“ sind mittlerweile die meisten leid. Unsere Proben und die Musikprojekte leben von dem kooperativen, inspirierenden LIVE Miteinander. (…) Für kreative Freiberufler ist die Situation ein Albtraum.“

Künstlerisch befriedigend ist es nicht, in eine Kamera hinein zu unterrichten, es ist auch energetisch und zwischenmenschlich eher reduziert. Dennoch ist die Entwicklung von Onlineformaten als Ergänzung sicher ein Gewinn der Krise.“

Noch nie habe ich so einen Rückfall im Ansehen der Frau empfunden.“

Bild: mauritius images / dieKleinert / Markus Grolik

Bei vielen Musikerinnen*, die Kinder haben, kam noch eine weitere Belastung hinzu, wenn sie zwischen Online-Unterricht, Projektanträgen, Booking, Üben, Komponieren, der Entwicklung von neuen Webinhalten (Webshops, Livestreams, Online-Unterrichtsplattformen), um Einkommen zu generieren, monatelang auch noch die Kinderbetreuung und Homeschooling übernehmen mussten.

Noch nie habe ich so einen Rückfall im Ansehen der Frau empfunden, wenn es darum geht Muttiresourcen auszubeuten ohne Wenn und Aber, ohne Ausgleich. Ich „arbeite“ seit Monaten 18 Stunden am Tag.“

Ist der/die Partner*in selbst freischaffend, ist die Not noch größer. Ohnehin zeigen die einzelnen Schilderungen, dass auch die Strategie vieler Künstler*innen, sich für den Lebensunterhalt mehrere Standbeine anzuschaffen, kein Garant ist, diese Krise zu meistern.

Seit ca. 30 Jahren bin ich als freiberufliche Sängerin/Musikerin tätig und diese Einnahmen sind für die Sicherung des Lebensunterhaltes als Alleinerziehende existenziell! Der Kindsvater ist freiberuflicher Profimusiker und bezahlt seit April keinen Unterhalt mehr. Das Unternehmen, in dem ich als Büro-Angestellte arbeite, hat seit April auf Kurzarbeit umgestellt. Entsprechend sind meine Einnahmen auf einen extrem niedrigen Betrag zusammengeschrumpft. Meinen Vermieter musste ich im letzten Monat um Reduzierung der Miete bitten. Da ich nicht im Haupterwerb als Sängerin tätig bin, bekomme ich keine Soforthilfe. Da ich nicht arbeitslos bin, habe ich keinen Anpruch auf Arbeitslosengeld. Ich bin durch alle Raster gefallen.“

Live-Konzerte unter den aktuellen Bedingungen (…) sind ein absolutes Verlustgeschäft.“

Während des Sommers konnten zumindest einige Konzerte Open-Air stattfinden. Mit großem Aufwand, viel Herzblut und professionellem Know-How entwickelten Veranstalter*innen und Musiker*innen neue Formate, die endlich wieder Liveerlebnisse ermöglichten.

Dank des Sommerwetters waren viele Konzerte Open Air möglich. Im Duo oder mit der ganzen 8-köpfigen Band, Hofkonzerte, Fensterkonzerte, in Biergärten, offenen Scheunen und überdachten Bühnen draußen. Weniger Zuschauer, mehr Auflagen und Einschränkungen und dennoch Musik, und sogar vor echtem Publikum. Dafür bin ich sehr dankbar. Nothilfe haben wir von der GEMA bekommen für die vielen ausgefallenen Konzerte. (…) Dass wir schon so viele kleinere Auftrittsmöglichkeiten hatten, erfüllt mich mit Respekt und Dankbarkeit.“

Foto: Ralph Köhler

 

Schwierig wird es jetzt in der kalten Jahreszeit. Zwar sind inzwischen in allen Bundesländern teilweise Lockerungen der Auftrittsverbote erfolgt. Dass dies die Situation der Musiker*innen entspannt, ist jedoch ein Trugschluss. Durch die Abstandsregelungen im Zuschauerraum können Veranstalter*innen jeweils nur einen Bruchteil der Plätze belegen, sodass die Einnahmen die Kosten nicht aufwiegen können. Die Clubs können also weiterhin entweder gar nicht öffnen oder nur verschwindend geringe Gagen auszahlen. Bei Streaming-Konzerten, die im Frühjahr noch Zulauf hatten, ist das Interesse deutlich abgeflaut und es kommt für die Musiker*innen ebenfalls kaum Geld zusammen – vielleicht auch durch den Eindruck, es gäbe ja wieder Konzerte. Die Regelungen kommen jedoch in Wirklichkeit weiterhin einem Berufsverbot gleich. 

Onlinekonzerte bringen nicht viel Geld und sind kein Ersatz für das Erlebnis, live zu spielen. Live-Konzerte unter den aktuellen Bedingungen mit wenigen Zuschauer*innen sind ein absolutes Verlustgeschäft, was sich direkt auf die Gagen der Musiker*innen auswirkt. Die Musiker*innen, die Hartz 4 bekommen können, müssen ihre Gagen dann auch zum großen Teil wieder abgeben. Das System passt nicht auf die flexible Situation der Freiberufler*innen.“

Außenstehenden, auch im direkten privaten Umfeld der Musikerinnen* ist oft nicht vermittelbar, unter welchem Druck selbst die bis vor Corona seit Jahrzehnten erfolgreichen Musikerinnen* stehen.

Ich habe das Gefühl, dass ich ständig irgendwelche Anträge schreibe und mir Sachen ausdenke. Auf Dauer finde ich das sehr anstrengend und ich bin mittlerweile erschöpft. Ich habe das Gefühl, ich arbeite noch mehr als vor Corona. Ich fühle mich manchmal alleingelassen und ärgere mich über das Unverständnis von Menschen (auch Freunden), die nicht betroffen sind und sich einfach scheinbar überhaupt gar nicht vorstellen können, wie doof die aktuelle Situation für freiberufliche Musiker*innen ist.“

Am meisten aber ärgert mich die Ignoranz für die Kultur und die falsche Berichterstattung in den Medien über die angeblich fließenden Gelder. Die Lockerungen sind keine Hilfe, auch wenn die kleineren Spielstätten öffnen dürfen, so doch unter dermaßen eingeschränkten Bedingungen, dass eine kurze Überschlagsrechnung (Beispiel in München: das Ars Musica – normal 77 Sitzplätze, jetzt erlaubte 27 Besucher, maximal Trio auf der Bühne – zahlt also jeden Abend drauf, wenn’s öffnet) den Unsinn der Aktion zeigt. Aber offiziell heißt es: ihr dürft ja wieder spielen. Alles eine hohle Augenwischerei. Straßenkonzerte und Wohnzimmer-Livestreams generieren ebenfalls kaum Geld und werden zu allem Überfluss sofort pauschal von der GEMA in Rechnung gestellt. Das ist einfach eine Frechheit.“

 

„Die Tontechnik-Firmen sind pleite. Die Clubs geben auf. Die Bühnen schmeißen hin. Wir stehen alle so dicht vor dem totalen Aus.“

Die Planungsunsicherheit wirkt weit in das nächste Jahr hinein: Viele Konzerte aus diesem Jahr sind bereits auf das nächste Jahr verschoben worden. Damit bleiben kaum Spielräume für Veranstalter*innen, neue Konzerte zu buchen. Dazu kommt die ständige Unsicherheit, ob jetzt geplante Veranstaltungen tatsächlich stattfinden können, und nicht zuletzt die immer konkreter werdende Gefahr, dass immer mehr Clubs pleitegehen werden. 

„Aber es sind nur sehr sehr wenige Konzerte geplant, die Veranstalter sind 1. im Wartemodus, 2. spielen zuerst diejenigen, deren Konzerte in Frühjahr ausgefallen sind, d.h. es gibt einen Konzertstau. Bis es wieder „normal“ losgeht wird es dauern…“

„Wir haben schon viele Buchungen für Festivals für nächstes Jahr – aber die ersten haben schon wieder auf 2022 durchgeschoben“.

Nicht nur die Musiker*innen bangen um ihre Existenz, eine komplette Branche steht vor dem Aus, denn immer mehr Veranstalter*innen, Gaststätten, Cateringfirmen, Konzertagenturen, Techniker*innen, usw. kurz: die Berufe, die hinter den Kulissen arbeiten, gehen nach und nach pleite.

Wir machen uns furchtbare Sorgen. Wir brauchen für unsere Bälle Gastwirtschaften mit Saal ab 200 qm. Denen geht es so nass rein, wir wissen nicht ob es nachher überhaupt noch einen Gastropartner für unsere Bälle gibt. Wir hören von den Festival-Veranstaltern, dass die meisten Händler und Gastro Stände mit denen sie arbeiten, nächste Jahr nicht mehr kommen werden – die sind insolvent. Die Veranstalter schmeißen dann auch die Flinte ins Korn. Wir werden, wenn es so weiter geht, keine Infrastruktur mehr haben. Die Tontechnik-Firmen sind pleite. Die Clubs geben auf. Die Bühnen schmeißen hin. Wir stehen alle so dicht vor dem totalen Aus.“

Vorschläge, wie die schlimmen Folgen auf die Veranstaltungsbranche abgemildert werden könnten, gibt es genug: das Forum Musik Festivals, in dem sich über 100 Festivals aus Deutschland zusammengeschlossen haben, hat Forderungen vorgelegt, wie die Kulturbranche wieder auf die Füße kommen könnte, die Deutsche Jazzunion hat gemeinsam mit der Allianz der Freien Künste Änderungen bei der Soforthilfe gefordert, die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände setzt sich mit ihrer Petition für eine Verlängerung und rechtssichere Ausgestaltung von Soforthilfen für Selbstständige ein, der Deutsche Kulturrat fordert die Schaffung eines Bundeskulturministeriums in der nächsten Legislaturperiode, u.v.a. Noch gibt es sie in Deutschland: die vielfältige und lebendige Kulturszene. Wenn wir diese nicht ausbluten lassen wollen, müssen wir jetzt handeln. 

Alle Zitate stammen aus den Rückläufen unserer zweiten und dritten Umfrage. Sie werden hier anonymisiert wiedergegeben. Die jeweiligen Personen sind der Redaktion bekannt.

Titelbild: AdobeStock

Autorinnen: Maria Bätzing, Mane Stelzer

Alarmstufe Rot Demo Berlin (Foto: Radio WAF)

Seit dem Ende des vollständigen Veranstaltungsverbots am 30. Juni sind zweieinhalb Monate vergangen. Veranstaltungsorte, die die strengen Hygiene- und Abstandsauflagen gewährleisten können, haben den Vorstellungsbetrieb auf Sparflamme wieder aufgenommen und auch große Spielorte wie Theater und Opernhäuser öffnen spätestens mit dem Beginn der neuen Saison unter umfassenden Sicherheitsmaßnahmen wieder ihre Pforten. Es könnte der Eindruck entstehen, dass der Veranstaltungssektor allmählich auf dem Weg zur Normalität sei.
Dass die Realität davon nicht weiter entfernt sein könnte, darauf machte am 9. September das Aktionsbündnis #Alarmstufe Rot mit einer Großdemonstration zum Regierungsviertel in Berlin aufmerksam. 15.000 Teilnehmer, unter ihnen prominente Redner wie Herbert Grönemeyer, hatten vor allem vor dem drohenden wirtschaftlichen Ruin der Branche gewarnt. Dass hinter den beeindruckenden Zahlen, die das Bündnis auf seiner Website www.alarmstuferot.org veröffentlicht – es handele sich immerhin um den sechstgrößten Wirtschaftssektor mit 130 Milliarden Euro Umsatz und über einer Million Beschäftigter – unzählige persönliche Existenzkrisen stehen, lässt sich leicht erahnen.
Eine in mehrfacher Hinsicht Betroffene ist die Musikerin und Konzertagenturbetreiberin Gudrun Walther. Seit 17 Jahren tourt sie mit ihrer Irish Folk-Band Cara durch Deutschland, Europa und die USA und hat sich mit ihrem fünfköpfigen Ensemble nicht nur einen exzellenten Ruf in der internationalen Szene erspielt, sondern das Projekt auch auf eine solide finanzielle Basis gestellt. Daneben betreibt sie seit zwei Jahrzehnten eine Konzertagentur für Folkmusik. Für gut 15 Bands mit über hundert Gigs jährlich zeichnet die Agentur verantwortlich. Eine gut funktionierende Struktur zwischen Agenturaufgaben im Konzertbüro und eigener künstlerischer Arbeit im Studio, auf der Bühne und im Proberaum hat sich Gudrun Walther mit den Jahren geschaffen, die ihr eine verlässliche Existenz gesichert hat.

Booking wird zur Absagenverwaltung

Seit dem 11. März diesen Jahres ist nichts mehr, wie es war. Das war der Tag, an dem die Corona-Epidemie zur Pandemie erklärt wurde und von dem an das Telefon mit Absagen für Walthers Band und die von ihr vermittelten Ensembles nicht mehr stillstand. „Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen“, sagt Gudrun Walther. „Bis zu diesem Zeitpunkt lief alles super, der Konzertkalender war voll, wir waren gut gebucht und haben zuverlässig verdient. Wir hatten jede Menge Pläne, die plötzlich mit einem Schlag hinfällig waren.“ 44 Gigs hat ihre eigene Band durch die Absagenwelle bislang verloren, 27 Gigs der von ihr gebuchten Bands wurden in den letzten Monaten gecancelt. Dank einiger krisenfester, kreativer Veranstalter*innen und dem vom Land Baden-Württemberg geförderten Programm „Kultur Sommer 2020“ kamen im Sommer für Cara und einige der vermittelten Bands wenigstens einzelne kleinere Open Air-Gigs hinzu, die jedoch den Verlust teilweise ganzer Tourneen nicht auffangen konnten.
Die Open Air-Saison, die mit den wenigen Ersatzgigs dem Alltag wieder so etwas wie Normalität verliehen hat, liegt nun hinter ihnen, ihr jetziger Alltag, so Walther, sehe anders aus. Statt, wie sonst im September üblich, in die Zukunft zu planen und Programme für das Folgejahr festzuzurren, verwaltet Gudrun Walther nun Absagen. Diese betreffen die bislang noch stehenden Herbsttourneen und bereits die ersten Frühjahrstermine 2021. Unabhängigen Veranstalter*innen, die zu hundert Prozent auf Eintrittsgelder angewiesen sind, ist durch die Einbußen aufgrund der Abstandsregeln der Konzertbetrieb teilweise unmöglich gemacht worden. Zwar seien für diese Betriebe nun Fördergelder in Aussicht gestellt, deren Beantragung jedoch kompliziert sei, da nicht jeder Veranstalter die dafür geforderten Voraussetzungen erfülle. Auch viele engagierte ehrenamtliche Kulturinitiativen können das Ausrichten von Konzerten nicht verantworten, wenn ein zu großer Anteil der aktiven Helfer*innen der Risikogruppe angehören.
Die dritte Gruppe sind die städtischen Veranstalter wie Kulturämter. Diese können weiter Konzerte ausrichten, da sie nicht unbedingt darauf angewiesen sind, schwarze Zahlen zu schreiben. „Dies führt dazu, dass Tourneepläne, die ursprünglich chronologisch und geografisch effektiv gebucht waren, mittlerweile vollkommen zerschossen sind“, so Walther. „Bei einer Absagenquote von 50 Prozent sind manche Tourneen vor allem für Künstler aus dem Ausland wirtschaftlich nicht mehr haltbar, da die Hotelkosten für die zahlreichen entstandenen Lückentage in keinem Verhältnis mehr zu den Gagen für die verbleibenden Gigs stehen – eine perfide Situation, wenn man dann als Agentur selbst die wenigen noch verbleibenden Konzerte absagen muss.“ Für die abgesagten Termine versuche sie dann Ersatzkünstler*innen zu schicken.

Konzerte hinter Plexiglas und vor fast leeren „ausverkauften“ Sälen

Für dieses unbezahlte Krisenmanagement rotiert Gudrun Walther nun seit mehreren Monaten, teilweise bis zur Erschöpfung. Jetzt vermelden die ersten Festivals für den Sommer 2021, dass sie womöglich nicht stattfinden können. Und auch der derzeitige Touralltag ist alles andere als alltäglich. Da wird so mancher Gig in skurriler Erinnerung bleiben. So fuhr die in Baden-Württemberg lebende Musikerin 900 km für ein Konzert mit ihrer Band auf der Insel Föhr, um dann dort vor „ausverkauftem Haus“, sprich in diesem Fall 35 Zuhörer*innen, aufzutreten. Der Auftritt am Folgetag in Neumünster musste hingegen hinter einer Plexiglasscheibe stattfinden, da der Veranstalter die geforderten sechs Meter Abstand zwischen Bühne und Publikum nicht gewährleisten konnte. „Das war ein wenig wie Spielen im Terrarium“, sagt Gudrun Walther, die versucht, ihren Humor zu bewahren, „aber was tut man nicht alles, um auftreten zu dürfen.“

Eigeninitiiertes Onlinefestival „Sang und Klang“ sammelte 30.000 Euro für die freie Musikszene

Unermüdlich und mit kreativen Konzepten versuchen ehrenamtliche Veranstalter*innen, die Livemusik am Leben zu halten. Und auch Gudrun Walther hat mit einigen Musikerkolleg*inen ein solches Projekt buchstäblich aus dem Boden gestampft. Im Juni reifte die Idee, ein Onlinefestival für Folkmusik und Singer-Songwriter*innen aus Deutschland zu veranstalten. Dabei sollten Spenden generiert werden für die teilnehmenden Musiker*innen und drei große Künstlernothilfeorganisationen. Fünf Wochen verblieben dem Team für Namensfindung, inhaltliches Konzept, Kuratieren des Line-ups, Verpflichtung der Künstler*innen, die sämtlich ihre exklusiv produzierten Konzertmitschnitte kostenfrei zur Verfügung stellten, Filmschnitt und technische Realisation, Erstellen von Website und Social Media-Kanälen und Bewerbung des gänzlich unbekannten Formats, ehe am 11. Juli das Festival „Sang und Klang“ als Livestream online ging. 14 Acts, unter ihnen Größen wie Stoppok, Dota, Wenzel und Sarah Lesch, gaben sich sieben Stunden lang die Klinke in die Hand, mit im Boot Deutschlands größte Zeitschrift für Folkmusik „folker“, deren Herausgeber Mike Kamp die Moderation übernahm.
Die Resonanz auf das Festival war überwältigend. Fans und Fachkreise zeigten sich begeistert und voll des Lobes. Weit über 19.000 Klicks verzeichneten die Festivalstreams auf YouTube und Facebook und der schönste Lohn: Über 30.000 Euro Spendengelder können derzeit an die Corona-Hilfsorganisationen Die Deutsche Orchesterstiftung, Initiative Musik gGmbH und #handforahand sowie die 44 beim Festival beteiligten Musiker*innen verteilt werden. „Ein toller Erfolg und mein persönliches Highlight 2020“, sagt Gudrun Walther über das unverhoffte Pilotprojekt.

Rückkehr zur Normalität frühestens in 2022

Mittlerweile setzt die Musikerin fast ausschließlich auf derartige Selbsthilfe: „Am Anfang habe ich noch viele Petitionen zur Rettung der Kulturbranche unterschrieben und E-Mails an Abgeordnete geschrieben, aber irgendwann wird man dessen müde, weil einfach so wenig Resonanz seitens der Politik kommt, abgesehen vom Verweis auf Grundsicherung. Es ist für mich als Musikerin aber keine Lösung, meine Instrumente verkaufen zu müssen, um Grundsicherung zu erhalten, oder dass ich, wenn ich diese bezöge, vereinzelt reinkommende Auftrittsangebote nicht annehmen kann, weil ich nichts dazuverdienen darf. Dieses Angebot empfinde ich schlichtweg als Affront.“
Bis 2022, so rechnet Gudrun Walther, wird es wohl mindestens dauern, bis in der Konzertszene wieder so etwas wie Normalität einkehrt. Durch die permanente Verschiebung von Veranstaltungsterminen werde eine Planung fast unmöglich gemacht. „Normalerweise würde ich jetzt Tourneen für den Zeitraum bis Frühjahr 2022 buchen, das ist jedoch der Zeitraum, in den die Veranstalter jetzt alle Veranstaltungen aus dem Jahr 2020 verschoben haben. Daher gibt es dort keine freien Termine mehr. Das heißt, alle noch nicht gebuchten Gigs und auch solche, die man bräuchte, um die besagten Lücken in den Tourneen zu füllen, müssen erst mal auf Eis gelegt werden. Wenn wir großes Glück haben, sind bis Herbst 2022 die gröbsten Trümmer der Krise beseitigt.“

(Titelbild Gudrun Walther: Eva Giovannini)

Infos & Kontakt: Anne Gladitz, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, moc.g1728838760nalkd1728838760nugna1728838760s@ess1728838760erp1728838760, www.sangundklang.com

Dokumentation der Ausfälle

Es ist wichtig, dass ihr alle eure finanziellen Ausfälle dokumentiert, damit ihr sie geltend machen könnt. Hier findet ihr ein Formular, das ihr als Vorlage nutzen könnt; es wurde von Musikland Niedersachsen nach verdi-Vorgaben erstellt.

Der Deutsche Musikrat hat eine Umfrage gestartet, um das Ausmaß der Beeinträchtigungen und sinnvolle Hilfsmaßnahmen abschätzen zu können, an der ihr unbedingt bis 31.03.2020 hier teilnehmen solltet. Der DMR, in dem über 100 Dachverbände des Musiklebens als Mitglieder vertreten sind, fordert ein auf sechs Monate befristetes Grundeinkommen in Höhe von 1.000.-€ für alle freiberuflichen Kreativschaffenden.

Der Landesmusikrat Berlin e.V. macht zur Zeit eine Umfrage zu den Auswirkungen auf die Berliner Musiklandschaft.

Meldet euch gern auch beim VUT (Verband Unabhängiger Musikunternehmer*innen e.V.). Je besser dieser Bescheid weiß, umso effektiver kann er konkrete Forderungen an die politischen Entscheidungsträger*innen richten. Die Ansprechpartnerin Beate ist im Home-Office per Mail zu erreichen. (Foto: NDR)

 

Infos Konzertabsagen & Verdienstausfall

Veranstalter dürfen Konzerte nach einer Risikobewertung auch ohne behördliche Anordnung absagen. Ob euch als Freischaffenden dann ein Ausfallhonorar zusteht, hängt von eurem jeweiligen Vertrag ab (der auch in mündlicher oder per SMS/WhatsApp vereinbarter Form wirksam ist). Handelt der Veranstalter aufgrund einer behördlichen Empfehlung, lässt sich darüber streiten, wer die Schuld an der Absage trägt. Doch schon jetzt spricht viel dafür, dass bei einer Pandemie höhere Gewalt vorliegt und der Veranstalter keine Gage zahlen muss (Quelle). Sind bereits Teilleistungen zu einem Projekt (z.B. Proben) erbracht worden, besteht der Honoraranspruch zumindest anteilig. Mehr Infos findet ihr in einem Leitfaden der DOV und im Factsheet von RockCity e.V. Der Landesverband der Musikschulen Baden-Württembergs hat eine übersichtliche Info bzgl. Lohnzahlungen bei Musikschulschließungen veröffentlicht. Hier können betroffene Lehrer*innen schauen, ob ihr Gehalt weiterbezahlt werden muss. Der VDSG beantwortet die Frage, was passiert, wenn ein*e Selbständige*r auf Corona positiv getestet wurde und das Gesundheitsamt eine Quarantäne anordnet. Nach dem Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten erhalten auch sie den Verdienstausfall ersetzt.

Der Deutsche Tonkünstlerbund (DTKV) äußert sich zu Anfragen, ob der Vertrag bei reinem Online-Unterricht weiter seine Gültigkeit behält. Nach Aussage des Justiziars Hans-Jürgen Werner „… ist der Vertrag nicht nichtig, sondern es gibt nur eine Abweichung hinsichtlich Örtlichkeit und evtl. Uhrzeit des Unterrichts. Hier kann eine – auch mündliche – Vertragsanpassung Abhilfe schaffen. Zwei übereinstimmende Willenserklärungen des Vertraggebers und des Vertragnehmers, hinsichtlich des Unterrichtsortes „Online“ zu dem und dem Zeitpunkt heilen den Vertrag“. Einzelunterricht falle vielerorts noch nicht unter die Verbote der allgemeinen Verordnungen, sodass die Verdienstausfallentschädigungen nach §§ 56 ff des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) nicht unbedingt griffen. Er rät, bei den örtlichen Gesundheitsämtern um Auskunft zu bitten. Das Infektionsschutzgesetz siehe Entschädigungen vor und man könne über die Landrats-/Gesundheitsämter auch als Selbständiger das Antragsformular wegen Verdienstausfällen herunterladen. Sobald Abmeldungen vom Unterricht erfolgen, sollten Eltern gebeten werden, dies als Begründung zum Ausdruck zu bringen, damit man bei Antragsstellung diesen Nachweis hat. Der Vordruck heißt meist: Antrag auf Verdienstausfallentschädigung nach §§ 56 ff des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) (Foto: Caramondo) (Quelle).

 

Finanzielle Soforthilfe

Der Bund will 40 Milliarden Euro für Klein- und Kleinstunternehmer*innen zur Verfügung stellen. 10 Mrd. sollen direkte Transferleistungen für in Not geratene Solo-Selbständige sein, die restlichen 30 Mrd. Euro sollen als Darlehen vergeben werden. Alle Anträge sollen zunächst bewilligt werden, eine Bedürftigkeitsprüfung erfolgt erst nachträglich. Selbständige und Unternehmen mit bis zu 5 Beschäftigten erhalten eine Einmalzahlung bis zu 9000.-€ für 3 Monate, die nicht zurückgezahlt werden muss. Die Beantragung ist über die jeweiligen Landesbanken in den meisten Bundesländern ab 25.03. möglich. Eine Übersicht über die jeweiligen Nothilfeprogramme und Kontaktadressen könnt ihr hier einsehen; auch das Jazzinstitut Darmstadt hat eine übersichtliche und laufend aktualisierte Liste erstellt. Die Vorgaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) lassen den Bundesländern Spielraum bei der Frage, ob betrieblich relevante Lebenshaltungskosten bei Selbstständigen für die Inanspruchnahme von staatlicher Soforthilfe anerkannt werden oder ob nur Betriebskosten wie Büroräume, Leasingraten u.ä. angegeben werden können. Dies wird von den für die Antragsbearbeitung und Auszahlung zuständigen Landesbehörden bislang unterschiedlich gehandhabt. Ob diese Soforthilfe also wirklich bei Musiker*innen greift, bleibt abzuwarten. Habt ihr bereits Soforthilfe erhalten? Dann schreibt uns eine Mail.

Außerdem wird Selbstständigen der Zugang zur Grundsicherung erleichtert: jede*r kann für die nächsten sechs Monate Grundsicherung (ALG II) beantragen, ohne zuerst ihre/seine Rücklagen aufbrauchen oder seine Raumverhältnisse rechtfertigen zu müssen (was insbesondere für bildende Künstlerinnen und Künstler, ebenso für Tänzerinnen und Tänzer wichtig ist). Aktuelle Infos findet ihr hier. Ob ein Antrag wirklich sinnvoll ist, sollte gut überlegt sein; die Süddeutsche Zeitung hat sich so einen Antrag genauer angeschaut und berichtet in einem Artikel darüber.

Über die GVL können Inhaber*innen eines Wahrnehmungsvertrags aus der freien Szene eine einmalige Soforthilfe in Höhe von 250.-€ beantragen. Darüber hinaus vergibt sie auch Künstler*innen-Vorschüsse an Wahrnehmungsberechtigte. Die Frist zur Antragstellung ist der 30. April 2020, wer bereits die Corona-Hilfe in Anspruch genommen hat, muss keinen erneuten Antrag stellen.  Die Orchesterstiftung hat einen Nothilfefonds für freiberuflichen Musiker*innen (die Mitgliedschaft in der DOV ist keine Antragsvoraussetzung) aufgesetzt, aus dem sie bereits 2500 Antragsteller*innen eine Unterstützung von 400.-€ ausgezahlt hat; aktuell werden weitere der rund 4000 vorliegenden Anträge bearbeitet und entsprechend der vorhandenen Spendenmittel Unterstützungen ausgezahlt. Sollte es zukünftig der Spendenstand wieder ermöglichen, werden weitere Anträge zugelassen und zuvor darüber informiert. Wer selbst spenden will, kann hier das Spendenkonto einsehen.

Das Musikmagazin Crescendo hat ebenfalls ein Hilfskonto eingerichtet. Musiker*innen können bis zu 500.-€ formlos bis 28.03. per Mail beantragen. Die Sängerhilfe hat für freiberufliche Sänger*innen, Regisseur*innen, Regieassistent*innen und all jene freien Künstler*innen, die ausschließlich für einzelne Projekte oder Aufführungen engagiert und bezahlt werden, eine Spendenaktion gestartet, die bis heute fast 100.000.-€ gesammelt hat. Betroffene können bei der Manfred Strohscheer Stiftung eine einmalige Nothilfe von bis zu 2000.-€ beantragen. Dazu scannen sie den ausgefüllten Antrag und mailen ihn an ed.gn1728838760utfit1728838760s-ree1728838760hcsho1728838760rts-d1728838760erfna1728838760m@efl1728838760ihreg1728838760neas1728838760.

Bei der Künstlersozialkasse (KSK) könnt ihr über das Absinken des vorrausichtlichen Jahreseinkommens informieren, bis Ende März eingereichte Korrekturen können einen geringeren Beitrag ab Mai ermöglichen. Eine Absenkung auf 3900.-€ ist möglich (hierbei handelt es sich um das niedrigste was geht). Bestehen akute Zahlungsschwierigkeiten, können individuelle Zahlungserleichterungen gewährt werden. Es genügt ein formloser, schriftlicher Antrag auf Stundung der Beiträge oder Ratenzahlung per E-Mail an ed.es1728838760sakla1728838760izosr1728838760eltsn1728838760euk@t1728838760fnuks1728838760ua1728838760 . Der Antrag soll eine kurze Begründung zu den Umständen der Zahlungsschwierigkeiten beinhalten. Ohne weitere Ermittlungen kann in diesen Fällen eine zinslose Stundung bis zunächst 30. Juni 2020 erfolgen. Dies bedeutet, dass die monatlichen Beitragsforderungen zwar nach wie vor entstehen, jedoch von der Künstlersozialkasse nicht vor Juli 2020 geltend gemacht werden.

Das Finanzamt kann Steuervorauszahlungen (u.a. für Einkommens-, Umsatz- und Körperschaftsteuer) für das Quartal 2/2020 herabstufen. Kurzarbeitergeld bekommt nur, wer in einem Unternehmen festangestellt ist. (Foto: Matthew Waring)

 

Tipps für Online-Unterricht

Wenn der Musik-Unterricht face-to-face nicht stattfinden kann, können Musiklehrer*innen auf Programme wie Skype, FaceTime, Signal oder Zoom zurückgreifen, die auf dem Handy, Laptop oder PC laufen. Derzeit bieten viele erfahrene Online-Musiklehrer*innen ihren Kolleg*innen Tipps für den Online-Unterricht an. Bei der Harfenistin Nicole Müller könnt ihr euch für ein Online Training anmelden. Die Cellistin Stefanie Buller bietet ebenfalls Unterstützung bei Online-Ersatzunterricht an. Auch Maria Busqué bietet wichtige Tipps und Best Practices an.

Im Podcast Motivation Musikpädagogik geht es ebenfalls um die Frage, wie ihr eure Schüler*innen auch über die wochenlange Zwangspause mit Input versorgen könnt und was ihr als Musikpädagog*innen mit der gewonnenen Zeit anfangen könnt (Fragen & Anregungen könnt ihr direkt per ed.ki1728838760gogad1728838760eapki1728838760sum-n1728838760oitav1728838760itom@1728838760ofni1728838760" target="_blank" rel="noopener noreferrer">Mail senden). Die Forschungsstelle Appmusik hat in einem ausführlichen Beitrag viele Fragen & Tipps von Musiker*innen zum Online-Musikunterricht zusammengetragen inklusive Video-Tutorials. Stadtkultur Hamburg hat eine Handreichung fürs homeoffice geschrieben und verschiedene Tools für kooperatives Arbeiten vorgestellt, mit denen eine online Zusammenarbeit möglich ist. Vielleicht hilft sie ja auch für euren Unterricht: AP_Handreichnung_Homeoffice_extern. Der Deutsche Tonkünstlerbund lädt Musikpädagog*innen ein, sich über sein Facebook-Profil über best-practice-Beispiele und gemachte Erfahrungen auszutauschen (Foto: Musikschule Darmstadt).

 

Online Vermarktung

Die GEMA sagt folgendes zum Thema Live-Stream: Wenn ihr als Veranstaltende euer geplantes vertraglich geregeltes Konzert nun ins Internet verlegt, dann ist dieses bereits durch den bestehenden Pauschal- bzw. Lizenzvertrag, den ihr habt, abgedeckt. Das heißt eine separate Lizenzierung ist nicht notwendig. Wenn euer Konzert über Social Media-Plattformen wie YouTube, Facebook, Twitch, Twitter läuft, ist ebenfalls nichts weiter zu tun. Anders sieht es jedoch aus, wenn ihr Live-Streams auf der eigenen Website anbietet, hier gilt der Tarif VR-OD 10. Dieser kann jedoch, in Absprache mit der GEMA, bei unangemessener Härte angepasst werden. Dazu solltet ihr euch direkt mit der GEMA in Kontakt setzen. Mehr hier.

Ob Wohnzimmerkonzert, digitales Festival oder Studiolivekonzert: nach der ersten lähmenden Phase des Corona-Shutdowns sind Visionär*innen und kreative Köpfe auf die Idee gekommen, Festivals und Konzerte einfach ins Internet zu verlegen. Und zwar nicht „für umme“ – das wäre ja nicht der Sinn der Sache – sondern gegen einen virtuellen Eintrittspreis. So gibt es inzwischen viele großartige Plattformen, auf denen Künstler*innen ihre Konzerte gegen Entgelt für die Bands streamen können. Weil dieser Beitrag zu groß geworden ist, haben wir die Infos zu Live-Streaming-Plattformen und Digitalen Festivals in einem eigenen Report ausgelagert, den ihr hier lesen könnt.

 

Petitionen & Protestbriefe

Die Petition von David Erler aus Leipzig Hilfen für Freiberufler und Künstler während des Corona Shutdowns fordert von der Bundes- und den Landesregierungen unbürokratische Finanzhilfen für Freiberufler*innen. Auch die Modedesignerin Tonia Merz hat eine Petition gestartet, sie fordert konkret ein bedingungsloses Grundeinkommen (und nicht für Hilfskredite) für 6 Monate. Die Freiberuflerin Maria Kochendörfer fordert in ihrer Petition, dass Künstler*innen über einen Nothilfefonds unterstützt werden. Ingo Mützel hat sich entschlossen, direkt an den Finanzminister Olaf Scholz und weitere Minister*innen zu schreiben und an sie zu appellieren, kurzfristige Liquiditätshilfen für Freiberufler*innen bereitzustellen. Wer das adressfreie PDF zum Selbstversenden haben möchte, schicke eine PM. (Foto: iPetitions.com)

 

Rat & Hilfe

Wenn du noch Fragen hast, schreib uns einfach eine Mail. Nutze die Schwarm-Intelligenz und trete einer Facebook-Gruppe wie Raketerei Backstage bei, in der sich Musikerinnen* gegenseitig supporten und gute Tipps geben. In der Facebook-Gruppe „Coronakrise – Infos für freischaffende Musiker*innen in Deutschland“ werden nützliche Infos zur Coronakrise und den Einfluss auf den Musikbetrieb sowie die berufliche Existenz geteilt.
Abonniere den Newsletter des Deutschen Kulturrats. Die Hamburg Kreativ Gesellschaft bietet eine Telefon-Hotline (Di-Do 14-17 Uhr, Fr 10-13 Uhr unter der Tel. 040 879 7986 – 28); RockCity e.V. bietet Rad & Tat über das Coronaphone (Mo-Fr 11-17 Uhr unter Tel. 040-317 16 58) an. Auf der jüngst eingerichteten Plattform 2gather.jetzt kannst du dich mit anderen vernetzen: ob Crowdfunding, Petitionen, Online-Aktionen oder den einfachen Austausch von Informationen, hier soll ein Netzwerk geschaffen werden, dass zusammenhält. Der Verband zur Förderung der mentalen Gesundheit in der Musikbranche, kurz: MIM, ist die zentrale Anlaufstelle für alle Personen aus der Musikbranche und Kreativwirtschaft mit einem Interesse am Thema Psychische Gesundheit.

 

Für Veranstalter*innen

Auf der Website der LiveMusikKommission (LiveKomm) des Verbands der Musikspielstätten in Deutschland e.V. gibt es Handlungsempfehlungen zur Abwehr der Clubinsolvenz, es geht um Kurzarbeitergeld, Steuern, Stakeholder, Finanzen und Clubrettung! Die LiveKomm ist zusammen mit anderen Vereinen (u.a. RockCity Hamburg e.V.) mit der Politik im Gespräch, hat bereits Zahlen evaluiert über Blitzumfragen und ist für Euch da.

Die Bundesregierung hat Hilfen beschlossen, die der Kultur- und Kreativwirtschaft zugutekommen sollen. Dazu zählt, neben dem Kurzarbeitergeld und steuerlichen Liquiditätshilfen, ein massives Kreditprogramm. Ab sofort können betroffene Unternehmen bis hin zu Kleinstselbständigen die neuen Sonderkredite bei der KfW in Anspruch nehmen. Anträge hierzu können bereits jetzt über die Hausbank eingereicht werden. Privatbanken, Sparkassen und Volksbanken arbeiten dazu gemeinsam mit der KfW an beschleunigten Kreditgenehmigungsprozessen.

Die Staatsministerin für Kultur und Medien flankiert die Maßnahmen der Bundesregierung mit speziell auf die Kulturbelange zugeschnittenen Unterstützungen in ihrem Zuständigkeitsbereich. So soll beispielsweise auf Rückforderungen von Fördermitteln so weit wie möglich verzichtet werden, wenn Veranstaltungen oder Projekte aufgrund der Pandemie nicht umgesetzt werden können. Die Instrumente des Kulturetats, insbesondere die bestehenden Förderprogramme, sollen mit Blick auf die aktuellen Bedürfnisse angepasst und geschärft werden. Alle Maßnahmen findet ihr hier im Überblick. (Foto: Markus Spiske)

 

Kinder-Betreuung

Muss ich Kita-Gebühren zahlen, auch wenn mein Kind aufgrund der Corona-Krise nicht in der Kita betreut wird? Dazu gibt es erneut keine einheitliche Regelung. Frankfurts Dezernentin für Bildung und Integration hat z.B. veranlasst, dass die Kita-Gebühren in Frankfurt für den Monat April aufgehoben werden; das gilt auch für Familien, die zu den sog. systemrelevanten Berufsgruppen gehören und eine Notbetreuung in Anspruch nehmen. Manche Bundesländer erheben weiter Gebühren, haben aber eine Erstattung zugesagt.

Die Bundeselternvertretung der Kindergärten fordert unterdessen eine bundesweit einheitliche Regelung beim Umgang mit Kita-Gebühren während der Coronavirus-Pandemie. Eine flächendeckende Übernahme der Gebühren ist das Gebot der Stunde, erklärte die Bundeselternsprecherin Ulrike Grosse-Röthig. Sie forderte zudem einen finanziellen Ausgleich für Eltern, die ihre Kinder jetzt zu Hause betreuen und dadurch finanzielle Einbußen haben, etwa weil sie unbezahlte freie Tage nehmen müssen. Ähnlich wie bei einer Lohnfortzahlung im Krankheitsfall müsse es in diesen Fällen eine Ausfallzahlung geben, die vom Bund finanziert werden solle, so Grosse-Röthig (Quelle).

Der Bundestag hat jüngst beschlossen, dass in diesen Fällen der Staat einspringt und den Verdienstausfall zumindest teilweise ersetzt. 67 Prozent des Nettoeinkommens sollen diejenigen erhalten, die wegen fehlender Kinderbetreuung zu Hause bleiben müssen und nicht arbeiten können. Es geht darum, den Verdienstausfall zu ersetzen, heißt es in der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes – gezahlt wird für maximal sechs Wochen und maximal 2016 Euro im Monat. Die Eltern müssen dabei glaubhaft versichern, dass sie es anders nicht schaffen, die Kinderbetreuung sicher zu stellen – zu Hause bleiben, obwohl der Partner nicht arbeitet und Zeit hätte, geht also nicht. Und wer noch Überstunden auf dem Arbeitszeitkonto hat, muss die erstmal aufbrauchen. (Quelle) (Foto: Tagesschau)

 

Soli-Aktionen

RockCity sammelt Spenden für Hamburger Musiker*innen, Techniker*innen, Veranstalter*innen, Tänzer*innen, DJs mit einem Ausfallhonorarfonds. Alle Spenden ab dem 13.03.2020 gehen zu 100% an Hamburger Musiker*innen in „Corona-Not“. RockCity Hamburg e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, Spenden können somit von der Steuer abgesetzt werden. Spendenbescheinigungen werden auf Anfrage ausgestellt.

Mit vielen weiteren guten Ideen können wir jetzt Künster*innen und Veranstalter*innen unter die Arme greifen. Bucht schon jetzt ein Konzert im Herbst, damit helft ihr aktuell den Veranstalter*innen. Manche Veranstalter wie das Musiktheater Rex oder Frank Diedrich in Frankfurt bieten jetzt Gutscheine an, die man einlösen kann, wenn wieder Konzerte stattfinden. Der Jazzkeller Frankfurt veröffentlicht Videos, Musik und Backstage-Geschichten während des Shutdowns – zu sehen und zu hören, wenn ihr euch auf Patreon als „patron“ des Clubs eintragt: mit 5.-€ pro Monat könnt ihr euch als „local hero patron“ eintragen, ab 15.-€ werdet ihr zum „rising star patron“, ab 25.-€ pro Monat zum „world star patron“ könnt ihr unterschiedlich viel Content abrufen. Bei Sofa Concerts könnt ihr einen Mut-machenden Videogruß mit persönlicher Botschaft an Eure Liebsten inform von einem Mini-Konzert versenden. Ihr könnt eure*n Wunschmusiker*in & Song plus den Beitrag, mit dem ihr sie oder ihn unterstützen möchtet, auswählen. Das Video wird euch dann innerhalb von 2-3 Tagen per Download­link geschickt, sodass du es mit Familie und Freund*innen teilen kannst.

> Du leitest ein Unternehmen, dem es weiterhin gut geht und möchtest eine Kultureinrichtung sponsern?
> Vielleicht kannst du es dir leisten, für ein bereits gekauftes Konzertticket nicht das Geld zurückzuverlangen?
> Kaufe online eine Konzert-Karte bei einer Künstlerin deiner Wahl für ein Konzert in der Zukunft.
> Hinterlasse deiner/m Lieblingskünstler*in einen netten Kommentar.
> Kaufe CDs, T-Shirts und anderen Merch von deiner Lieblingsband! Am besten nicht bei Amazon, sondern direkt bei der Musikerin oder über Plattformen wie Bandcamp, die nicht eine goldene Nase an den Bands verdienen.
> Werde Mitglied im Förderverein Deiner Lieblingskulturstätte und und und…

Zusammen schaffen wir das! (Foto: Céline Martin/Pixabay)

Alle Angaben ohne Gewähr!

Titelbild: Urs Becher